Archiv für die Kategorie ‘Museen & Galerien’

Rosinen: Photos shoppen in Biel

Roland Fischer am Donnerstag den 20. Dezember 2018

Im Centre Pasquart ist derzeit eine der tolleren Schauen der Cantonale zu sehen. Und obendrauf gibt’s gleich noch den Prix Photoforum, mit einer erfrischenden Auswahl aktuellen Bildschaffens. Olivier Lovey zum Beispiel platziert Fotos in den Realraum und manipuliert diesen so auf analoge Weise. Das Resultat: gephotoshoppte Wirklichkeit.

Mit der Kamera hantiert wird natürlich auch an der Cantonale, auf zuweilen hintergründige Weise. Nicole Bussien hat uns ein Souvenir aus dem Jahr 1323 v. Chr. mitgebracht, ein Museumsschnappschuss aus dem Familienfotoarchiv, von dem man nun wiederum ein Souvenirfoto gemacht hat, einen Schnappschussschnappschuss. Man musste da ein wenig an diesen Dokfilm über einen Seidel-Dokfilm denken. Vielleicht hätte man, wenn man früh genug gewusst hätte von diesem Filmprojekt, einen Dokfilm über diesen Dokfilm über den Dokfilm gemacht.

In «Rosinen» picken wir einzelne Werke, Konzerte, Darbietungen oder was auch immer aus einem grösseren Ganzen heraus (die man übrigens auch tatsächlich kaufen kann, in diesem Fall). Und lassen den ganzen Rest ganz bewusst beiseite.

Wie ein Gletscher seine Findlinge

Mirko Schwab am Mittwoch den 31. Oktober 2018

Triff mich nachts an der alten Bushalte.
Auf Besuch beim «Kunsthaus Steffisburg»

Das Bahnhofbuffet, das nicht mehr ist. Nicht mehr als eine tümelige Fassade am Bahnhof Thun. Und dahinter Coop Pronto. Jessica und ich holen zweimal Prosecco aus der Dose, den wir uns kredenzen im Bus Nummer 1 nach Steffisburg Flühli. Rekruten und Alte und ein irgendwo im Gelenkwagen explodiertes Sportdeodorant rahmen die kurze Fahrt nach dem Vorort ein. Weit weg.

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Berner Initiativen: videokunst.ch

Roland Fischer am Mittwoch den 26. September 2018

Videokunst hat ein Luxusproblem. Wo das eigene Werk ausstellen? Auf youtube, auf vimeo, auf irgend sonst einem obskuren Videoportal? Öffentlichkeit ist also kein Problem, Sichtbarkeit allerdings schon. Von Wertschätzung ganz zu schweigen.

Gut gibt es Plattformen wie videokunst.ch – eine Initiative der Berner Kunst-Tausendsassas Carola Ertle und Günther Ketterer -, die dem (Schweizer) Videokunstschaffen eine Heimat geben. Und einen Aufmerksamkeitsrahmen, wie er im digitalen Dorf nirgends wirklich zu finden ist. Man kann die ausgewählten Werke auf der Webseite (das heisst im eigenen Browswerfenster) anschauen, oder man kann sie im Showroom im Progr betrachten, das macht dann noch viel mehr Freude.

videokunst.ch hat auch noch ein Schaufenster im Bienzgut – und seit neuestem auch eines in Zürich, im Houdini-Kino. Zu sehen ist auf allen Screens derzeit eine wunderbare Arbeit von BiglerWeibel: «Im Nebensinn von Dagmar und Doris». Ein ebenso ungereimtes wie visuell sinnreiches Neben- und MIteinander von Dagmar/Doris/Jasmin/Nicole.

#Bernnottoronto

Roland Fischer am Sonntag den 23. September 2018

Jetzt grad im Kunstmuseum: An vier Tischen wird Schach gespielt, rundherum Lautsprecher. Es fiept und rauscht und klopft und blubbert. Mal leise, dann dringlicher.

Das seltsame und zauberhafte Spektakel passiert im Rahmen der République Géniale und ist eine Neuinszenierung einer Performance von John Cage und Marcel Duchamp, die sich 1968 in Toronto auf eine Partie Schach verabredet hatten. Das Schachbrett präpariert, dazu Live-Elektronik je nach Verlauf der Partie. Geniekult auf gute Art.

Das Versagen der Nacht

Roland Fischer am Samstag den 15. September 2018

Remarque hat mal diesen wirklich remarkablen Satz geschrieben, im Arc de Triomphe: «Die Nacht übertreibt.» Der Protagonist versucht da in der Pariser Nacht eine einigermassen verlorene (und natürlich sehr schöne) Seele zu trösten, mit Schnaps vor allem. Und mit den Worten, dass wenig lange wichtig bleibt. Vor allem nachts.

Ja, sie nimmt sich gern ein wenig zu wichtig, die Nacht. Von ihrem Versagen, spätestens am nächsten Morgen, erzählt eine kleine feine Ausstellung von Nina Rieben im Grand Palais. Eine Serie von «Einschlafwerken» gibt es da, aber es sind wohl eher Nichteinschlafenkönnenwerke. Oder geht es Rieben um diesen Übergang vom Wachen zum Schlafen, um diese Halbwelt? Da werden Bewegungsmelder aufgeweckt und Leerstellen lächerlich gemacht. Und es werden sentimentale Notizen zu Zigaretten gedreht, halb aufgeraucht und achtlos weggeworfen. So dass Unsicherheiten auf einmal in Rauch aufgehen. Sie sind aber natürlich immer noch genauso präsent, man kann sogar sagen: sie bekommen erst so die ihnen gemässe Materialität.

Nachher noch ins Schlachthaus, wo es weiterging mit Schall und Rauch. Saisoneröffnung, zuerst mit Dorit Chrysler, dann mit Fhun Gao am Theremin (REA zum Auftakt leider verpasst). Klänge, aus der Luft gegriffen. Warmer Campari Soda dazu und Nachtgeschichten jenseits von Gut und Böse. Manchmal tut sie allerdings ziemlich grossartig und hat ja sogar recht damit.

Triff mich, wo ich leide

Mirko Schwab am Donnerstag den 6. September 2018

Das Schwob-Haus hat sein Innerstes nach aussen gekehrt. Impressionen einer Art Kunstausstellung.

Aldir Polymeris, Nicolle Bussien: «Soulseeker» (Bild: Aldir Polymeris)

«Please call me back / I miss you so much -»

Ich liege auf einer alten Matratze und stehle mich in fremde Leben. Eine Hörmuschel ist mein Schlüsselloch. Voyeur bin ich o. écouteur. Nummerierte Auschnitte fremder Realitäten sind zu hören, konserviert als Audiodateien, Voice Memos, beiläufig aufgenommen oder mit einem ganz bestimmten Ziel – die Geschichten bleiben unbekannt, die Intimität ist anonym.

Aldir Polymeris, Künstler aus diesem unbequemen Dutzend Künstler_innen, die im Schwob-Haus Einblick gewähren in ihr Schaffen. Er führt mich herum an diesem kalten ersten Septembersamstag, der auf die Laune drückt. Und also beste Voraussetzungen bietet fürs Alleinsein mit der Kunst. Wir beginnen im Erdgeschoss und diesem kleinen Zimmer mit der Matratze, das er früher bewohnt hat, das jetzt sein Atelier geworden und heute Kunstwerk ist. In Zusammenarbeit mit Nicolle Bussien, Atelier zweite Etage rechts, ist die Arbeit «Soulseeker» entstanden und hier beheimatet. Ein Softwarefehler eines File-Sharing-Anbieters habe tausende von anonymen Sprachnachrichten ins Netz gespült, erzählt er mir. «Soulseek» heisst das Programm, Peer-To-Peer, seit rund zwanzig Jahren werden so virtuelle Güter ausgetauscht im Graubereich der Legalität. Die beiden Kunstschaffenden haben sich des Fundus von Schnipseln angenommen und nach Kategorien der Intimität geforscht, anhand derer sie die Audiodateien – Konzertmitschnitte, Selbstgespräche, Liebesbekundungen – auf fünf Hörmuscheln verteilt haben.

Ich liege auf einer alten Matratze, es könnte meine sein oder irgendeine. Ich höre diese Stimme und es könnte deine seine oder igendeine. Anonymous intimacy.

Innerhalb weniger Tage sei die ursprünglich geplante kleine Führung für einen Verein der Kunstförderung zu einer regelrechten Ausstellung gewachsen, meint Aldir – zumindest fast. Er verweist auf die speziellen Voraussetzungen dieser «Schwob-Schau»; darauf, dass die Kunstschaffenden dort an die Oberfläche treten, wo sie sich gerade befänden. Im räumlichen Sinn in ihren Atelierstuben, an ihren Schreibtischen, an Leinwänden, an Bildschirmen, die sich im Schwobhaus über drei Etagen und einen grosszügigen Keller erstrecken. Und im zeitlichen Sinn, mit Arbeiten mitten im Prozess, mit Skizzen und mit Auslegeordnungen.

Triff mich wo ich hadere u. leide.
Triff mich rastlos in meiner Bleibe.

Es nachtet ein am Falkenhöheweg. Ausser mir und Aldir ist kaum mehr jemand da, die Weissweinflaschen sind bald leer und die Akkus der Geräte. Die Loops der vielen gezeigten Videoarbeiten erlöschen hie und da. Im Halblicht höre ich einer Klanginstallation von Emile van Helleputte zu, erstes Geschoss rechts. Es spielt ein Orchester aus Schwämmen. Angetrieben von kleinen Propellern und einer Schaltzentrale kriechen die Quader rhythmisch über den Parkettboden.

Ich steige in den Keller herab. Im geräumigen Atelier des Malers Janick Sommer wird der Prozess sichtbar; leere Leinwände, fotografische Vorlagen, New York City, ein verstörend sinnliches Bild einer Frau, die in der Spätsommersonne auf einem Balkon sitzt und dem Einsturz eines Zwillings des World Trade Centers zusieht, Narben des 21. Jahrhunderts, ein Liebespaar, darunter feinfühlige Strukturen, milde Farben, ein Fleck. Wieder hinauf. Christoph Schneeberger: Dragqueens machen sich für einen Auftritt zurecht, Identität, Intimität. Dahinter grossformatige Gemälde, laut, grotesk, fantastisch. Weiter hinauf und zuoberst, im ehemaligen Malsaal von Susanne Schwob selig: Dokumentarfilm im Standbild, angebracht über dem Schnittpult der Filmemacherin Tamara Milosevic. Reflexionen über politischen und religiösen Extremismus.

Frau Schwob hat hier oben Landschaften gemalt und Stilleben. The times they are a changin’.

Christoph Schneeberger. (Bild: Aldir Polymeris)

Die Community im Schwob-Haus, sie beschert dieser kleinen leisen Stadt Akzente. Folgen Sie der Einladung. It’s generous intimacy.

Im Schwob-Haus wird gearbeitet. Immer am Achten aber lädt die Ateliergemeinschaft zu Veranstaltungen rund um die zeitgenössische Kunst, Literatur und andere Dringlichkeiten. Diesen Samstag ausnahmsweise in der Sattelkammer mit Amélie Bodenmanns Ausstellung «F.L.U.S.S.». Es gibt Apéro.

I don’t Getty, really

Roland Fischer am Freitag den 27. Juli 2018

Wie anfangen, wenn eine Ausstellung entweder perfekter Unsinn ist oder, well: perfect sense macht? Oder vielleicht auch beides?

Von allen Museumsbesuchern, die Gradlinigkeiten und ergründliche Wege bevorzugen, müssen wir uns an dieser Stelle leider bereits verabschieden. Jedenfalls wären Sie hiermit gewarnt: Achtung, Meta.

Wer an der Gerechtigkeitsgasse 74 in den dritten Stock hinaufsteigt, begibt sich in die Ausstellung einer Ausstellung einer Ausstellung. Vielleicht sind’s auch ein paar Schachtelungen mehr oder weniger, das ist irgendwann nicht mehr so klar. Am besten fängt man wohl so an: Die Wand, an die man beim Eintreten in die Wohnung als erstes blickt, steht da eigentlich gar nicht, auch wenn sie aussieht als müsste sie genau da stehen, fein säuberlich mit einer Fussleiste versehen. Auch das Lavabo dahinter: nicht ans Wasser angeschlossen. Alles Kulisse, Teil der Reinszenierung einer Wohnung, die auch damals schon, 1974, nur der

Anschein einer rekonstruierten Wohnung als Rahmen für eine Erzählung

war. Und zwar der Lebensgeschichte von Etienne Szeemann, Harald Szeemanns Grossvater. Das Getty Research Institute in Los Angeles hat sich in den letzten Jahren durch Szeemanns Nachlass gewühlt und daraus zwei Shows destilliert, die nun auch in Bern zu sehen sind, Harald Szeemann: Museum der Obsessionen in der Kunsthalle und Grossvater: Ein Pionier wie wir am Originalschauplatz in der Gerechtigkeitsgasse.

Von der eher skurrilen Biografie-Show aus dem Jahr 1974 waren nur Bilder und in alle Weltgegenden verstreute Objekte übrig geblieben, und so fragt man sich beim Reinszenierungs-Besuch nicht so sehr, was das für ein schillerndes und geschichtsbeladenes Leben war, das dieser Coiffeur-Selfmademan gelebt hat zwischen 1873 und 1971, sondern vielmehr, welchen Teufel die Getty-Leute geritten hat, dieses nicht wirklich bedeutende Szeemann-Kapitel bis ins kleinkleinste Detail nachzubauen. Was dann zum Beispiel bedeutet, dass der ausgestopfte Hund, der leider verloren gegangen ist in den letzten vierzig Jahren, irgendwie 3D-geprintet und neu befellt worden ist. Oder dass Hollywood-Setdesigner eine Biedermann-Möbel-Kombination nachgebaut und mit unsinnigem Aufwand bemalt haben, die man mit etwas Glück sicher auch im Brockenhaus gefunden hätte. Nicht exakt dieselben Möbel, natürlich, aber spielt das wirklich eine Rolle?

Man kommt so ziemlich ins Sinnieren. Leider nicht über das, was hier ausgestellt wird, sondern über die Art und Weise, wie es ausgestellt wird – wie es von Szeemann wurde und von seinen Jüngern noch einmal wird. Eben, Meta: Eine Ausstellung übers Ausstellungmachen. Bei Szeemann wie bei Getty: Museum der Obsessionen.

Kunst im Akkord, d’accord

Roland Fischer am Freitag den 22. Juni 2018

Wer kennt das nicht: Kaum hat man von einer Ausstellungseröffnung gehört und sich eine innere Notiz hinterlegt (da muss man dann auch mal noch hin), ist sie schon wieder vorbei. Im Bieler lokal-int hat man aus der aufmerksamkeitsökonomischen Not gewissermassen eine Tugend gemacht und zeigt dieses Jahr junge Künstlerinnen und Künstler im Schnelldurchlauf. Es lohnt sich also, jeweils an die Vernissage zu fahren, denn eine Woche später ist schon die nächste Ausstellung dran. Dazu gibt es auch noch gratis Bier und gratis erläuternde Worte vom anwesenden Künstler, gestern von Gabriel Flückiger, der Fotoarbeiten und ein Video zeigt.

Ästhetische Forschungsarbeiten, im Sinne von: der Ästhetik verschiedenster künstlerischer, architektonischer wie wissenschaftlicher Szenerien nachforschen, aber auch: Forschung selbst sehr ästhetisch betreiben. Also überaus empfindsam, dem Wortsinn nach.

Und von hinten schaut sich Harald das Ganze an, mit irgendwie ironischem Blick.

 

Warum? Darum ins Kino.

Roland Fischer am Dienstag den 29. Mai 2018

Ja, man muss aus dem Haus dafür, man muss zum Beispiel runter ins Lichtspiel, furchtbar weiter Weg, schon klar. Man kann nicht einfach den Laptop im Bett aufklappen und den Copyrightern eine Linke verpassen. Man kann auch nicht mal rasch Pause drücken und aufs Klo oder eine Instagram-Benachrichtigung checken. Aber dafür bekommt man dann – heute und morgen – zwei Filme serviert, die eigentlich gar nicht laufen dürften auf kleinem Screen und denen sich knisternde, fiepende, beim Bass passende Böxchen sowieso verweigern sollten.

Heute abend «Der Klang der Stimme», ein Dokfilm, der ohne vernünftiges Soundsystem nicht wirklich Sinn macht. Apropos Sound: Der Film läuft als Begleitprogramm zur aktuellen Ausstellung im Sensorium Rüttihubelbad. Sicher auch einen Besuch wert.

Und morgen dann «Leviathan». Dazu gar nicht viele Worte verloren, ausser: Wer den noch nicht gesehen hat – viele Gelegenheiten wird es wohl nicht mehr geben, sich von diesen grossen Bildern überwältigen zu lassen. Da draussen im Kino.

Glockenspiele

Mirko Schwab am Freitag den 25. Mai 2018

Der Zytglogge leuchtet frisch frisiert. Schade: Ein weiteres mal hat es die Denkmalpflege verpasst, den Zeitgeist abzubilden im Glockenspiel. Vier Vorschläge für eine modernere Repräsentation der Sandsteinstadt.

Immer wenn der Glocken-Gockel kräht, der Narr in seinen Schellen rührt, die Bärlein tänzeln ringelreih, Chronos seine Sanduhr stürzt und ein Leu die Schläge zählt, die Hans von Thann über die Schindeldächer der alten Stadt schickt, weil es Zeit ist – immer dann also, wenn der Zwölfer nicht recht passieren kann, weil eine Traube Touristen auf der Strasse steht und der entnervte Chauffeur mit dem Gedanken spielt, so eine asiatische Reisegruppe einfach mal im Sinn der Pädagogik leicht anzufahren – immer dann vergibt man hier die Chance, wirklich etwas zu erzählen von dieser Stadt und dem wilden Leben darin. Dabei böte auch das post-millenniale Bern Stoff für Geschichten, erzählt in mittelalterlicher Hemdsärmeligkeit.

Vorschlag I
«Reit for your Reit o. der Rytglogge»

Der Hahn kräht – und trägt jetzt Igelfrisur, ach Erich zu Hesz, du alter Blasebalg – und immer immer die selbe Leier! Die Drehscheibe bringt einen Bären hervor, darauf reitet Retho Nause, der mit langer Schlangenzunge nach einem Reigen schwarzgekleideter Narren faucht. Die Narren heben das Kopfsteinpflaster aus dem Boden und werfen es dem Aargauer Tyrannen als Bsetzi-Steine vor den Latz. Wieder kräht der Hesz. Taugenichtse, Tagediebe, Trunkenbolde: ein Miniatur-Vorplatz wird gezeigt, knöcheltief im Wein tanzen Jung und Alt, stiernackige Ritter geben sich auf die Grinde, zwei Kinder stehen auf einer Scheibe, die sie ins Lot zu bringen versuchen, derweiil die Zeiger der grossen Uhr wild übers Zifferblatt wischen. Kräht der Hesz ein letztes mal, so umarmen sich die Kinder, die Balance ist gefunden und die Zeit wird angezeigt.

Vorschlag II
«Bern und die Kultur o. der Filzglogge»

Der Hahn kräht, diesmal verkörpert durch Herzog von Leduc. Die drei ersten Töne von «O VII IX», ein Lied über die verhinderte Minne, sind zu vernehmen. Die Drehscheibe zeigt den kulturellen Austausch der Generationen: Karl Tellenbach schneidet Simeon v. Hari den Schnauz, Mani «der Barde» Matter zieht Olivarius «dem Barmann» Kehrli eine Laute über die Rübe, Friedenreich zu Glausern aus dem Siechenhaus legt indes Matho Kämpf eine Krone auf. Wieder kräht der Herzog. Ein frivoler Bärentanz der Berner Kultur und ihrem Filz. Der vorderste Tanzbär wird vom folgenden am Anus geleckt, hinter dem Rücken des ersten dann dreht sich der zweite, spuckt zu Boden und lässt sich vom nächsten bedienen, der sein Zünglein spielen lässt und schliesslich spuckt – immer weiter und so fort. Das letzte Herzogs-Krähen. Die weiblichen Kulturschaffenden scharen sich um den Oppenheimbrunnen, Jeszika von Jurassien stellt eine grosse Sanduhr auf den Kopf – die Zeit ist angezählt, time’s up!

Vorschlag III
«Wolfram und Johannes o. der Heldenglogge»

Der Hahn kräht «Fuessbau-Schwizermeischter!» Ein Helden-Tableau wird angerichtet, in gold-schwarz bemalte Ritter jonglieren einen Lederball über den Köpfen ihrer Widersacher hin- und her. And just because we’re going medival: Köpfen ihre Widersacher hinterher. Rotes und blaues Blut tränkt den Heldengrund. Der Hahn kräht « Schölölö!» Der kraushaarige Ritter Wolfram Marcus Wölflîn fliegt durchs Halbrund und fängt mit seiner rechten Hand den Lederball. Der Hahn kräht ein letztes mal recht trunken, bevor der heldenhafte Mohr Johannes Petrus im Turmhelm droben – eine Minute vor der vollen Stund – an die Glocke stüpft. Sie wird in der Folge zwölfmal angeschlagen.

Vorschlag IV
«Glocke der Gastfreundschaft o. der Metaglogge»

Der Hahn lacht. Kleine asiatische Touristen erscheinen auf der Drehscheibe, zücken Stab und Telefon und fotografieren die staunende Schar asiatischer Touristen mit Stab und Telefon, die am Turmfusse sich eingefunden hat.