Belpmoos, Belpmoos… spick mi furt vo hie – oder gerade eher nicht, so wie’s auf der Abflugtafel aussieht. Wir haben ziemlich sicher den Hauptstadtflughafen mit den wenigsten Linienflügen, bloss zweimal in der Woche ist etwas im Flugplan eingetragen.
Aber heute reist man ja sowieso besser im Kopf, oder? Ist zumindest CO2-neutral. Wobei einem da leicht zwei Kategorien durcheinandergeraten: Das Reisen in Geschichten und das Reisen in andere Weltgegenden. Beide gleichermassen horizonterweiternd, versteht sich, und deshalb ja eigentlich beide sehr wünschenswert. Gestern war man apropos in Genf am CERN, wo das NIFFF und Cinéglobe Future Storyworlds spinnen liessen, von ausgewählten Kunstschaffenden. Es ging da irgendwie um Immersivität und womöglich also heutigere Möglichkeiten des Geschichtenerzählens – mithin auch des als «echt» empfundenen Eintauchens in andere Welten, Stichwort virtuelle Realität. Löst sich da etwa die Grenze zwischen fiktionalen und realgeografischen Anderwelten auf? Wäre VR also nicht nur die Zukunft des Geschichtenerzählens, sondern auch die Zukunft des Reisens? Emirates hat kürzlich ein Konzept für ein Flugzeug mit «virtual windows» vorgestellt, «draussen» passiert da nur noch auf dem Screen. Man kann das dann auch auf Zugreisen, auf Hotelfenster und Stadtrundfahrten ausweiten: Dann braucht man sich an diese Anderorte gar nicht mehr zu bewegen, man kann den Sonnenuntergang am Meer oder die Fahrt durch Sibirien auch programmieren.
Jedenfalls stellt sich die Frage derzeit drängender denn je: Gibt es ein richtiges Reisen im falschen, auf diesem seltsamen Kurs, den das Raumschiff Erde seit einer Weile eingeschlagen hat? Und mit dieser gross gestellten Frage – und ihrer Dringlichkeit – erklärt sich wohl auch der Erfolg eines eigentlich sehr unauffäligen Films: Weit – Ein Weg um die Welt. Einmal um die Welt reisen ohne zu fliegen, so einfach ist die Ausganngslage, und so einfach gestrickt ist dann auch der Film: Eine Chronologie von schönen Bildern, staubigen Strassen, struben Momenten. Immersiv ist das durchaus auch, einfach mittels des alten Dok-Erfolgsrezept: Der Emotionalität der Bilder vertrauen und zwischendurch eine eingängige Stimme aus dem Off, die Distanz in Nähe verwandelt. «Reisen heisst Phantasien durch Erfahrungen ersetzen», heisst es ein paarmal sehr programmatisch im Film. Das Seltsame dabei: Dieser Film ist selber ein Phantasmorgon, ein Statthalter, eine Fiktion. Ganz in der Tradition der Grand Tour, die früher ja auch stellvertretend von Aristokraten, Künstlern, Intellektuellen absolviert wurde. Diese brachten dann allerlei Stimulanzien mit nach hause, in Form von Bildern, Büchern, Wunderlichkeiten – das heisst letztlich: in Form von Geschichten, die Sehnsucht gleichzeitig weckten und befriedigten.
Weit läuft (noch ein letztes Mal?) morgen in der Matinee im Kellerkino.