Seit zwei Tagen nur noch Trettmann. (Ein ganzer LKW voll mit bulgarischen Melonen, Schüblig.)
Mit automatischer Tonhöhenkorrektur und einer strikten Entsättigungspolitik in der Bildsprache hat sich das Kreuzberger Label Kitschkrieg einen guten Ruf erspielt. Prädikat Zeitgeist. Darüber thront, als unangefochtener König: Ronny Trettmann. Seit sich der in Karl-Marx-Stadt geborene Seelensänger vor zwei Jahren seines Vornamens entledigt und das karibianische Timbre merklich abgedunkelt hat, wird ihm weit über die Dancehall-Szene hinaus Respekt gezollt. Mit Recht: Keiner versteht es wie er, den Kitsch mit dem Krieg zu verheiraten, Plastik und Soul unter 1 white cap zusammenzuführen. Weiter darf man schwärmen, dass ihm auch textlich – mit der Nonchallance eines alten Hasen und unter Einbezug alter Dancehall-Gimmicks – die Dinge gut gelingen. Zuletzt: «Grauer Beton».
Eine Ballade zwischen Plattenbauten, von der Spätjugend in der Wendezeit. Das durch die Hip-Hop-Schulen tradierte Bild des Blocks – in den schlechtesten Varianten als Betteln um Realness – wird hier in sorgfältigen Schattierungen gemalt.
«Und ab und zu hielt gleich dort wo wir wohn’n
Ein ganzer LKW voll mit bulgarischen Melon’n»
Und obwohl doch unterschiedliches Terrain, der Westen von Bern und der Osten Deutschlands, klingt aus der Ferne dies Piano an:
«Es het Schüblig ggäh.»
Trettmann spielt am 03. November im Dachstock.