Archiv für die Kategorie ‘Hin & Weg’

Postkarte aus Belgrad

Milena Krstic am Mittwoch den 21. September 2016

Wir hatten sie schon einmal, die Postkarte aus Belgrad. Und es hat sich seither nicht viel verändert.

Da sind immer noch unzählige Klimaanlagen, die Kondensflüssigkeit aussondern, welche dann auf die nackten Schultern tröpfelt. Es ist nicht mehr so heiss, dass diese Anlagen auf Hochbetrieb laufen müssten. Jetzt reicht die moderate Stufe, denn es war warm letzte Woche, die Röcke kurz und der Kaffee vorzüglich (wenn Sie hingehen, empfehle ich, eine «domaca kafa» zu bestellen). Es gibt dort eine Strasse, die heisst «ulica gladnih» («Strasse der Hungrigen»), da gibt es «brza hrana» («schnelles Essen») und wer mit Turbo Folk etwas anfangen kann, wird in einem der Clubs auf den «Splavovi» die Nächte durchtanzen (ich nicht, aber feel free).

Es grünt auch ganz ordentlich, denn hier lassen sie die Bäume stehen (wohl auch deswegen, weil nicht genug Kapital da ist, um sie zu fällen).

Belgrad ist ein Grossstadtdschungel, das darf man so sagen – und dazu ein passendes Panoramabild posten.

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Pozdrav,
die Krstic

Die HKB auf Landgang

Roland Fischer am Freitag den 16. September 2016

Der Kanton Bern ist ein eigenartiges Konglomerat von Stadt und Land. Die HKB will dem 2017 auch mehr Rechnung tragen und nicht mehr nur die Zentren Bern und Biel bespielen. Sie hat deshalb die Ausschreibung «HKB geht an Land / La HKB touche terre» lanciert und die rund 350 Kantonsgemeinden eingeladen, Ideen für künstlerische Projekte einzureichen, die in einjähriger Zusammen­arbeit mit Dozierenden und Studierenden der HKB zur Umsetzung kommen. Gestern wurde das Siegerprojekt präsentiert: Das Rennen gemacht hat nicht etwa der Süden, das Vorzeige-(Ober)land, sondern der oft übersehene Norden. Saint-Imier und die umliegenden bern­jurassischen Gemeinden im Regionalpark Chasseral konnten mit einer spannenden Historie zwischen Industrialisierung und Anarchie und vor allem natürlich mit vielen leerstehenden Industriebauten punkten, die nun künstlerisch wiederbelebt werden sollen.

Zum Beispiel der alte Schlachthof gleich neben dem Bahnhof Saint-Imier, allein schon ein Ausflug wert (nebenbei: seltsam, was man früher als postkartenmotiv-würdig erachtet hat):

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Und dann eben: Leerräume à discretion. Was der Stadt notorisch fehlt, im Jura ist es vorhanden. Vielleicht sollte die HKB da oben eine fixe Dependance einrichten? Berührungsängste hätten die Jurassier bestimmt keine.

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Katzenrennen

Sarah Elena Müller am Samstag den 2. Juli 2016

Man stelle sich vor, man wäre VelokurierIn. Den Stress implantiert und der Funk nimmerstill. Eines Tages würde man sich zur Ruhe setzen, das Trikot weglegen, in Kurierpension gehen. Was bekommt man dann von seinen ArbeitskollegInnen zum Abschied geschenkt? Ganz klar – ein Alleycat. P1010221Gestern fand ein solches inoffizielles Velorennen, genannt Alleycat, in und um Bern statt. Die FahrerInnen fahren in Zweiergruppen mit verschlüsselten Plänen, rätselhaften Angaben und mühsamen Aufgaben und Gegenständen beladen von Posten zu Posten, das alles gegen die Zeit. Mir wurde die edle Aufgabe zuteil, einen solchen Posten zu betreuen, sprich, das Rennen zu behindern. Und das obwohl mir der Ablauf des Events schon komplex genug vorkam.
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Schlagzeuger In A Box

Milena Krstic am Donnerstag den 9. Juni 2016

Da schnappt sich einer der erfolgreichsten Theatermacher der Schweiz (Dimitri de Perrot) einen der erfolgreichsten Schlagzeuger der Schweiz (Julian Sartorius) und entstanden ist das Stück «Myousic», das gestern im Südpol Luzern Premiere gefeiert hat. KSB war dort.

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Ja, und jetzt? Dunkel ist es im Saal und vorerst passiert einmal nichts. «Ein Lapsus?», fragt jemand im Publikum, aber da ertönt es auch schon wieder aus dieser Box, in der Julian Sartorius sitzt und von dort aus Klänge in den Saal schickt.

Es ist schon eine grosse Kiste, wenn der in Neuchâtel geborene Dimitri de Perrot, der einst als DJ angefangen und später gemeinsam mit dem Regisseuren und Choreografen Martin Zimmermann die Theaterbühnen dieser Welt erobert hat (unter anderem mit «Gaff Aff» und «Chouf Ouchouf»), ein eigenes Stück realisiert und sich mit Julian Sartorius kurzschliesst.

Jetzt ist aber De Perrot nicht bekannt dafür, klassisches Stücke auf die Bühne zu bringen, «Theater» kann man die sicher nicht nennen, so wie die lustvoll am Schnittpunkt von Tanz, Clownerei und Musik mäandrieren. Drum ist bei mir die Frage aufgetaucht: Ehm, also, wird der Julian da jetzt schauspielern, vielleicht sogar tanzen?

Aber nichts da: Julian Sartorius tat das, was er am besten kann, trug Alltagskleider und spielte das Publikum mit Schlagzeug und einem Maschine-Soundpad an die Wand, währenddem die pilzartigen Lautsprecher rotierten und man die verschiedenen Sound-Schnipseleien, die da durch den Raum geschickt wurden, nicht mehr einordnen konnte: Woher kam dieses Räuspern? Und schleift da jemand einen Baumstrunk durch den Raum?

Ja. So war das. Und mehr verrate ich nicht.

Gehen Sie am 2. September 2016  am besten selbst schauen, da gastiert «Myousic» nämlich in der Dampfzentrale in Bern. 

Bad Bonn Kilbi 2016: Schmerzende Ohren und nasse Füsse

Christian Zellweger am Samstag den 4. Juni 2016

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Und dann ist es auf einmal Samstag und die Kilbi schon fast wieder vorbei. Was hat man davon bis jetzt mitgenommen? Ausser klatschnassen Sneakers (schlechte Wahl, klar)? Zum donnerstäglichen Start den düsteren Neo-Industriellen Samuel Savenberg alias s s s s, der ein pochendes, lärmiges und umbequemes Set von der grossen Bühne über die Düdinger Felder schleuderte. Das ging naturgemäss etwas verloren, so früh am Tag. Wie andernorts berichtet wird, gab es vom Luzerner aber am Freitag aushilfsweise auch noch ein Haus-Konzert, dass sich dann eher an der Tanzfläche orientierte. Den Schluss am Donnerstag machte Ty Segall mit grossen Rock-Gesten, Baby-Masken und Stagedivern. Segall kommt aus der Garage, bringt aber den Rock mit ebenso grosser Geste wie Präzision auf die Bühne – in seiner Einfachheit eine Erleichterung.

Denn zuvor waren da noch die Boredoms. In der ersten halben Stunde war das vor allem anstrengend, mit einem zu dominierenden Schlagzeug. Danach wurde es aber toll: Klänge, deren Herkunft unbestimmt bleiben muss (eine seltsame Bassbox, ein Synthie-Modul, Heringe und andere Metalligkeiten auf Lautsprecher-Membranen), die in den Ohren schmerzten. Und natürlich Julia Holter: Erstaunlich, wie genau hier die Sounds des Albums anklangen, nur schon beim Soundcheck. Beim Konzert blieb dann eine unüberwindbare Distanz, aber auch wohliges Wiedererkennen all der Details des Albums «Have You in My Wilderness».

Und am Freitag? Cate Le Bon und Jenny Hval hab ich leider verpasst, es sei aber toll gewesen, erzählt man sich. Bei den Pissed Jeans wurden erstmals die Füsse so richtig nass, wenn man mal unter dem Zeltdach der B-Stage war, mochte man nicht mehr so richtig weg, auch wenn man sonst nicht unbedingt geblieben wäre. Ebenfalls nicht so gut, weil mit der Brechstange und schlimmer Gitarre angerührt: Die Live-Umsetzung des Albums Elaenia des sonst geschätzten Sam Shepherds alias Floating Points. Die Brechstange hatte auch die laute Chaostruppe Fat White Family im Gepäck, wobei diese den lärmig-theatralischen Songs eindeutig besser anstanden. Ein versöhnlicher Abschluss. Zu den ersten Tönen der Supergroup Minor Victories ging es dann auch schon wieder auf den Zug, um bald die Schuhe unter die Heizung zu stellen.

Kilbi-Channel

Roland Fischer am Freitag den 3. Juni 2016

Sehr nett, liebe HKB, dass du gewissermassen live aus Düdingen sendest. So sauber werden die Kilbi-Schuhe heute nämlich kaum mehr aussehen (und irgendwann kommt dann auch mal noch der Sommer):

Und dass auch Musikberichterstattung am besten embedded funktionert, ist ja klar. Hoffentlich war es nicht zu hart, das Bett.

Postkarte aus dem Longvalley

Milena Krstic am Dienstag den 26. April 2016

Langenthal, du warst gut zu mir.

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Ich habe dich in #Longvalley umgetauft, aber du wirst mir verzeihen. Du bist aufgeräumt, herausgeputzt und ich habe keine/n einzige/n Nazi gesehen. «Het e guedi Jugend z Longvalley» schrieb mir M. M. und das stimmt. Das soll mensch auch in Bern wissen. Am ungere Ändi steht das LaKuZ, es gibt nicht nur Hot Food, sondern auch das Chrämi, die Traube und den Rebstock. Auf dem Wuhrplatz trifft sich die Szene, die Langete fliesst zum Meer und dUsländer wohne hinge ar Thunstettestrass.

Langenthal ist im Fall voll in Ordnung.

Ein guter Grund, um die 33 Minuten Zugfahrt von Bern ins Longvalley auf sich zu nehmen, ist die kommende Ausstellung im Kunsthaus Langenthal zum Thema künstliche Intelligenz. Die Mediengruppe Bitnik legt sich da mit Dating-Plattform-Bots an (Programme, die sich als Menschen ausgeben und ahnungslose Singles austricksen) und die Genferin Lauren Huret befasst sich mit der emotionalen Beziehung zu Maschinen. Hello Future! Ab Donnerstag, 28. April.

Mensch- und Maschinenstadt

Roland Fischer am Samstag den 16. April 2016

Noch kein Programm für das Wochenende? Dann würde sich ein Ausflug nach Biel empfehlen, zu einem Roboterballett am Sonntagabend, und vorher vielleicht noch ins Maschinenmuseum Müller. Biel ist die perfekte Stadt für diesen Steps-Programmpunkt

Zärtlich, melancholisch, sorgsam – keine Adjektive, die man normalerweise mit Mechanik in Zusammenhang bringen würde. Aber was der koreanische Tänzer und Choreograph Huang Yi mit seinem etwa lebensgrossen Industrieroboter anstellt, ist tatsächlich in vielerlei Hinsicht staunenswert. Die Maschine wird zum Gegenüber, oder zum Partner sogar, mit dem eine Beziehung möglich wird? Für ein paar Minuten jedenfalls verwischt sich die Mensch-Maschine-Grenze. Man hatte sagen hören, dass die Roboterfirma strikt verboten hatte, dass sich Mensch und Gerät in Bewegung berühren. Da hat Huang Yi schon mal einen kleinen Sieg davongetragen. Und man fragt sich, was da noch möglich wird, wenn die Sicherheit nicht mehr oberstes Gebot ist und statt der Poesie mit der rohen Körperlichkeit der Maschine gespielt wird.

Postkarte aus Hamburg

Miko Hucko am Donnerstag den 24. März 2016

Diese hier geht auch an die Lederjungs: 20160323_111504

Jawoll. Es gibt nicht nur ein Musical zum Wunder von Bern, nein, es hat gleich eine eigene Musicalhalle gekriegt. Sei scheint’s immer ausverkauft. Mit dem Schiff wird mensch von der Innenstadt auf diese Musicalinsel gefahren, ein Rundumerlebnis quasi – Bern in Hamburg. (Nein, ich werde es mir nicht anschauen, die Eintrittspreise sind leider nicht in meiner Klasse)

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Saskia Winkelmann am Samstag den 13. Februar 2016

Liebes KSB
Ich schreibe Dir aus dem grossen B. im Osten; und es ist nicht Berlin.
Es wird behauptet die Kulturszene dieser Stadt sei wahnsinnig aufregend und einzigartig, frisch, jung und wild – wie es auch von einigen anderen Hauptstädten der umliegenden Ländern gesagt wird. Ich habe nicht viel Zeit (WLAN), denn die Feldforschung wartet. Uns tut alles noch ein bisschen weh, von Tanzen und Lachen und vom Rakia. Wir haben uns heute Morgen in strömenden Regen verlaufen und kyrillische Strassenamen versucht zu entziffern (und auszusprechen). Heute: Rumlaufen und Essen! Morgen: Rumlaufen und Essen und… ehm… Kultur (und Rakia).
Bis bald.
Liebe Grüsse aus Belgrad, Stadt der Klimaanlagen,
S.

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