Gestern sang, tanzte und bezirzte Božo Vrećo in der Turnhalle des Progr: ein Abend irgendwo zwischen Magie, Erstaunen und Ergriffenheit.

«Ha, lug itz, die ganzi Jugo-Connection ist da», begrüsste mich eine liebe Bekannte und wir umarmten uns. Ja, tatsächlich, da war die ganze Jugo-Gemeinschaft versammelt in der Turnhalle des Progr, weil Bee-Flat wieder einmal ein programmtechnischer Clou gelungen ist: Bosniens exotischster Kunstexport Božo Vrećo war in Bern zu Gast.
Inmitten des Saales stand sein Mikrofon, drei kleine Lichtpunkte komplettierten das Bühnenbild. Vrećo alleine ist Schmuck genug, seine Stimme Spektakel genug. Mit viel Halleffekt erzeugte er ein Ambiente, als sässe man in einer Kathedrale und sang in wärmstem, klarstem Sopran eigene Kompositionen und Sevdah Lieder, traditionelle Stücke aus dem Bosnien des 15. Jahrhunderts.
Worum es in Vrećos Liedern geht? Sagen wir es einmal so: bittere Liebesgeschichten, aber auch solche mit fröhlichem Ausgang, Zwangsheirat, Mutterverehrung und die Vergänglichkeit des Daseins eines allen. Verständlich, wenn sich manche Anwesende geärgert haben, dass Vrećo nicht ein paar Worte mehr auf Englisch gesagt hat. Küre fand aber, dass es doch schon okay wäre, wenn man halt mal nicht alles verstehen würde. Die Musik spreche schliesslich für sich. Nun, da kann ich nicht mitreden, ich hoffe nur, dass es für niemanden ein Grund war, das Konzert nicht geniessen zu können.
Vrećo, dieser an einen Derwisch erinnernden Menschen in hohen Hacken, erschien wie ein Wesen aus einer parallelen Welt, es schien, als wolle er uns zeigen: Hey, alles ist möglich, wenn da nur genug Einfühlungsvermögen vorhanden ist. So pickte er sich immer wieder eine Person aus dem Publikum, hielt ihre Hand, strich ihr durchs Haar und es war, als würde er einen Segen sprechen.
Klar, da waren diese Playback-Einspielungen, die an den Eurovision Song Contest erinnerten. Aber alles in einem war Božo Vrećos Auftritt eine Offenbarung, ein Zeugnis dessen, weshalb es sich lohnt, für ein Konzert das Haus zu verlassen und sich einzulassen auf die musikalischen und menschlichen Kostbarkeiten, welche die Welt uns zu bieten hat.