Man kann es sich vorstellen, diesen Coup de foudre, nicht als Ernst Ostertag das erste Mal Röbi Rapp, sondern als die Filmproduzenten dieser Story begegnet sind. Zürich in den Nachkriegsjahren, eine liberale Stimmung ein wenig wie Berlin in den Zwanzigern, die Anfänge der Schwulenbewegung und mittendrin eine Liebesgeschichte, die etwas von Romeo und Julia hat, Sex und ziemlich blutige Crime und dann das Umschlagen der Stimmung und viel Repression plötzlich – und zum Schluss dann doch noch ein Happy End. Hollywood! müssen sie sich gedacht haben. Und dahin werden sie nun tatsächlich auch geschickt, Der Kreis geht für die Schweiz ins Rennen um den Oscar für den besten ausländischen Film, nachdem er bereits den Publikumspreis an der Berlinale und auch sonst ein schönes Palmares eingeheimst hat.
Eine grosse Geschichte also, und erst noch alles wahr! Noch nicht so lange her wurden Schwule auch in der Schweiz wie Schwerverbrecher behandelt – ein böses Beispiel übrigens dafür, wie schwerfällig der gesellschaftliche Apparat ist und wie er der Gesetzgebung zuweilen hinterherhinkt: nicht alles was legal ist, ist deswegen automatisch akzeptiert. Seit 1942 ist Homosexualität in der Schweiz kein Straftatbestand mehr, und seit wann handelt die Gesellschaft danach? In den Sechzigern jedenfalls war von Toleranz nicht viel zu spüren.
Aber es ist ein Fluch mit diesen allzu wahren Geschichten, sobald man sie nachzuerzählen beginnt: Sie verhölzern rasch, werden behäbig und allzu bedeutungsschwer – und können so auch den Klischees kaum mehr ausweichen. Dabei hätte diese hier soviel tolles Material geboten, tolle Figuren, die man aber aus dem Korsett der wahren Begebenheiten hätte befreien müssen, damit sie ein Eigenleben hätten entwickeln können. So ist es nun bei der blossen Berichterstattung geblieben – einer reichlich bieder erzählten Chronik der Ereignisse. Ein mutloser Crowdpleaser – Hollywoodkino à la suisse.