Archiv für die Kategorie ‘Film & Fotografie’

Lichtspiel

Daniel Gaberell am Montag den 19. Februar 2007

Bern ist eine Kinostadt. Wer sich an einem Samstag- oder Montagabend um Halbelf einen Weg durch die Menschenmassen rund um den Bubenbergplatz bahnen will, wird dieser Behauptung unweigerlich beipflichten.

LichtspielKiinoEtwas weniger massig aber nicht minder kinomässig geht es jeweils an der Bahnstrasse 21 im Lichtspiel zu und her. In einem ehemaligen Chocolat Tobler Fabrikgebäude in Bern werden seit dem Sommer 2000 kinematographische Schätze geborgen und längst vergessene Filme auf die Leinwand zurückgeholt. Die Bar und die alte Kinobestuhlung stehen in Mitten dieser Trouvaillen (unzähligen Projektoren, Filmrollen, Gestellen mit technischen Geräten) und auch ganz wunderschön ist der dreistufige Klang des ebenfalls vergessenen Gongs, der viele Jahre lang unserem Gehör die Assoziation «Kino» akustisch näher brachte.

Zum Beispiel heute Abend: gezeigt werden Kurzfilme aus den Anfängen des Filmkurses der Schule für Gestaltung.

Drei Gründe

Manuel Gnos am Montag den 5. Februar 2007

Blick in den Vorführsaal des Cinématte mit der neuen Bestuhlung. (Bild zvg)Es gibt drei Gründe, nicht ins Kino in der Cinématte zu gehen: der Heimweg (insbesondere, wenn es Winter ist, man zum Beispiel im Breitenrain wohnt und mit dem Velo unterwegs ist), die Bestuhlung (zwar enorm chic, aber nicht im gleichen Masse bequem) und das Danach (wenn man nach dem Film in einem der Sofas bei der Bar gemütlich ein Zwickel sich zu Gemüte führen möchte, man aber in eine Lindy-Hop-Meute gerät).

Und es gibt drei Gründe, sich von solchen Nichtigkeiten nicht beeinflussen zu lassen: das Programm (zurzeit läuft neben einer Terry-Gilliam-Reihe die Robert-Altman-Retrospektive, heute Abend noch einmal der sensationelle «Short Cuts» aus dem Jahre 1993), das Davor-und-Danach (denn in der Cinématte gibt es die wohl schönste Bar der Stadt – auch wenn sie seit der Überschwemmung von 2005 etwas zu geschmäcklerisch daherkommt) und das Während (weil man sein Glas Wein, sein Zwickel oder seinen Campari Orange mit ins Kino nehmen darf).

Stranger Than Fiction

Daniel Gaberell am Samstag den 27. Januar 2007

Kleine Nachricht von grosser Wichtigkeit: Mit STRANGER THAN FICTION gelang unserem Marc Forster ein Hammer-Film. Um es kurz zu machen: hingehen und anschauen – mehr gibts dazu nicht zu sagen.

Babel

Daniel Gaberell am Mittwoch den 24. Januar 2007

Poster«Ich musste vorhin weinen, das ist mir im Kino schon lange nicht mehr passiert!», erklärte mir meine Kinofreundin. «Warum denn und bei welcher Szene?», wollte ich wissen, während ich meinen Renner (Tigra) von der Kette befreite. «Am Schluss», erklärt sie, «dort wo die zwei Buben xxxxxxxx» (an dieser Stelle sei mal nicht zuviel über den Ausgang des Filmes verraten). «Mmhmm» nickte ich etwas nachdenklich…

Nachdenklich deshalb, weil ich mir nicht sicher bin, ob Babel nun ein guter oder eben doch ein schlechter Film ist. Cate Blanchett und Brad Pitt spielen ihre Nebenrollen solide (wobei das Gesicht von Cate eigentlich gar nie zu sehen ist).

Aber sonst?

BradGefallen haben mir vor allem die Altersspuren von Brad. Ja, Sie lesen richtig, der Mann kommt in die Jahre und das tut ihm verdammt gut. Auch schön anzusehen: Die Rolle des betrunkenen und rebellischen Mexikaners, gespielt von Gael Garcia Bernal (La mala educacion, Diarios de motocicleta u.a). Und: Die Teilnehmer der organisierten Touri-Reise sind wunderbar und wohl sehr authentisch dargestellt.

Aber sonst?

Brutal lustig

Grazia Pergoletti am Montag den 22. Januar 2007

Helge SchneiderDie Vorstellung von Dani Levys neuem Streifen «Mein Führer» gestern um 18.30h war eher dürftig besucht. Ein Indiz dafür, welche Macht die Kritik eben doch hat, oder einfach Zufall.

Als echter Levy-Fan hatte ich schon etwas Angst, enttäuscht zu werden. Oder gar peinlich berührt. Aber nichts davon! Dieser Film ist weder harmlos, noch verharmlosend, er hat bei mir null falsches Mitgefühl hervorgerufen, hingegen fand ich ihn wirklich sehr komisch und herausragend gespielt.

Natürlich ist es recht gewagt, Hitler als Produkt einer unglücklichen Kindheit zu zeigen. Doch wird diese These immer wieder ironisch gebrochen, so dass weder falsche Sentimentalität noch unangebrachtes Pathos aufkommen. Sehr wohltuend.

Helge Schneider ist schwer beeindruckend – hätte ich ehrlich gesagt so nicht erwartet! Auch Ulrich Mühe als jüdischer Schauspiellehrer Grünbaum und Sylvester Groth als Goebbels sind eine Wucht. Nicht zu vergessen der Berner Stefan Kurt in der Rolle eines zärtelnden Hitler-Verehrers.

Im Zusammenhang mit der Aufführung der israelischen Tragikomödie «Sieh mich an und sprich» am Stadttheater wurde auch heftig darüber diskutiert, ob man über diese Art der Verarbeitung lachen kann und soll. Ich konnte gestern sehr lachen: «Mein Führer» tut weh und ist brutal lustig.

Blutrünstige Angelegenheit

Frau Götti am Freitag den 5. Januar 2007

The Departed (von oben): Martin Scorsese, Jack Nichilson, Matt Damon und Leonardo Di Caprio. (Bilder zvg)Den neuen Scorsese schon gesehen? Also ich hab das Jahr ja mit dem Herrn und seinem neuen Thriller «The Departed» begonnen.

Ja, ja, Herr Sorsese hatte gut lachen beim Drehen.

Es muss Spass machen, mit Stars vom Kaliber dieser Herren zusammenzuarbeiten.

Auch ist es zweifelsohne lustig, mit Ketchup rumzuspritzen und so, um all die Erschiessungsszenen auch richtig echt hinzukriegen.

Aber ich sage Ihnen: Zum Anschauen im Kino ist das dann gar nicht mehr so spassig. Man ist sich ja zwar einiges gewohnt heutzutage, nicht. Aber dermassen lebensecht und ohne den «Verfremdungseffekt» Humor (wie etwa bei Quentin Tarantino)… Also ich bin jedes Mal wieder zusammengezuckt. Und um all die Brutalität zu ertragen, ist der Plot doch ein wenig gar dürftig. Finde jedenfalls ich.

Marx, Brother?

Grazia Pergoletti am Donnerstag den 7. Dezember 2006

Passend zum voran gegangenen Beitrag komme ich jetzt auch noch – hintendrein, wie die letzte Eisenbahn – mit dem Thema Borat.

Borat in TownIch habe mir den Film mit meiner Tochter angesehen und wir haben vor Lachen mächtig Popcorn zwischen die Sitzreihen verschüttet. Man hat ja schon fast alles über Borat gelesen, ja. Dass er an meinen allerallerliebsten Groucho Marx erinnert (nicht nur sein Schnurrbart, übrigens, auch sein Gang), dass er ganz ein Kluger ist, dass das auch eine Art Kunst ist, was er da macht und so weiter. Hinzu fügen will ich vielleicht noch, dass der Typ echt Courage hat und der Film sehr politisch ist, und mir das Lachen öfter im Halse stecken blieb, als erwartet.

Und ja, dass das Ganze irgendwie Style hat. So etwas, wie diese Nackt-Catch-Szene zwischen ihm und seinem wirklich fetten Manager habe ich noch niemals gesehen! Unbeschreiblich!

Ich weiss noch, wie entsetzt ich während der MTV-Awards-Verleihung letztes Jahr war, als ich zum ersten Mal und völlig unvorbereitet an Borat geriet, wie die Jungfrau zum Kinde sozusagen. Mittlerweile finde ich schon ziemlich genial, was der Typ macht. Ich bin dafür. Und Sie?

Bester kurzer Film

Frau Götti am Mittwoch den 8. November 2006

Filmtage2 Heute haben die 10. Winterthurer Kurzfilmtage
begonnen. Zum Jubiläum werden neben den Filmen des Wettbewerbs und denjenigen der Themenschwerpunkte wie Mexiko auch die kontroversesten Filme der Geschichte der Kurzfilmtage gezeigt.

An dieser Stelle sei auf den Trailer hingewiesen. Der ist nämlich wirklich sehenswert und obendrein in Berner Küche gebraut. Das Drehuch beispielsweise wurde vom Berner Künstler Adrian Scheidegger geschrieben, zusammen mit dem Wahlberner und Filmer Jason Brandenberg. Laut Züritipp hat man damit den besten Kurzfilm bereits gesehen. Ob dem so ist, wissen wir nach Festivalende am Sonntag.

Filmtage3 Anschauen kann man den Trailer hier.
Oder bei einem Spettacolo-
Kaffee, dunkle Röstung, auf dem Videoscreen am Bahnhof in Bern.

Alle Jahre wieder

Daniel Gaberell am Samstag den 4. November 2006

SCOOP, der diesjährige Woody Allen Film, ist durchschnittlich. Und dies auch nur dank Woody Allen und Scarlett Johannson. Sie sind ein gutes und gegensätzliches Team, die zwei, und zum Glück erkor der 71-jährige Filmer seine junge Schönheit nicht, wie sonst üblich, zu seiner Liebhaberin. Langsam dürfte wohl auch Woody Allen seinem Alter ein wenig Rechnung tragen.

ws Der Film erinnerte mich irgendwie an Allens letztjährigen MATCH POINT. Und zwar nicht nur wegen Scarlett, sondern auch weil die Hauptgeschichte wiederum ein Gemisch von Psychokrimi und Lovestory ist.

Allerdings: weil Woody Allen himself eine Hauptrolle übernimmt, verliert SCOOP unweigerlich die Spannung! Der Typ ist einfach nur schwer auszuhalten. Schon lustig, irgendwie, aber Filme von und mit Woody Allen sind einfach ganz anders als Filme von und ohne Woody Allen.

In Anbetracht des momentanen (dürftigen) Kinoangebots, geht dieser Film in Ordnung. Mehr aber nicht.

Und sagen Sie jetzt bitte nicht, KulturStattBern sollte in KinoStadtBern umbenennt werden. Vielen Dank.

Schwan auf der Oberfläche

Frau Götti am Donnerstag den 26. Oktober 2006

Streep Eines vorweg: Der Grund, warum ich “The Devil wears Prada” schauen ging, löst sein Versprechen ein. Der Grund lässt sich benennen, Meryl Streep, und spielt den Part der Mode-Hohepriesterin Miranda mit nonchalantem Witz und Klasse.

Wunderbar, wenn sie ihren Assistentinnen nach einem rasend schnellen Vortrag der Pendenzen jeweils kühl zuhaucht: “That’s all“.

Aber… der Rest dieses Films ist schnell erzählt, verdächtig schnell: Hässliches Entlein mutiert in neuer Welt zum stolzen Schwan, Stolz ist aber verwerflich und schlecht, weshalb Schwan sich auf die wahren Werte besinnt sprich das Sein gegen den Schein tauscht und zum moralisch geläuterten Wesen wird.

Anne Modifizieren müsste man diesen ewiggleichen Plot nur dahingehend, dass das Entlein nicht mal zu Beginn hässlich ist. Anne Hethaway als Andrea ist auch beim Vorstellungstermin bei Miranda süss.

Regisseur David Frankel will uns zeigen, wie oberflächlich doch die Modewelt ist: Die findet sogar eine mit Grösse 6 (CH: 34) zu dick. Aber er sagt uns das selbst in unerträglich oberflächlicher Manier. Die Wandlung von Entlein zu Schwan wird nicht entwickelt, sondern erfolgt so Knall auf Fall, dass nur Verständnislosigkeit zurück bleibt. Und ansonsten sieht man serienweise Anekdötchen von Mirandas Sadismus, ganz amüsant zwar, aber nicht wirklich inhaltlich bereichernd.

Offenbar ist da die Vorlage, das Bestseller-Buch von Lauren Weisberger, vielschichtiger (Habs selber aber nicht gelesen). Die hat selbst mal beim Mode-Magazin “Vogue” gearbeitet und kann wohl ein differenzierteres Bild zeichnen.