Archiv für die Kategorie ‘Museen & Galerien’

Rosinen: nach Thun ans schwarze Meer

Roland Fischer am Mittwoch den 30. März 2016

Der extra eingezogene Boden im grossen Saal des Kunstmuseums Thun knarrt und ächzt, wenn man aufs Meer zuschreitet. Denn es ist eben doch da, das weite Wasser – trotz des Ausstellungstitels, der keck behauptet: Ich muss nicht ans Meer.

zimoun

Die Wellen in Zimouns grosser Installation ziehen geduldig von einem Ufer zum anderen. Und tun das zwar mit einem Rascheln statt einem Rauschen, aber man kann sich genausogut verlieren in der simplen Bewegung. Hin und her. Auf und Ab.

Jedes Meer ist ja eigentlich ein grosser See. Und jeder See ein kleines Meer.

Ansonsten ist das eine sehr eigenartige Ausstellung. Was nicht unbedingt schlecht sein muss.

In «Rosinen» picken wir einzelne Werke, Konzerte, Darbietungen oder was auch immer aus einem grösseren Ganzen heraus. Und lassen den ganzen Rest einfach mal ganz bewusst beiseite.

Etüden, Etüden, nie ermüden

Roland Fischer am Mittwoch den 23. März 2016

Gestern in der Kunsthalle: ein Tisch voller Elektronik in der Mitte des grossen Saals und zwei Soundkünstler, die auf die Ausstellung von Wolfgang Breuer reagieren und die Räume einfach mal ohne viel Ehrfurcht mit ihrer eigenen Kunst füllen.

Etude nennt sich das von Studierenden der HKB und der Uni konzipierte Format – gestern mit Olivier Zurkirchen und Dadaglobal. Und man muss da einfach Wiki das Wort überlassen, weil die Begriffsherkunft so schön ist:

Eine Etüde (französisch étude: Studie) ist in ihrem ursprünglichen Wortsinn (les études = ‚Studium‘; étudier = ‚studieren‘) ein Instrumentalwerk für ein Soloinstrument, das dem Musizierenden zu größeren Fertigkeiten auf seinem Instrument verhelfen soll. Im Mittelpunkt steht ein kurzes spieltechnisches Problem, das häufig wiederholt und in Sequenzen auftritt. Im Gegensatz zu den Übungen sind die Etüden harmonisch strukturiert und können auch die Tonarten wechseln.

Im 19. Jahrhundert entwickelt sich die Etüde zum Bravourstück des Virtuosen, der hier seine spieltechnischen Fertigkeiten einem Publikum präsentiert.

Und ja, auch gestern waren da ein paar Bravourstücke dabei. Und spieltechnische Fertigkeiten sehr zeitgemässer Art.

dada global

Gewinnen mit KSB: Chinese Whispers

Christian Zellweger am Mittwoch den 16. März 2016

chinesewhispers

Während er tagsüber als Schweizer Gesandter im Reich der Mitte unter anderem Wirtschaftsbeziehungen förderte und ­eigentlich bereits einen übervollen Terminkalender hatte, besuchte er spät­abends und in seiner spärlichen Freizeit Künstler in ihren Ateliers.

So ist er, dieser Uli Sigg (wie Alexander Sury im «Bund» schreibt). Diese Atelierbesuche haben zu einer der wichtigsten Sammlungen chinesischer Gegenwartskunst geführt. In einer gemeinsamen Ausstellung von Kunstmuseum und Zentrum Paul Klee ist diese derzeit (und noch bis zum 19. Juni) in Bern zu besichtigen. Bald wird die Sammlung etwas schwieriger zu besuchen sein. Die Ausstellung geht später erst nach Wien und die ganze Sammlung dann als Schenkung ab 2019 ins Museum of Visual Culture nach Hong Kong. Man darf also gut von einer einmaligen Gelegenheit sprechen.

KSB verlost 5 x 2 Tickets für «Chinese Whispers». Tragen Sie sich bitte bis nächsten Mittwoch 23.3. in dieses Formular ein. Die Gewinner werden persönlich benachrichtigt. Bitte geben Sie Ihre Postadresse an, die Tickets werden verschickt.

Rosinen: Chinese Whispers – Haze and Fog

Roland Fischer am Donnerstag den 3. März 2016

Wie schon im Kulturbeutel empfohlen sollte man sich das Siggsche China-Best-of im Kunstmuseum und Zentrum Paul Klee nicht entgehen lassen. Sehr reichhaltig und sehr vielgestaltig. Man soll bloss nicht denken, dass es so etwas wie «chinesische Kunst» gibt – aber genau um das zu merken lohnt sich natürlich der Besuch. Wenn man sich aber lieber auf ein tolles Werk konzentrieren möchte, dann empfiehlt sich im Kunstmuseum der direkte Weg in den Raum 10 im Obergeschoss. Da setze man sich auf die Bank und schaue sich in Ruhe Cao Feis Haze and Fog an. 45 Minuten. Grosser Spass und grosses Kino. Und natürlich wunderbar weite Interpretationsspielräume.

Hier spricht die Künstlerin auf herrlich ungerührte Weise über ihr Werk. «China doesn’t have zombie culture.» But it has internet, of course.

In «Rosinen» picken wir einzelne Werke, Konzerte, Darbietungen oder was auch immer aus einem grösseren Ganzen heraus. Und lassen den ganzen Rest einfach mal ganz bewusst beiseite.

Entgiftungstee, Gipfeli und Rock’n’Roll

Milena Krstic am Mittwoch den 2. März 2016

Berns Kultradio RaBe feiert 20. Geburtstag. Zu diesem Anlass gibt es eine Ausstellung und Sendungen live aus dem Löscher. Gestern war Reverend Beat-Man zu Gast.

Morgens um zehn im Löscher: Reverend Beat-Man (Gitarre), Mensch in roter Jacke und unsere Frau Feuz.

Natürlich war da nur ein bescheidenes Grüppchen zusammengekommen an diesem gestrigen Dienstagmorgen. Es gibt ja schliesslich auch Menschen, die arbeiten müssen.

Da ich aber nicht zu denen gehöre, habe ich mir bei Entgiftungstee und Gipfeli den Reverend Beat-Man angehört, wie er bei unserer Frau Feuz in der Sendung war und zwischen Plaudereien (unter anderem über barbusige Mädels an Konzerten, Mittagstisch für eine Kinderschar und dem üblichen Leben eines Rockstars halt), Songs gespielt hat und Einblick in seine Plattensammlung gab.

Ungezwungen, frisch und lustig war das. Und auf dem Plan stehen weitere Anlässe dieser Währung (wenn Sie in der Nähe arbeiten: Warum nicht die Znünipause gleich im Löscher machen?). Ausserdem gibt es die Jubiläumsausstellung zu 20 Jahren Radio RaBe, die ebenfalls in der alten Feuerwehrkaserne stattfindet.

Lesen Sie mehr zum RaBe-Jubiläum am Donnerstag im Kulturteil des «Bund». Das komplette Programm finden Sie unter wahnsinnsradio.ch.

Alles ziemlich Dada

Roland Fischer am Freitag den 26. Februar 2016

Eine kleine Bildergeschichte aus der Stadtgalerie gestern:

Karoline Schreiber

Karoline Schreiber

Karoline Schreiber

Ich bin doch kein Automat! hat Karoline Schreiber ihre Ausstellung betitelt. Und füllte dann am Vernissagenabend gewissermassen um diese dunkle Mitte kreisend eine weisse Wand der Galerie – blind für das was sie gerade schuf, ohne Bewusstsein und Kunstsinn also und deshalb dann doch ein wenig wie eine Maschine? Oder ganz im Gegenteil vollkommen der Intuition verpflichtet und so weit weg von einem Automat wie nur irgend möglich?

Automatisch: Da klingt allerdings einiges an, im Dada-Jubeljahr. Die Ecriture automatique wird gemeinhin den Surrealisten zugeschrieben, aber erste Versuche des irgendwie unkontrollierten und am geschulten Auge vorbeigeschmuggelten Kunstwerkens gab es eben schon bei den Dadaisten, vor ziemlich genau hundert Jahren in Zürich. Was in der Sprache den Anfang nahm wurde bald auch in der bildenden Kunst zur experimentellen Methode. Wikipedia hat eine schöne Klarstellung dazu:

Surrealist automatism is different from mediumistic automatism, from which the term was inspired. Ghosts, spirits or the like are not purported to be the source of surrealist automatic messages.

Wenn man aber mal alle Kultur und sonstigen Medien beiseite lässt: Was sind wir anderes als nahrungsverwertende und energie- und exkrementproduzierende Maschinen? Das wäre dann ein Automatismus ganz anderer Art. Auch zu dem Thema präsentiert Schreiber eine – nun ja, mehr oder weniger – dezente Werkreihe.

Raus aus der Puber-tät

Saskia Winkelmann am Dienstag den 23. Februar 2016

PUBeR. Wenn “taggen” wie markieren funktioniert, dann war Puber einer der mächtigen Hunde in vielen Städten in Europa.

Vor allem in Wien hatte es um den Zürcher Sprayer, dessen Schriftzug auch in Bern oft zu sehen war und ist, einen seltsamen Kult gegeben. Im Frühling 2014 waren plötzlich in der ganzen Stadt Wien “Puber”-eien aufgetaucht und die Leute schimpften über die schamlosen Schmierereien oder feierten ihn als Rebell. Verurteilt wegen Sachbeschädigung wurde er im Sommer 2015.

Ein Jahr danach gibt es nun in der Wiener Galerie Ho eine Puber-Ausstellung.
Ein guter Zeitpunkt, um wiedermal die Frage in den Raum zu stellen, was eigentlich Kunst genau ist, wo sie anfängt und wo aufhört.

Hier lesen, wie die Vernissage war.

5510347dc5

© Marco Leimer

 

 

Mit Kämpf in die Südsee

Gisela Feuz am Dienstag den 2. Februar 2016

Der olle Phileas Fogg brauchte ja noch 80 Tage dazu. Heute geht das auch schneller, zumindest in der Sammlung des Bernischen Historischen Museums, denn dort führen rund 500’000 Objekte durch fremde Länder und vergangene Zeiten, wofür man gerade mal 80 Minuten braucht.

Bildschirmfoto 2016-01-30 um 16.26.37Insgesamt acht Reisedestinationen stehen zur Auswahl, wozu insgesamt neun Schweizer Künstler und Künstlerinnnen aus Literatur und Musik per Audioguide die Reiseleiter geben. So kann man mit Reeto von Guten die Seidenstrasse beschreiten, Balts Nill führt durch Westafrika, Lo und Leduc berichten über Objekte mit Bernbezug, Ariane von Graffenried hat sich Paris vorgeknöfpt, Guy Krneta Athen, Barbara Traber thematisiert das Berner Oberland und Matto Kämpf sticht in die Südsee.

Besagter Matto Kämpf ist übermorgen Donnerstag persönlich in der Ausstellung zu Gast, wo er einerseits seine Audioguide-Geschichten lesen wird, welche er sich zu seinen Südsee-Objekten hat einfallen lassen und andererseits mit einem Ethnologen, der sich in der Sache wirklich auskennt, plaudern wird. Sie interessieren sich für die Südsee, wollen einfach mal wieder ins Museum oder finden Matto Kämpf gut? Dann posten Sie doch unten einen Kommentar, warum KSB gerade ihnen die Gratis-Tickets für Ausstellung und Rahmenprogramm am Donnerstag im Historischen Museum schenken soll. Die besten Begründungen werden mit zwei Tickets honoriert.

Ein Portrait der Maschine als junger Künstler

Roland Fischer am Samstag den 30. Januar 2016

Oder so ähnlich. Wer sich auch immer schon mal von einer Maschine portraitieren lassen wollte: auf nach Yverdon, ins Musée d’Ailleurs, das wunderbare kleine Science-Fiction-Museum mit angeschlossenem Jules-Verne-Archiv (unbedingt auch die herrliche Bibliothek anschauen!). So wurde der Autor von der Maschine verewigt:

tresset

Man kann sich kürzer oder ausgiebiger zeichnen lassen – es gibt drei verschiedene Stationen. Und versprochen: man wird sich nicht langweilen, so simpel die Idee der Arbeit, so verspielt ist die Umsetzung. So Modell zu sitzen lässt einen auf sehr amüsante Weise über die Grenze von Mensch und Maschine nachdenken. Und wer dazu noch Locken hat, wird umso mehr Spass am zeichnerischen Können der Maschine haben.

Aber nicht lange zuwarten! Die tolle Installation von Patrick Tresset läuft nur noch bis Sonntag, im Rahmen der aktuellen Ausstellung über Roboter. Und da gibt es noch eine Menge anderes zu entdecken – der Roboter ist nicht umsonst eine der ikonischen Figuren der Science-Fiction-Welt. Die in ganz verschiedenen Schattierungen daherkommt, vom trotteligen Helfer bis zum zur monströsen Gefahr für die Menschheit. Was ist eine Maschine – das ist dann immer auch die Frage: was ist der Mensch?

Kunst et al.

Roland Fischer am Samstag den 14. November 2015

Ich hätte hier eigentlich etwas über die Kunsthalle-Gastausstellung einer Werbeagentur schreiben wollen, die schon im Vorfeld für einigen Wirbel gesorgt hat. Kunst und Kommerz und andere Geheimnisse (secret kommt übrigens von Sekret: das Abgesonderte). Aber schon am Abend selber hatte ich das Gefühl, dass die ganze Kontroverse eine ziemlich leere ist. Und irgendwoher, an der Bar stehend, kam mir der Logikpoet Wittgenstein und sein philosophischer Befehlston in den Sinn (auch schon fast hundert Jahre her, übrigens):

Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.

contextZuhause habe ich den Computer aufgemacht und ein paar Schlagzeilen gelesen. Und dann noch ein paar Dinge über Wittgenstein. Betrand Russell sagte zum Beispiel über seinen Schüler:

His disposition is that of an artist, intuitive and moody. He says[,] every morning he begins his work with hope, and every evening he ends in despair.

Kunst als etwas zwischen Hoffnung und Verzweiflung Hängendes. Ob das, was über dieses Wochenende an den Kunsthalle-Wänden hängt, Kunst ist? Und ob die Kunst so etwas wie eine Seele hat, die sie verkaufen könnte? Ehrlich: ist doch vollkommen egal.