Es ist ein Geschenk unserer Zeit, dass wir über DJ-Sets schreiben dürfen in der Erscheinung als kleine Kunstwerke. Zum Beispiel letzthin dank Sképson.

Sképson, Produzent und DJ. Photo: Nicu Strobo (www.nschmid.ch)
Tobias Jakob ist ein stiller Mann und Schaffer. Keiner, der aus unsauberen Motiven hinter dem Pult stehen würde. Wegen den Girls oder den Gratisgetränken. Oder den geckenhaften Moves, mit denen Einfallslosigkeit an den Reglern gerne kompensiert wird: Kopfhörer lässig eingeklemmt zwischen Schulter und Ohr, der tätowierte Arm nach dem einen Potie ausgestreckt, als gälte es, eine Heldenstatue der eigenen Männlichkeit zu werden, bevor mit gymnastischer Verve der Bass gedroppt, gedienstleistet wird, an jener Stelle, da der Saal ihn nach sechzehn Takten verlangt hat, das Controlpad am Glühen, der Scheiss ist lit, schnell wieder hochziehen und sich dann laben in der Dusche verzückten Gekreisches aus der ersten Reihe. Nein, so einer ist er nicht.
Die Rechnung ist eine umgekehrte: Jakobs Bühnen-Ich Sképson steht da in recht unspektakulärer Konzentration. Wenn es einen gäbe, der seine Steuererklärung im Stehen ausfüllte, sähe das vielleicht ganz ähnlich aus. Der Witz kommt aus den Boxen. Verträumte Synthesizergewebe im Donnergrollen. Grollen, das über einen hereinbricht, wenn man sich gerade die Zigarette anzuzünden im Begriff ist. Das Unerwartete und Schelmische reitet immer mit auf Sképsons dringlichem Ritt durch wohlkuratierten Techno und Eigenkompositionen hie und da. Und der Zweifel: Jeder draufgängerischen Wendung scheint auch ein Rest Unsicherheit anzuhaften, die eben dort entsteht, wo die gängigen Regeln der eigenen intuitiven Kraft entgegenlaufen. Kunst halt.
Zuerst war das DJ-Set nicht mehr als die Summe seiner Bestandteile. Im besten Fall gut erlesene Stücke, so aneinandergereiht, dass niemand am Schwofen gehindert ward. Das Set aber als eigene Grösse, in der das Ausgelesene aufgeht in einer selbständigen Geschichte, es ist ein Geschenk unserer Zeit. Und Sképson, der ewige Zweifler, stille Draufgänger; ein wahrer Held derjenigen, die zum Tanzen auch die Ohren spitzen.
Aus dem Rössli, 27. April:
Sképson ist nur einer vom Label «Tiefgang Recordings», das die lebendige Berner Technoszene seit Jahren um eine bittersüsse Note bereichert.