Archiv für die Kategorie ‘Fiction and Facts’

Sie scheint bright wie ein Diamond

Milena Krstic am Freitag den 23. Februar 2018

Heute Abend wird es in Bern einen Ort geben, an dem Poesie, Humor, Lust und Leidenschaft sich zu einem vergnüglichen Ganzen einen. Dafür verantwortlich ist die Jurasser Tänzerin Eugénie Rebetez.

Foto: zvg

Sie saugt die Zigarette aus, stülpt sich den Putzeimer über den Körper und verwandelt einen roten Teppich in eine Märchengestalt: Ja, so kann er auch gehen, der gute alte Tanz. Ich habe viele schon schwärmen gehört von dieser Frau, die mit dem Genre Tanz umgeht, als wäre er ein knautschiges Kissen, das sich herzlich drücken lässt. Sie knetet und gleitet und lacht und leidet, dass es für das Zuschauen eine Wonne ist.

Für ihr neues Solostück «Bienvenue» traumtänzert sich Eugénie Rebetez einem Fellini-Film gleich durch verschiedenste Stationen (Inszenierung: Martin Zimmermann), mal quasselt sie in einer Cocktailbar, mal putzt sie zu Rihannas «Diamonds» die Wohnung des Herrn Monsieur und mal enerviert sie sich, weil das Kind nicht vorwärts macht.

Ich hatte das Glück, mich gestern Abend in dieses Vergnügen stürzen zu dürfen. Man gleitet da irgendwie mit, fällt in einen Zustand zwischen Fakten und Fiktion und am Ende ist man verliebt in das Leben.

«Bienvenue» wird heute Abend noch einmal gezeigt. In der Dampfzentrale ab 20 Uhr.

Achtung – Raumstation auf Autobahn A1 Richtung Schönbühl!

Urs Rihs am Mittwoch den 26. Juli 2017

Plötzlich herausgerissen aus der fliessenden Selbstvergessenheit – nicht auf der Suche nach sich selbst beim Glasbrunnen, sondern auf dem Hund im Grauholz. Unverhofft, ein Örtchen Stadtkultur am Rande der Autobahn.

Auf der Heimreise vom Jura – dehydriert, übernächtigt und brutal hungrig. Ein Notstopp auf der Raststätte – Grauholz – mit sturmer Birne und zittrigen Händen. Kaffee plus Zopfsandwich, sitzen im Schatten der Tankstelle.

Da, mitten im Lärm der Blechlawine, plötzlich dieses Gefühl, im Würgegriff des bewussten Augenblicks. Eine Mischung aus Fernweh und Heimatgefühl, schauderhaft. Zu nah am Wasser gebaut für sowas – Scheisse!

Vielleicht weil der Kuno hier in seinem Chare einem Hit entgegenrauschte, auf dem Weg zu seinen Liebsten am Züri Flughafen.

Vielleicht weil das Grauholz früher immer erster oder letzter Halt ausserhalb der vertrauten Atmosphäre war. Vor einem Ausflug in die weite Welt oder nach der Rückkehr aus den Ferien. Wie eine Raumstation, schimmernd im gleissenden Sonnenlicht – weiss es nicht, nur dass es hart ans Eingemachte geht.

Zurück im Wagen geht dafür das Radio nicht. Ein Gedanke blitzt auf – am klarsten scheinen Dinge bisweilen an ihren Rändern, an der scharfen Trennlinie zum Anderen. So auch dieses Kultörtchen, unerwartet an dieser Stelle, einbetoniert zwischen Tankstutzen und Autobahn, an der Grenze unserer Stadt.

Im Schatten der Station – auf dem Orbit A1 – Richtung Mikrokosmos Bern

Frisch gepresst #4 «KASPASE 7»

Urs Rihs am Donnerstag den 29. Dezember 2016

«Frisch gepresst» die Serie auf KSB. Bringt zum Vorschein, was in feuchten Kellerstudios und synthesizerbestückten Dachböden unserer Stadt an Mukke produziert wird – vornehmlich Elektronisches, aber grundsätzlich alles was direkt ab Presswerk Spulwerk auf in meinem MK Kassettenrekorder landet.

Eigentlich wollte ich zuhause nur gemütlich meine Grippe durchziehen, als plötzlich eines meiner Burner klingelte, kurzerhand den Jakob Ejersbo – LIBERTY – zur Seite gelegt und rangegangen: «Hey it’s NARCO MARCO here, I have some re-up for you Suave, tapework called ‘KASPASE 7’, get it at the spot, over and out!»
Ich werf den Knochen beim Rausgehen in die nächste Tonne, wie hat der nur diese Nummer gekriegt? Naja, auf zum Spot und die Ware begutachten, bleibt ja nichts anderes übrig, trotz üblem Katarrh, that’s business.

Die Ware ist – wie erwartet – vom Feinsten. Da gibts nichts zu husten, sauber gespult, schön geschnitten, rough street-stuff für Audiofetischisten. Die Kassette knallt, die Tonbandsättigung tut das Ihrige dazu bei, brutal warm, dicke Bässe, prägnante Höhen, leichtes Hintergrundrauschen, 80‘s style. Like riding the golden dragon…

Liebhaberhandwerk, sowieso nichts besser als das «there is nothing stronger than the heart of a volunteer nerd» hat mal einer gesagt, true shit.
Die Integrität von Enthusiasten; eines der besten Heilkräuter gegen Misanthropie. Aber Schluss jetzt mit Metaphysik und back to topic, da wummert schliesslich immer noch – schön roh und dreckig – ein neues Tape in meinem Walkman. Diesen Beitrag weiterlesen »