Archiv für die Kategorie ‘Elektronisches’

Taking Drugs To Make Music To Take Drugs To

Christian Zellweger am Donnerstag den 11. Februar 2016

giphy

Eigentlich wirkte Peter Kember, als auch sein Vor-Act aus Basel, Papiro, einigermassen nüchtern. Aber der Titel dieser Veröffentlichung der Shoegaze-Miterfinder Spacemen3 von 1990 musste irgendwo unterkommen. Gleich im Beitrags-Titel passt das ganz gut, schliesslich steht er ja auch quasi ganz am Anfang von dem, was es gestern in der Dampfzentrale bei Psychedelic Hinterland zu sehen gab.

Spacemen3-Mitbegründer Kember hat sich mittlerweile als Sonic Boom/E.A.R. längst auf analog hergestellte elektronische Musik verlagert. Das hat – auch in Zeiten des grossen Analog-Revivals – einen Retro-Touch im besten Sinne (bei den Visuals vielleicht einfach: einen Retro-Touch). Während es bei Papiro bisweilen fast lieblich melodiös wurde, betrieb Kember seine Audio Research auch in tieferen Frequenzen und mit wuchtigeren Beats, ein weniger idyllischer Trip.

«Maybe dedicated, but small», schätzte Kember sein Publikum einst selbst ein. So wenig Leute waren es gestern nicht mal, auch wenn die (grossartige Idee!) Liegestuhl-Bestuhlung da sicher noch was kaschierte. Dedicated aber schon: Sich vom Theatersessel aus zur Standing Ovation hinreissen zu lassen ist das eine – aus dem Liegestuhl ist das aber nochmals was anderes.

Zwischen frischen Bettlaken

Milena Krstic am Montag den 1. Februar 2016

Seit der Berner Pablo Nouvelle vor drei Jahren sein Debüt veröffentlicht hat, munkelt es aus allen Ecken der Hauptstadt: «Der ist nicht mehr lange bei uns, der schaffts da draussen in der grossen Welt.»

Nun ist der Mann zurück und präsentiert sein neues Album «All I Need». Ich habs mir noch nicht angehört, deshalb hüte ich mich vor einer fundierten Kritik. Aber ich nehme an, dass die Single «I Will», mit der samtenen Stimme des Sängers Sam Wills, einen repräsentativen Einblick in das Werk bietet: tiptop schöne Musik, sauber produziert und durchgetaktet und wer das mag, mag auch polierte Badezimmerfliesen.

Sehr cool finde ich das Video, eine Ode an die möglichst vielseitige Nutzung eines Bettes, wechselnde LiebespartnerInnen, den Wunsch, endlich richtig Gitarre spielen zu lernen und verpennte Sonntage mit tätowierten Schönlingen.

Pablo Nouvelle ist ab März live zu sehen. In Bern am 18.3. im Bad Bonn und am 27.3. am Bee-Flat im Progr. 

Ein Portrait der Maschine als junger Künstler

Roland Fischer am Samstag den 30. Januar 2016

Oder so ähnlich. Wer sich auch immer schon mal von einer Maschine portraitieren lassen wollte: auf nach Yverdon, ins Musée d’Ailleurs, das wunderbare kleine Science-Fiction-Museum mit angeschlossenem Jules-Verne-Archiv (unbedingt auch die herrliche Bibliothek anschauen!). So wurde der Autor von der Maschine verewigt:

tresset

Man kann sich kürzer oder ausgiebiger zeichnen lassen – es gibt drei verschiedene Stationen. Und versprochen: man wird sich nicht langweilen, so simpel die Idee der Arbeit, so verspielt ist die Umsetzung. So Modell zu sitzen lässt einen auf sehr amüsante Weise über die Grenze von Mensch und Maschine nachdenken. Und wer dazu noch Locken hat, wird umso mehr Spass am zeichnerischen Können der Maschine haben.

Aber nicht lange zuwarten! Die tolle Installation von Patrick Tresset läuft nur noch bis Sonntag, im Rahmen der aktuellen Ausstellung über Roboter. Und da gibt es noch eine Menge anderes zu entdecken – der Roboter ist nicht umsonst eine der ikonischen Figuren der Science-Fiction-Welt. Die in ganz verschiedenen Schattierungen daherkommt, vom trotteligen Helfer bis zum zur monströsen Gefahr für die Menschheit. Was ist eine Maschine – das ist dann immer auch die Frage: was ist der Mensch?

Elektronisches zwischen Kakteen

Gisela Feuz am Montag den 7. Dezember 2015

Im Botanischen Garten wird die Adventszeit etwas anders gefeiert. Zwar leuchten auch hier Lichter dem Suchenden den Weg durch den BoGA zum Sukkulentenhaus, dort landet man aber nicht an Jesus’ Krippe sondern bei überdimensionalen Kakteen und elektronischen Klängen. Im Rahmen der Reihe ADV3NT, welche die Herren von Everest Records ins Leben gerufen haben, bedienen Klang-Künstler jeweils sonntags ihre Gerätschaften zwischen Agaven und Kakteen. Gestern tat dies Bigeneric aka Marco Repetto, der während einer Stunde ambiente Elektro-Klänge zu einer sphärischen Landschaften zusammenbaute.

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Das Sukkultentenhaus bietet eine Kulisse sondergleichen für das ADV3NT-Unterfangen, zumal man umgeben von Kakteen, Agaven, Milchbaum und anderen Dickfleischern plötzlich auch in den elektronischen Klanglandschaften organische Spuren zu erkennen glaubt. Mal wähnt man sich auf hoher See, hört Wellen rauschen, Möwen kreischen, Taue ächzen und Segel im Wind flattern. Dann wieder hämmert ein Buntspecht gegen einen Baum, ein Kojote heult sehnsüchtig in der Distanz und eine Klapperschlange richtet sich rasselnd auf – einwandfreies Kopfkino.

Dass Pflanzen auf Klänge reagieren, ist ein physikalischer Fakt. In jeder Pflanzenzelle befinden sich Membranen, die auf Schallwellen reagieren, was sich wiederum auf das Wachstum von Pflanzen auswirkt. Gemäss dem französischen Physiker und Musiker Joel Sternheimer ist dabei die Klangfarbe entscheidend: Sanften Klassiktönen wird wundersame Wachstumswirkung nachgesagt, Heavy Metal hingegen lässt die Gewächse eher verkümmern. Wie sich elektronische Klanglandschafen auf Sukkulenten auswirken, konnte gestern nicht eruiert werden. Sich die dickfleischigen Blätter durchmassieren zu lassen von einer tieftonigen Schalwelle, kann so verkehrt aber auch nicht sein. Beschwert hat sich jedenfalls keiner von den stacheligen Kollegen.

In der ADV3NT-Reihe treten am 13.12. Simon Grab (ZH) und am 20.12. Bruno Spörri (ZH) und Julian Sartorius (local hero) im Sukkulentenhaus im Botanischen Garten auf. Barbetrieb «Naschmarkt» jeweils 17 – 19h, Konzertbeginn 17:30h.

Brüderliches Kalendieren

Roland Fischer am Dienstag den 1. Dezember 2015

Advent, Advent, und so weiter und so fort. Der grosse Countdown auf Weihnachten hin hat ja für die meisten nicht mehr so viel mit der Magie der Kindertage sondern eher mit einer Es-müssen-ja-noch-Geschenke-besorgt-werden-Deadline zu tun. Umso schöner, dass sich manche Leute darum tun, die Adventskalendertradition ein wenig anders zu interpretieren. Schöner Zufall auch, dass uns ein Brüderpaar mit klingendem Namen in den nächsten Wochen täglich ein audiovisuelles Geschenk beschert: Benedikt kümmert sich um die Tonspur, Julian um das Bild.

Hier die Ausbeute des Starttags:

Der Tonspuren-Adventskalender ist wieder da. Bis zum 24. Dezember gibts hier täglich persönliche Lieblingslieder und Platten des Jahres, Übersehenes, Neues und allenfalls auch Gastgeschenke. Hinter dem ersten Türchen: ein Beinahe-Neumitglied der Kwesachu-Kate-Tempest-Gang.

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«Marvin Gaye ist ein Gott für mich»

Gisela Feuz am Samstag den 28. November 2015

Ein reines Spassding sei es gewesen, dann habe sich der «Cheib» im Netz selbständig gemacht und nun habe tatsächlich Universal Music angerufen. «Ich werde Millioooooonen verdienen!! Besuch mich in meiner Hacienda auf Ibiza, Baby!!», so die nicht ganz ernst gemeinte E-Mail-Ankündigung des Berner Musikers und Produzenten Simon Baumann. Dass er kaum Geldberge mit seinem Remix des Marvin-Gaye-Klassikers «Sunny» scheffeln dürfte, ist ihm sehr wohl bewusst. Aber darum geht es Baumann auch gar nicht. «Es ist extrem ok, dass ich bei diesem Universal-Deal wahrscheinlich derjenige bin, der am wenigsten verdient. Marvin Gaye ist ein Gott für mich und ich fände es falsch, wenn ich mit einem seiner Songs Kohle machen würde. Das schöne ist aber, dass ‘Sunny’ nun wieder mehr gespielt wird.»

Entstanden ist der Sunny-Remix vor zwei Jahren, als Baumann regelmässig als Teil des DJ-Duos Mercury quer durch die europäischen Clubs tingelte. Am Schluss der house- und technolastigen Sets habe er immer gerne eine Nummer eines komplett anderen Genres aus dem Plattenkoffer geklaubt und so sei er überhaupt erst auf die Idee gekommen, einen Klassiker zu pimpen. Der Marvin-Gaye-Remix fand seinen Weg ins Netz, wo er auf verschiedenen Plattformen über drei Millionen mal gespielt wurde. Eines Tages ploppte dann eine Nachricht in Baumanns elektronischen Briefkasten, Absender waren die Produzenten der Kult-Serie «Breaking Bad», welche seinen Remix für ihre neue Serie «Ray Donovan» gebrauchen wollten. Aus rechtlichen Gründen produzierte Baumann dann aber «nur» den Song-Teppich, worüber die Schauspieler selber sangen. In der Serie wurde also eine Cover-Version verwendet, auf welche dann aber wiederum die Leute bei Universal Music America aufmerksam wurden. Für das grösste Label der Welt war es dann offenbar kein Problem mehr, die Rechte an Marvin Gayes Stimme zu bekommen und so findet sich nun Baumanns bzw. Baumons originaler Remix auf dem Sampler «Remix the Classics, Vol. 1» wieder.

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Da will ein Baumann hoch hinaus. Foto: Tom Etter

Er ist ein Tausendsassa, dieser Baumann, der sich nicht nur in der elektronischen Szene tummelt, sondern auch in Bandformationen mittut. Seine musikalische Karriere begann einst in der Jugendmusik Bern-Bümpliz, wo er doch eigentlich viel lieber Trompete gespielt hätte, vom Leiter aber zum Waldhorn verdonnert wurde. Zwei Jahre lang habe er sich seinem Horn-Schicksal gefügt, aber die grosse Liebe sei es nie geworden. Viel lieber sei er jeweils mit den Schlagzeugern rumgelungert und so kam es, dass Baumann mit 15 sein Waldhorn an den Nagel hängte und fortan mit Schlagzeugstöcken fuhrwerkte. Ausser seiner Jugendmusik-Ausbildung habe er eigentlich keine professionelle musikalische Ausbildung, erklärt der Autodidakt grinsend. Das hindert ihn aber nicht daran, bei einer gefühlten Trillion Projekten mitzutun. Auswahl gefälligst? Schlagzeuger bei Stefan Eicher, Hank Shizzoe, Don Li, Kutti MC, One Shot Orchestra, Baze, Perkussionist bei Konzert Theater Bern und Opernhaus Zürich, Remixer und Produzent für Mercury, Bonaparte und True und lebende Jukebox bei Baumon & Favre. Bei so viel Engagement und Talent wird’s bestimmt auch bald mit der Hacienda auf Ibiza klappen, Baby.

 Simon Baumann spielt morgen Sonntag um 17h im Orbital Garden in der Reihe Artists Favourites diejenigen Songs, die zu seinen liebsten gehören und sein Schaffen geprägt haben. Momentan sei er noch bei 18 Stunden Material – am Sonntag sollten es dann noch 40 Minuten sein. Weiter in der Artists-Favourites-Reihe: 13.12. Simon Ho.

a=f/m :: Aporien EP

Saskia Winkelmann am Dienstag den 24. November 2015

Ich muss schon wieder über Musik schreiben. Mir ist nämlich ein sehr interessantes Tape untergekommen.

alphalpha

Schon länger geistern Tracks von einem Duo mit dem unaussprechlichen Namen, der einem so schon mal im Physik-Unterricht untergekommen ist, aus dem Dunstkreis Bern-Luzern in meinem Newsfeed rum. Sie selbst kürzen sich meist nur mit Alpha ab.

α=f/m steht nicht nur für Bewegung, sondern auch, seit der Kollaboration von Rolf Laureijs (seines Zeichens Wahlberner, Wavering Hands Head und HKB-Student) und Belia Winnewisser,  (aka. Palus Somnii, Mitglied von Silver Firs und Evje) für nicht weniger und für viel mehr als epischen Pop. Auf dem hiesigen Label Oh, Sister Records gibt’s nun endlich ein Release.

Kein Problem, ich hab euch den Tipp gern gegeben.

α=f/m spielen heute im Fri-Son und am Samstag im Südpol Luzern. Die EP Aporien erscheint am 27.11.2015 als Tape mit Download-Code auf Oh, Sister Records.

Kultur allein Zuhaus

Saskia Winkelmann am Freitag den 13. November 2015

Menschenfrei Kultur geniessen in den eigenen vier Wänden. Tipps und Tricks. Diesmal ein Snyth-Pop-Mix  aus Wien und Ambientig-Droniges aus Bern.

Ich warte seit Monaten auf Beantwortung meines Antrages auf Prämienverbilligung. Manchmal nage ich an einem trockenen Stück Brot, während ich am Jahrhundertroman schreibe. Manchmal lade ich Leute ein, die bringen dann Wein. Oder ich blogge. Und dann brauche ich wieder den nächsten Schuss Kultur. Aber es ist so: Manchmal kann – oder will – ich nicht raus. Darum gibt es das Internet. Kultur allein Zuhaus ist möglich. Heute ist mir schlecht. Item.

1. Zu Minztee mit Zitronensaft

Voilà, mein persönlicher Mix der Woche. Synth-Pop und Italo-Disco Platten, fast nur 80er Perlen. Das ist der neuste Wurf von Bcksrckr, ich würde Mal sagen, einer der Menschen mit der besten Plattensammlung in Wien, einer grosse Stadt im Osten, die Bern gar nicht so unähnlich ist, im Fall (Belege? Nö. Aber ich kenn mich mit der Stadt bissi aus), von Goldcut Crates  Mal abgesehen. Beide gehören zu Whistleblower Publishing. Loset!

2. Zum Repetieren: To Stay Here Is My Right

Und das ist ein Nebenprojekt von Till/Tape (Bons Vivants) namens Antill Tape. Trifft meine November-Stimmung genau. Lange nichts mehr in der Richtung aus Bern gehört. Ich bin sehr gespannt auf mehr!

Praise the Internet. In Bern und überall. Amen.

Till/Tape spielt am 20. November im Dachstock mit Ulf Eriksson und  Sebastian Muellhart im Rahmen einer Midilux-Sause. Und Züge von Bern nach Wien fahren täglich vier Mal (mit nur einmal Umsteigen.) Übrigens: Wien ist auch Thema im aktuellen Zeit-Magazin. Erhältlich ab heute. Just in case.

Moonboots, Seifenblasen und Silberhosen

Milena Krstic am Donnerstag den 12. November 2015

Es ist eine ganze Märchenwelt, die Bilderbuch gestern Abend auf die Bühne des Bierhübeli gezaubert haben.

Bilderbuch im Bierhübeli

Erfreulich, die Verwandlung, welche die österreichische Band Bilderbuch durchgemacht hat: Im Jahr 2009 waren sie noch eine klassische Rockband mit deutschen Texten, nichts besonderes, möchte man sagen, ein paar Jungs, die Gitarrenmusik mögen.

Und vier Jahre später dann das:

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Flimmern #19

Oliver Roth am Mittwoch den 14. Oktober 2015

In dieser Serie präsentiert Ihnen KSB das Flimmern zur Wochenmitte.

Der zweite Teil der Video-Reihe führt fort, was der erste Teil angefangen hat, und verkettet kurze Videos. In den wöchentlich, seriell geschalteten Aufnahmen schimmert oft ein Ausschnitt aus dem grossen Ganzen durch: Das Flimmern. Es kann ein flüchtiges Lichtspiel schummriger Stunden sein, ein klares Signal oder Zeichen aber auch ein zittriges, verschwommenes Unbekanntes. Schauen sie gut hin, hören sie genau zu.

Die Videos dieser Reihe stammen aus dem Archiv unseres Autoren und sind an unterschiedlichen Orten vor allem auf Reisen und unterwegs gesammelt worden. Für Urheberrechte wird nicht gehaftet, Vorsicht vor Strobo-Licht und Schwindel.