Archiv für die Kategorie ‘Museen & Galerien’

Herzlich Willkommen im Zentrum, Marks Blond!

Grazia Pergoletti am Freitag den 11. Januar 2008

Georg Keller bei Marks Blond

Die Erste Themenreihe des Marks Blond Project – Part1 – im NEW SPACE setzt sich, im Kontext des neuen Standortes, mit Urbanität und deren Spannungsfelder auseinander. Der Ort zwischen Reithalle, Bollwerk und Bahnhof ist von verschiedenen Einflüssen geprägt. Einerseits liegt er im wachsenden und im Umbau begriffenen Zentrum der Stadt Bern, andererseits kommt durch die Reithalle ein Platz der offenen Kulturszene und damit auch ein stark sozialer und politischer Brennpunkt hinzu.

Dies schreibt das Marks Blond Project in einem Text zur Eröffnung ihrer neuen Galerie NEW SPACE an der Speichergasse 8, direkt neben der Galerie Bernhard Bischoff. Und lässt keinen Zweifel daran, dass es sich hier um einen Kunstraum handelt, der sich einmischt, der sich konkret mit Themen auseinandersetzt und der vor dem Politischen keine Angst hat. Mir gefällt ja die Formulierung «offene Kulturszene» ganz besonders gut!

Als erstes zeigt der junge Zürcher Georg Keller seine Installation «Der Arbeiter in vier gleiche Teile geteilt». Er thematisiert darin den Umstand, dass immer mehr Working Poor verschiedenen Berufen nachgehen müssen, um zu überleben. Wie eine Art Bühnenbild steht ein Kiosk nach polnischem Modell im Austellungsraum, eine Schnapsbrennerei, ein zweiplätziges Büro, und eine Mauer wird auch noch irgendwo gebaut.

In einer 24-stündigen Performance hat Georg Keller ununterbrochen abwechselnd als Kioskverkäufer (man konnte wirklich etwas kaufen), als Maurer, als Schnapsbrenner und als Büroangestellter gearbeitet und so die Überforderung auf die Spitze getrieben. Witzig, erfahrbar und sozialkritisch. Die Installation zur Performance ist noch bis 26. Januar zu besichtigen.

Und nun die Preisfrage ohne Preis: Was befand sich zuvor im Ladenlokal an der Speichergasse 8? Ich weiss es im Fall nicht mehr.

Kunst im Oberland

Daniel Gaberell am Montag den 17. Dezember 2007

Diana Dodson: Zaungast I

Thun ist immer eine Reise wert. Besonders dieser Tage, wo der FC endlich wieder sportlich von sich reden macht und die alljährliche Weihnachtsausstellung im Kunstmuseum ihre Tore öffnete.

Gleich zu Beginn der Ausstellung dann auch schon der eigentliche Höhepunkt: die zwei Bilder der Künstlerin Diana Dodson! «Zaungast I» und «Zaungast II» für je 4’200 Franken sind Augenweiden und Seelenöffner zugleich. Zwei Zauberwelten – die eine in orange-braun und die andere in kaltem Blau – hängen dort in Thun und lassen einem hoffen, dass gute Kunst eben doch verständlich ist.

Nur ein paar Meter weiter folgen die zwei Bilder des Malers Filip Haag. Das sind zwar keine Dodson’, aber schön genug allemal. Und dann all die klitzekleinen Kritzeleien – da stecken mächtig viele Stunden Arbeit dahinter.

Fantastisch auch die Videoinstellation von Daniel Zimmermann: Lauberhornrennen im Sommer. Mit Holzlatten hat der Künstler die Strecke originalgetreu ausgelegt. Die sommerliche Abfahrt wird von der Helmkamera aufgezeichnet und die winterliche, leicht angepasste, Geräuschkulisse (inkl. Hüppi und Russi) lässt den Besucher herzhaft und schallend lachen, was in einem Kunstmuseum doch eher selten der Fall ist.

Noch bis am 13. Januar.

Mitmachen!

Daniel Gaberell am Sonntag den 16. Dezember 2007

Er bringt was... Liebe Freunde der Berner Kunst. Damit die Fussballmenschen die Kultur nicht links liegen lassen, bietet die hauseigene Galerie von Yamatuti eine ernsthafte Möglichkeit, im Frühsommer echte Fussball-Kultur zu leben.

Gesucht sind Werke (Bilder, Fotografien) von Profis und Hobbykünstlern zum Thema «Fussball». Geeignet seien eher kleinere Arbeiten, die den Verkaufspreis von 600 Franken nicht überschreiten (60 Prozent gehen an die KünstlerInnen, 40 Prozent an Yamatuti).

Mitmachen kann eigentlich jede und jeder und wer sich diese Gelegenheit für einen kometenhaften Aufstieg in die bedeutungsvolle Welt der Berner Fussball-Biennale nicht entgehen lassen will, der melde sich bis am 5. Mai via Email bei den Veranstaltern zwecks Qualitätsbeurteilung der eigenen Arbeiten.

Wie sagte doch einst im Mai der bereits damals weitsichtige Günter N. zu einem befreundeten Maler: «Die Kunst ist eine grosse Welt, vielleicht sogar noch grösser als Fussball.»

Und wer lieber Hasen mag, der kann solche in kunstvoller Art und Weise bis am 5. Februar an dieselbe Adresse zustellen. Denn bevor die Eüro08 anklopft, feiern wir auch heuer wieder die Auferstehung Jesu Christi.

Urbane Kunst

christian pauli am Dienstag den 4. Dezember 2007

Viel Kunst an der Speichergasse

Die Speichergasse führt vom Bollwerk zum Waisenhausplatz. Städtebaulich gesehen durchzieht sie die Neuzeit, das Viertel zwischen Bahnhof und Altstadt, geprägt von grossen Verwaltungsgebäuden. Richtig viel Verkehr hats hier, dank Reitschule und Anlaufstelle Contact einigen sozialen Sprengstoff und seit neuestem auch reichlich Kunst: Kunstmuseum, Progr, Stadtgelerie. Dazu kommen neuerdings auch zwei Galerien.

Am 10. Januar 2008 eröffnet Marks Blond, welche bisher mit Ausstellungen in einem ehemaligen Kiosk in der Länggasse bekannt wurden, einen «New Space» genannten neuen Standort an der Speichergasse 8. Gleich daneben, an der Ecke Speicher- und Genfergasse befindet sich seit zwei Jahren die Galerie Bischoff und Partner.

Wenn die Galerien kommen, müssen die Künstler bald wieder wegziehen, weil sie die hohen Mietpreise nicht mehr berappen können. Das ist der Preis der Hipness, wie er in Grossstädten bezahlt wird. Nicht so in der kleinen Stadt Bern. Zwischen Bollwerk und Waisenhaus hats gar keine Künstler, aber viele Junkies, Untersuchungshäftlinge, Betreibungsbeamte, Demonstranten und Gerichtsjuristen. Hier an der Speichergasse also ist der urbanste Ort von Bern.

Applaus: Endlich fasst die private Kunstvermittlung – oder nennen Sie es Business – auch ausserhalb der Altstadt Fuss. Vielleicht wird sogar der bizarre Kleeplatz, der zwischen Amthaus und Lorrainebrücke ein tristes Leben fristet, dereinst seinem Namen gerecht.

Vorne alt, hinten neu

Daniel Gaberell am Samstag den 17. November 2007

Fotomontage (Daniel Gaberell)

Oft denke ich, warum wohl haust das Historische Museum in einem wunderschönen Schloss? In einem der schönsten Häuser der Stadt Bern? Und warum steht vor diesem Schloss das hellblaue Plakat «Berns Weg in die Moderne» wo doch das HISTORISCHE Museum ganz und gar nichts mit der Moderne am Hut haben kann.

Meine DH liegt in Richtung Dällhölzli, ich spaziere also linkerhand entlang des Museums Richtung Zähnputzen – und was sehe ich da? Das Historische Museum ist rücklings gar kein Schloss mehr sondern eine Monsterbaustelle. Kräne, Gerüste, Armierungseisen, Männer in gelben Bauhelmen, Beton, Lastwagen. Nichts mehr von Schlossidylle.

Aha, denkt es mir, Berns Weg in die Moderne, jetzt verstehe ich. Vorne alt hinten neu. Alles klar.

Pressetext Spatenstich (wenig los...)

Wer mehr über den Neubau erfahren möchte, den muss ich leider enttäuschen. Weil der Pressetext zum downloaden prahlt als leere Worddatei.

Daniel will mehr.

Daniel Gaberell am Freitag den 10. August 2007

WandbotschaftenAugen auf! und die Alltagsphilosophie klebt an deiner Hauswand. Seit vielen Jahren spaziere ich durch Berns Gassen und lese mit viel Freude die – nennen wir sie mal – erfrischenden Trivial-Graffitis.

Immer in der Farbe Rot umschreibt der Dichter/Dichterin eine Tätigkeit einer bestimmten Person mit zwei, höchstens drei Worten. Ich frage mich, ob es sich bei diesen Kunstwerken um einen einzelnen Täter/Täterin handelt oder doch eher um eine Gaunergruppe. Die einheitliche Grafik lässt mich ersteres vermuten, die unterschiedlichen Schreibarten hingegen muss wohl mehreren Tätern/Täterinnen zugeordnet werden.

Wie auch immer. Ich jedenfalls, geniesse die Einfachheit dieser ideenreichen Botschaften, wünschte mir aber trotzdem doch ein wenig mehr Ästhetik beim Herumfuchteln mit der Spraydose.

Hene putzt viel!

Der Hase ist nun frei….

Daniel Gaberell am Montag den 25. Juni 2007

Lauf Hase, lauf! (Foto: Raphael Hefti)

«Haus am Gern» hat einen Glockenturm auf dem Dach des «Maison des Mascarons» in Môtiers errichtet. Darin hängt eine kleine Glocke – die «Hasenglocke». Sie ist über Funk mit einem Sensor am Halsband eines wilden Hasen gekoppelt, den «Haus am Gern» im Juni 2007 auf den Feldern um Môtiers freigelassen hat. Wenn sich dieser Hase schnell und rhythmisch bewegt, sendet der Sensor ein Signal und dieses Signal bringt die Glocke zum Läuten.

Hasenglocke (Foto: Haus am Gern)

«Haus am Gern» ist ein Unternehmen von Rudolf Steiner und Barbara Meier Cesta. Sie machen Kunst, manchmal kompliziert, manchmal einfach.

Wenn die Kunst sich verselbständigt

Daniel Gaberell am Donnerstag den 14. Juni 2007

These: zu den besten Kunstwerken gehören jene, die durch eine gute Idee angekurbelt werden und sich anschliessend verselbständigen.

Beispiele? Die Film-Dokumentation des Verwesungsprozesses eines Cervelats über mehrere Wochen im Zeitraffer (gesehen an einer Ausstellung irgendwo und irgendwann in Bern), der Meret Oppenheim-Brunnen auf dem Waisenhausplatz während des kalten Winters oder die eindrückliche Sammlung der selbstklebenden Eintritte vor dem Naturhistorischen Museum (Foto unten).

KulturStattBern möchte wissen, wie kunstinteressiert seine Leserinnen und Leser sind und bittet darum um weitere Beispiele dieser ART.

Vielen Dank für Ihre Mitarbeit.

Eintritte vor dem Naturhistorischen Museum

Science Fiction im 16. Jahrhundert

Frau Götti am Montag den 21. Mai 2007

Die Versuchung des Heiligen Antonius Was für ein stimmiger Auffahrtsausflug, nach Colmar ins Museum Unterlinden.

Denn dort steht der wunderbare Isenheimer Altar von Matthias Grünewald (1506-1515).

Es ist aus dem Staunen nicht herauszukommen, ich sage Ihnen. Dämonische Tiere, magisch bebartete Heilige, makaber verzerrte Gliedemassen, ohnmächtig werdende Jungfrauen – ein Surrealist wie Giger und ein Filmer wie David Lynch könnten den namenlosen Schrecken der Welt nicht besser darstellen.

Heute renn ich in die nächste Buchhandlung und kauf mir ein kunsthistorisches Buch zum Isenheimer Altar – um vielleicht erklärt zu kriegen, was in diesen Mensch genannt Günewald gefahren ist, dass er solches dargestellt hat.

Kunst als Freiheit

Frau Götti am Mittwoch den 14. Februar 2007

Die Bedingungen waren ja eher schwierig für diese Vernissage: Strömender Regen, hundskommuner Mittwochabend, Werbung nur über einige E-Mails.

Da muss es schon am Thema und an der Faszination von Bildern liegen, dass über 100 Leute den Weg an die Herrengasse in die Galerie Artdirekt fanden, zur Ausstellung “Zeige deine Wunde – befreiende Kunst” mit Bildern von Psychiatrieerfahrenen. Aber schauen Sie selbst:


(Bon Bon Desiderio stellte zum ersten Mal aus und verkaufte gleichentags ihr erstes Bild, und dann gleich an ein Museum: jenes links oben, Sonntagsspaziergang mit Mamma im Park.)

Eindrücklich die Vielfalt der Themen, von Trauer und Tod bis zu Lachen und Licht, eindrücklich die Vielfalt der Stile und Techniken, von Farbstift, über Kohle und Kreide bis hin zu Öl und Gouache.

Weiterer Ausstellungsort ist das Psychiatrie-Museum Bern, wo Bilder schon seit Ende Januar zu sehen sind, mit zum Programm gehören Filme und Konzerte zum Thema.

Bern ist die letzte Station der Wanderausstellung, die in fast 40 Städten in Deutschland zu sehen war. Die 123 Werke wurden ausgewählt von unter anderem Christopf Schlingensief als Jury-Mitglied.

Sie dürfen zufrieden sein: Galerist Giovanni A. Schumacher (r.) mit Künstlerin Bon Bon Desiderio und Künstler Philippe Saxer (l.)