Archiv für die Kategorie ‘Hip & Hop’

Die Szene spricht!

Oliver Roth am Samstag den 3. Oktober 2015

Gestern spielten Young Fathers in der Dampfzentrale ein energetisches, stilsicheres Konzert.

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Einige Zuschauer sind von der blasierten Haltung der Schotten aufgebracht. Ein junger Mann ist total wütend, dass die Mercury Prize-Gewinner nach ca. 50 Minuten ihr Showcase zum Ende bringen. Andere finden, exakt das sei zu erwarten gewesen, diese Kürze gäbe der stilisierten Show erst ihren richtigen Abschluss.

Es ist nicht möglich, alle Stimmen vom gestrigen Abend zusammenzufassen. Es ist deshalb angebracht, das Wort einem Vertreter der lokalen Hiphop- und Rap-Szene zu übergeben. Ein Rapper aus Bern, der gerne unbekannt bleiben möchte, war so freundlich und hat direkt nach dem Konzert für KSB einen Erfahrungsbericht geschrieben. Hören wir, was die Strasse zu sagen hat:

«Die Bässe waren furchteinflössend. Selbst Mc Bösi Ouge musste kurz die Augen schliessen. Nach einem kurzen Zucken des rechten Tanzbeines haben einige Gesänge für kurze Ernüchterung gesorgt. Aber ein Schluck Bier und – wumms – war schon wieder ein hübscher Beat da. Ich bin total zufrieden mit der Darbietung von heute Abend.

[Der Schreiber unterbricht den Bericht, um kurz die Toilette zu konsultieren.]

Falls man mich auffordern würde, ein Schlussfazit abzugeben, würde ich mich weigern. Aber da der Job in diesem Blog gut bezahlt ist, komme ich doch nicht um ein Schlussfazit herum. Es wäre unfair, wenn ich jetzt zu keinem zusammenfassenden Schluss käme. Deshalb sage ich einfach: Ja. Ich gebe ein Schlussfazit ab. Jetzt, Achtung: Kommen sie ans nächste Mc Bösi Ouge Konzert. Es ist sehr ähnlich wie Young Fathers. keep it real.»

Wir danken dem Berichterstatter und werden ihn natürlich auch entsprechend für seine Textarbeit entlöhnen!

Der Mann mit der Maske

Oliver Roth am Samstag den 12. September 2015

Gestern feierte Rou Puckt im Bonsoir seinen weltweit ersten Live-Auftritt. Im Rahmen des Musikfestivals Bern spielte der Mann mit der golden-glänzenden duck mask (not duck face) sein erstes Set vor Publikum. Im Juli veröffentlichte er seine Electronic-Rap-EP auf 7″ mit Video (KSB berichtete exklusiv).

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Gestern spielte Puckt erstmals vor Publikum und führte in einem energiegeladenen Set mit Synthesizer, Drummachine und Kinderspielzeug sein Können vor. Er haute die dicken Beats raus, die Street Melodien, die anvantgardistischen Raps ohne Worte – alles improvisiert, alles gebrochen, verspielt und zerstückelt. Ein schöner erster Auftritt, der noch viel länger hätte dauern können. Wir sind gespannt auf mehr Konzerte. Und auf ein Album?

Jazz für d’Lüüt am BeJazz-Sommer

Christian Zellweger am Dienstag den 28. Juli 2015

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Er hats nicht in den Kulturbeutel geschafft, dabei ist diese Woche doch noch der BeJazz-Sommer in der Stadt. Da, wo man auf der Rathaustreppe ein Bier trinkt und der Musik lauscht, die auch dieses Jahr gar nicht nur so jazz-jazzig daher kommt. Wobei mit AKO, der Uptown Big Band, 2 for Soul und Eliyah Reichen Electric auch die Feinde des Etiketten-Schwindels zum Handkuss kommen.

Etwas anstrengend für Puristen, etwas ansprechender für Uneingeweihte, könnten aber die Auftritte von Grimsvötn und Bürgi’s Quest werden. Bei Ersteren lässt die vielseitig verzettelte Claire Huguenin ihrer Pop-Lust den Lauf, bei Letzeren lässt Rapper Baze seine Songs voller kraftvoller Selbstzerfleischung von Schlagzeuger Fabian Bürgi sezieren.

Für Einigkeit zwischen allen Polen sorgt dann die Kirche. In der St. Peter und Paul-Kirche sucht am Samstag nämlich Julian Sartorius nach dem Klang.

Alles Gratis ist das dann auch noch – ausser dem Bier, versteht sich.

BeJazz-Sommer, Rathausplatz, Dienstag, 28.7. bis Samstag, 1.8.

Raw Summer Hit

Oliver Roth am Mittwoch den 15. Juli 2015

Julian Sartorius veröffentlicht als Rou Puckt eine 7″ Vinyl Single.

Der Song «Brom» wird, wie es sich für einen Sommerhit gehört, mit einem erfrischenden Video geliefert. Treibende Körper in der Aare, gleitende Gummiboote. Alle kennen und lieben das Gefühl. Songs wie «Brom» kennen wir noch nicht so viele. Der verspielte Rap-Song ohne Worte erfrischt anders. Immer wieder hinkt die Spielzeug-Stimme dem Schlagzeug-Beat hinterher und bleibt dann ganz stehen, um den schwebenden Sounds Platz zu lassen. In den Rhythmen von «Brom» lässt sich auch nach 10 Mal hören noch etwas entdecken, ganz und gar nicht, wie es sich für einem Sommerhit gehört.

Exklusiv gibt es hier auf KSB das Video zur Instrumental-Version des Tracks, die sich ebenfalls auf der Vinyl-Single befindet. Die Tänzerin Cosima Grand gibt dem Track durch ihre Bewegungen quasi eine neue Stimme! Und wer genau hinschaut findet auch den «besten Schlagzeuger von Europa» (Zitat Iggy Malmborg) im Video wieder.

Die limitierte 7 inch Single kann man auf Hum Records bestellen. Mehr Infos auf juliansartorius.ch.

Böse Wörter mit A

Milena Krstic am Samstag den 27. Juni 2015

Ahjastimmt, Patent Ochsner haben kürzlich ein neues Album veröffentlicht. Okay, okay. KSB zieht jetzt nach und präsentiert das Video der frisch gesprossenen Kollaboration von Patent Ochsner und dem Berner Rapper Manillio. Zu nichts weniger als zum «Abschied aller A-Wörter» wird da aufgerufen: Absturz, Alltag, Aschiss, Abstrich, Abwehr, Abgang. Aber das wichtigste, die Mutti aller A-Wörter, fehlt. Deshalb vervollständige ich das hier rasch: Arschloch! Item. Hier ein bisschen Summer-Feeling, mit tropischen Pflanzen, weissen Leinenhemden und einem gute-Laune-Refrain.

Finito lavoro und sunny side ab:

Cumbia Cumbia

Miko Hucko am Sonntag den 7. Juni 2015

Ja, diese Musikdiktatur kündigt sich schon seit einer Weile an. In Berlin jedenfalls ist sie schon total angekommen – Diskotheken haben jetzt auch Cumbia-Dancefloors eingerichtet. Um genau zu sein: Digital Cumbia. Und der letzte, auf dem ich war, der war also ziemlich voll mit ziemlich begeisterten Leuten.

Und wie ich da so vor mich hin getänzelt bin in einer entspannt langsamen Mengenmusik, da dachte ich mir: Ist Cumbia vielleicht der Reggae unserer Generation? Gemeinsamkeiten sind deren viele: Beide stammen aus Mittel-/Südamerika, zeichnen sich aus durch einen eher langsamen Grundbeat und stammen vornehmlich von der schwarzen dortigen Bevölkerung.

Auf dem Dancefloor hingegen waren nur “wir” zu sehen, also weisse junge (wahrscheinlich kreativ tätige) Europäer_innen. Das erinnert mich schon grad ein bisschen daran, wie der Reggae damals und bis heute noch Jugendliche mit blonden, geraden Haaren dazu animiert, sich die Haare zu dreadlockisieren. Aller Anfänge sind diese, dass auf einmal dieser Musikstil hier zu einer Ausgrenzung genau des Bevölkerungsteils, dessen Musik das ist, genutzt werden kann. Da sagt mensch immer, Musik, die universelle verbindende Sprache – aber auch der Diskobesuch ist eine Zugehörigkeitsfrage.

Was würde zum Beispiel passieren, wenn der Cumbia auf dem Vorplatz gespielt würde?

Kilbi-Countdown-Content (2): Ima Read That Bitch

Christian Zellweger am Mittwoch den 13. Mai 2015

Kilbi-Countdown-Content: Nicht mehr lange bis zur Bad Bonn Kilbi. In loser Serie wollen wir hier Ihre Aufmerksamkeit auf ausgewählte Bands im schönen Programm lenken.

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Pop, Perfomance, Politik: Zebra Katz ist sicherlich eine der schillerndsten Figuren an der Kilbi. Zebra Katz ist die Kunstfigur des Performers und Multimedia-Künstlers Ojay Morgan aus New York, Protagonist der New Yorker Fashion- und Queer-Rap-Szene. Die Fashion-Welt war es denn auch, welche Zebra Katz ins Business brachte: Der Designer Rick Owens wählte Ima Read als Soundtrack für seine Show an der Paris Fashion Week 2012.

Das Ziel von Zebra Katz: Die Kreation des starken schwulen schwarzen Mannes.

Diplo hat Zebra Katz auf seinem Label Mad Decent eine Heimat gegeben und seit dem steilen Start 2012 hat Morgan einige prominente Fans und Kollaborateure wie etwa Busta Rhymes gefunden.

2015 feiert Zebra Katz so etwas wie ein Comeback und ist mit der EP Nu Renegade auf Tour. Wie weit das alles musikalisch wirklich trägt, muss sich weisen. Ein Auge sollte man auf diese Live-Show aber schon geworfen haben, denn Musik ist im Pop ja höchstens der Anfang von Allem.

«Chlyklass isch zrügg»

Gisela Feuz am Mittwoch den 29. April 2015

Es tut sich was in der Breithosen-Abteilung: Die Jungs des Rap-Kollektivs Chlyklass melden sich zurück und zwar «unger Strom, geng no i Form.» Yo! An Bescheidenheit haben die Herren in all den Jahren ihres Bestehens nicht zugelegt, aber das gehört sich im Metier des gereimten Wortes ja auch nicht. Chlyklass protzen allerdings sympathisch selbstironisch, etwa wenn sie das eigene Auftreten mit dem Einfall eines Heuschrecken-Schwarms vergleichen.

Der Vergleich ist so schlecht nicht, denn tatsächlich dürften die Chlyklässler im Verlauf der Jahre so manchen Veranstalter das Fürchten gelernt, so manches Büffet rübis und stübis leergefressen und so manche Bar trockengesoffen haben. Die Herren Baze, Diens, Greis, Skoob, Poul Prügu und wie sie alle heissen, sind ja seit Ende der 90er-Jahre gemeinsam auf der Pirsch und haben in Ihrem Kollektiv über 30 Veröffentlichungen auf den Markt geworfen, die zum Teil wegweisend für den Mundart-Rap waren. Nun meldet sich Chlyklass zehn Jahre nach dem letzten offiziellen Gemeinschaftsprojekt zurück und zwar gleich mit Album, Film und natürlich Video. «Zu grosse Manne passe grossi Taten.» Gut gebrüllt im Mikro-Jungel, ihr wilden Stubentiger!

Das Album «Wieso immer mir?» erscheint am 1. Mai, der Film «Backstage mit Chlyklass» wird heute Abend 20:30Uhr und 21:30Uhr im Kino Kunstmuseum gezeigt und live zu sehen gibts die Jungs in der Region am 17. Juli auf dem Gurten und am 12. September im Mokka.

Kreisch! The Dø entzücken im Bierhübeli

Milena Krstic am Freitag den 20. Februar 2015

Man hätte The Dø ein ausverkauftes Bierhübeli gewünscht, mit hüpfendem und ausflippendem Publikum. Stattdessen war der Konzertsaal etwa zur Hälfte voll, und Partystimmung kam erst gegen Ende so halb richtig auf. Gekreischt wurde trotzdem, und zwar vor allem wegen der Sängerin Olivia Merilahti, die zwar süss aussieht, es aber faustdick hinter den Ohren hat und mit ihrer Stimme die vierköpfige Band anführte.

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In allen Tonlagen sicher, rockte sie ihr in der Farbe Rot gehaltenes Konzeptoutfit und erschien am Schluss mit irgend so einer Dinosauriermaske … Schonoeasy.

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“Wüu mir si aut”

Oliver Roth am Freitag den 30. Januar 2015

Man könnte hier darüber schreiben, wie unglaublich erfolgreich eigentlich Lo&Leduc sind. Aber das wissen wir ja. Die goldene Schallplatte hängt schon länger in ihrem WC und sie sind momentan für drei (!) Swiss Music Awards nominiert. Dann gibt es natürlich die alten Fans – und früher war alles besser.

Nun war Lo gestern in der Bounce Cypher im Radio Virus und hat zusammen mit über 80 Rappern aus dem ganzen Land (dass es noch so viele davon gibt?) fast sechs Stunden lang gerappt. Grund genug die Berner wieder mal zu erwähnen. Hier das Video mit dem Beitrag von Lo:

Man beachte bitte Zeilen wie diese hier:

“I mache “Huh”, wiene erstuunte Ricki Rouss / und mir gö id Charts wie är e Neopren-Ahzug ahleit / mir gö rein, aber nie meh raus”

Und dann mit der Selbstironie auf den eigenen Erfolg:

“Wüu mir si aut / wüsse nüm so gnau / was me da so muess / i däm Bounce / mit dr CD laufts / aber i weiss o nid so genau / wäm, dass das Aubum eigentlech gfaut / wär das nach emne Jahr no chauft”

Offensichtlich viele. Die Single Jung verdammt ist zum Beispiel noch immer auf Platz 6. der iTunes-Charts.