Bern hat ein einigermassen schizophrenes Verhältnis zu Hochhäusern. Rund um die Stadt reiht sich ein für die Schweiz einmaliges Arsenal an Wohntürmen, über deren städtebaulichen Wert man natürlich geteilter Meinung sein kann. Die Innenstadt aber ist hochhausfreie Zone. Und da Bern schön in Hügel eingebettet liegt, bleiben die peripheren Türme meist diskret hinter dem Horizont.
Nach der Euphorie in den Fünfzigern und Sechzigern war man in der Schweiz Hochhäusern gegenüber – als etwas dezidiert Übermässigem – lange sehr skeptisch eingestellt. Doch in den letzten Jahren hat sich das geändert: In Zürich recken sich die Gerüste gleich an mehreren Orten in die Höhe, und auch in Basel will Roche hoch hinaus.
Und in Bern? Im Kornhausforum wird in einer anregenden Ausstellung derzeit das regionale Hochhauskonzept vorgestellt (hier auch als PDF). Was auffällt: Das Konzept ist geprägt von einer defensiven Haltung. Vieles könnte, kaum etwas sollte. Starke städtebauliche Gesten ermutigt es jedenfalls kaum. Stellvertretend dafür ein Zitat aus der Einleitung: «Ein Hochhaus ist nicht als Solitär (sog. Landmark), sondern immer nur in Relation zu seinem Kontext sinnvoll (oder nicht).»
Ich sitze im Zug, fahre gerade in Zürich ein. Linkerhand wächst der «Prime Tower» mit jedem Besuch höher. 126 Meter wird er dereinst messen. Und mitten in der Stadt stehen. Ein Landmark, zweifelsohne. Ist Bern wirklich so weit weg von Zürich?
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Heute abend gibt es im Rahmen der Ausstellung einen Vortrag zum Thema «Towers – what next? Safety and security aspects after 9:11» mit einem Experten des Ingenieurbüros Arup (das u.a. die Londoner Swiss Re-Gurke gebaut hat). Spannend – wenn auch für Bern ein wenig abseitig. 19 Uhr, Vortragssaal.