Archiv für die Kategorie ‘Film & Fotografie’

Der Clip zum Sonntag

Milena Krstic am Sonntag den 28. Juni 2015

Kennen Sie das? Selten mal ein Musik-Videoclip, den man sich zu Ende gucken möchte. Die meisten sind schlicht zu unspannend, vorhersehbar, doof und/oder langweilig. Beim Durchstöbern des  St. Gallen Open Air Lineups ist mir aber genau ein solches Juwel mal wieder unter die Augen gekommen. Die deutsche Punkrock-Band Itchy Poopzkid schafft es, von ihrem langweiligen Lied «Out There» abzulenken, indem halt einfach das Video dazu supergut gemacht ist. Aber sehen Sie selbst.

Böse Wörter mit A

Milena Krstic am Samstag den 27. Juni 2015

Ahjastimmt, Patent Ochsner haben kürzlich ein neues Album veröffentlicht. Okay, okay. KSB zieht jetzt nach und präsentiert das Video der frisch gesprossenen Kollaboration von Patent Ochsner und dem Berner Rapper Manillio. Zu nichts weniger als zum «Abschied aller A-Wörter» wird da aufgerufen: Absturz, Alltag, Aschiss, Abstrich, Abwehr, Abgang. Aber das wichtigste, die Mutti aller A-Wörter, fehlt. Deshalb vervollständige ich das hier rasch: Arschloch! Item. Hier ein bisschen Summer-Feeling, mit tropischen Pflanzen, weissen Leinenhemden und einem gute-Laune-Refrain.

Finito lavoro und sunny side ab:

Flimmern #3

Oliver Roth am Mittwoch den 24. Juni 2015

In dieser Serie präsentiert Ihnen KSB das Flimmern zur Wochenmitte.
Das Flimmern ist sowohl ein flüchtiges Lichtspiel als Überbleibsel schummriger Stunden, aber auch ein wohliges Signal angenehmer Ruhe. Es leitet vom Anfang in den zweiten Teil der Woche über und kann beruhigend wie auch revitalisierend wirken – mal ist es verschwommen, unklar und zittrig mal beruhigend, klar und still, tendenziell ist es leuchtend.

Die kurzen Videos dieser Reihe stammen aus dem Archiv unseres Autoren und sind an unterschiedlichen Orten vor allem auf Reisen und unterwegs gesammelt worden. Für Urheberrechte wird nicht gehaftet, Vorsicht vor Strobo-Licht und Schwindel.

Western-Nonchalance

Gisela Feuz am Dienstag den 9. Juni 2015

Bekanntlich mag es Frau Feuz ja eher ruppig und sperrig. Zumindest musikalisch. Die minimalen Beats, welcher der in Zürich beheimatete Georg Bleikom in seinem Solo-Projekt KnoR anstimmt, vermögen aber selbst den Fuss von Frau Rock-Röhre Feuz in Wipp-Modus zu versetzten, wobei diese zusätzlich angetan ist von der lässigen Nonchalance, mit welcher Herr Bleikom sein Gesangsorgan bedient. Und dann ist da ja auch noch dieses fantastische Video, welches der Berliner Xaver Xylophon zu KnoRs Track «It’s Happening» entworfen hat. Jedes Bild wie ein Gemälde und überhaupt grosses Western-Kino. Aber schauen Sie doch selber:

KnoR spielt am Samstag 12.6. im Helsinki Klub in Züri und am selben Tag erscheint auch seine EP Koboi.

Matto stopft das Büsi aus

Christian Zellweger am Mittwoch den 20. Mai 2015

Geschäftsberichte kann man ja so und so machen. Das Naturhistorische Museum macht es nochmals anders.

Matto Kämpf in allen Gassen – jetzt auch im Geschäftsbericht des Naturhistorischen Museums. Nicht etwa als dröges Portraitbild, sondern live und bewegt. Das NMBE hat nämlich seinen Geschäftsbericht in einen Kurzfilm verpackt. Darin streift Kämpf mit einem gewohnt skurillen Anliegen durch die Gänge und trifft dabei auf allerlei Angestelle des Museums. Aber schauen Sie selbst – viel Vergnügen.

Die vollkommene Geschichte zu Kurt Cobain

Milena Krstic am Sonntag den 17. Mai 2015

Sind wir mal ehrlich: Wir alle beten Kurt Cobain an. Irgendwie. Sicher dafür, dass er mit Nirvana erfolgreich war, ohne sich den Regeln der Musikindustrie zu beugen. Dafür, dass er herumschrie, sich wie ein Vollidiot benahm und sich nie, wirklich nie dafür schämte. Auch, dass er in irgendwelchen schrecklichen Wullejäggli herumspazierte und trotzdem noch unverschämt cool aussah. Auch dafür, dass er ein Feminist und Antirassist war. Und für diese niemals an Energie und Einfachheit übertrumpften Lieder, die er auf seiner Gitarre erschrummelte. Und dann kommt dieser Film in die Kinos «Cobain – Montage of Heck» («Collage aus der Hölle») und plötzlich weiss ich mehr und so viel Intimes über diesen Menschen, als über viele meiner Freunde.

Irgendwie war mir das ein bisschen peinlich, als ich am Freitagabend im Kino sass. Kurt Cobain, vom Knirps bis zum erwachsenen Mann, und da kommen sie alle zu Worte, Mutti, Stiefmutti, Vater Don Cobain, Ehefrau Courtney Love mit wallender Haar-Extensions-Frisur, nur Schlagzeuger Dave Grohl und Tochter Frances Bean Cobain sagen nichts (obwohl Frances massgebend mitgewirkt hat) und am Ende ein echly pathetisches Interview mit dem Regisseur Brett Morgen, der da versichert, wie «verbunden» er sich mit Küre fühle. Nun gut. So erging es am Ende dem ganzen Kinosaal. Und irgendwie war mir das nicht recht, ein solch detailliertes Bild von diesem Menschen zu erhalten, den ich vor allem wegen seiner Musik liebe. Es gibt jetzt eigentlich nichts mehr, dass man über Kurt Cobain erfahren könnte. Wirklich nichts. Aber ich meine, am Ende war das eine gute Doku, ich war gut unterhalten, von 22.30 bis 2 Uhr morgens. Der Film sei ans Herz gelegt, einfach so, um sich wieder einmal in Erinnerung zu rufen, wie man eigentlich rockt. So richtig.

Nächste Vorstellung von «Cobain – Montage of Heck» im Kino Kunstmuseum, am Dienstag, 19. Mai, 20.45 Uhr.

Ideelle Blutsauger

Roland Fischer am Mittwoch den 22. April 2015

Erste Lektion für den Drehbuchautor: Finde eine visuell frappierende Grundidee, um die herum du den Film bauen kannst. Einfacher gesagt als getan, aber manchmal fällt es einem wohl ein wenig in den Schoss, hat man zumindest bei der Iran-Amerikanerin Ana Lily Amirpour das Gefühl. Wenn man das Glück hat, dann muss man nur noch an der Idee festhalten – und keine Angst vor ihr bekommen. Dann kommt das schon gut. Ziemlich gut sogar.

Also: Warum eigentlich immer Frauen als Tschador-Opfer zeigen? So furchtbar unkleidsam ist so ein Umhang ja gar nicht, wenn man ihn recht inszeniert – und überhaupt, erinnert das Cape nicht ein wenig an: Vampire? Man nehme also eine verhüllte Frau, die nicht so harmlos ist wie ihre scheu blickenden Augen glauben machen, man nehme nächtliche Strassen im filmischen Nirgendwo zwischen Nahost und Fernwest und man nehme eine gute Handvoll Filmzitate von Tarantino über Sergio Leone bis James Dean. Und dann mixe man das alles gründlich und mit einem schelmischen Augenzwinkern. Zu erzählen gibt es dann eigentlich gar nicht mehr so viel, weil jede auch noch so bekannte Szene ganz neu aufgeladen wird wenn man die aktuelle (gesellschafts)politische Situation mit hineindenkt. Und die Metapher vom Blutsauger ist ja in den letzten Jahren auch eher wieder besser geworden. Amirpour hat also nicht einfach eine gewagte Idee, sie wagt darüber hinaus in ihrem Film auch das Nichterzählen. Und überlässt sehr oft einfach dem Kameramann das Feld – und der versteht sein Fach allerdings auch. Den Rest muss man selber machen – und man macht es allerdings gern.

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A Girl Walks Home Alone at Night läuft noch eine Woche im Kellerkino.

Eine Chriegserklärung ans Schweizer Kino

Roland Fischer am Dienstag den 14. April 2015

Wie schreibe ich das denn jetzt? Chrieg von Simon Jaquemet ist wirklich sehenswert, man verstehe das deshalb zunächst als kleine Erinnerung, sich das aktuelle Schweizer Kinophänomen noch anzuschauen, falls man es noch nicht geschafft hat – der Film läuft noch bis Mitte nächster Woche im Kellerkino.

Also: ein toller Film. Aber: der beste Schweizer Film seit Jahrzehnten, wie man lesen konnte? Ein Triumph, ein kleines Filmwunder? Gemach. Irgendwie sagt der kollektive Jubel der Filmkritik mehr über die aktuelle Schweizer Kinomisere als über die besonderen Qualitäten dieses Films. Endlich wieder mal ein Film, der seine Figuren, ihre Hinter- und Abgründe nicht dauernd zu erklären versuche, war eine der vielgehörten Einschätzungen – hätte man sowas den dänischen Dogmatikern zugute gehalten, die hätten kaum mit den Mundwinkeln, sondern höchstens mit den Schultern gezuckt. Jaquemet ist tatsächlich sehr sorgfältig an die Figurenzeichnung herangegangen, aber man wird doch den Eindruck nicht los, dass er sich als Greenhorn vor allem um die Hauptfigur gekümmert hat (die tatsächlich wunderbar schillernd herausgekommen ist) – die Nebenfiguren geraten im Vergleich zuweilen ziemlich holzschnittig.

Und der Befund, dass da endlich wieder mal einer den Bergen den Meister gezeigt hat, dass der Film von der Kulisse nicht erdrückt wird: Das kann ja eigentlich nicht so schwer sein, wenn man sich nur traut, Schweizer Geschichten ohne Lokalkolorit zu erzählen (sei es nun auf ernste oder selbstironische Weise). Warum sich das sonst so selten jemand traut? Oder warum sonst so selten Filme unterstützt werden, die sich das trauen? Das wären doch eigentlich die interessanteren Fragen.

Schwedische Filme: Ode an Ingmar Bergman

Gisela Feuz am Samstag den 11. April 2015

Klar sei die Filmproduktion nicht mit derjenigen der USA vergleichbar, nichtsdestotrotz gäbe es in Schweden aber auch ein Hollywood, besser gesagt ein Trollywood, weil viele schwedische Filme ja in Trollhötten produziert würden. So die Worte des Botschafters Magnus Hartog-Holm am Donnerstag in der Cinématte bei der Eröffnung der schwedischen Filmreihe. Trollywood-Filme sind in puncto Qualität und Humor ja oftmals bestechend – was kürzlich «Turist» unter Beweis stellte – und tatsächlich ist die schwedische Filmindustrie gar nicht sooo unwesentlich, wie es der viel zu bescheidene Magnus darlegte. (Ja ja, wir sind duzis. Ist man sympatischerweise mit allen Schweden und Schwedinnen. Ausser vielleicht mit der Königin.) Man denke etwa an die Oscar-Nominationen eines Lasse Halström oder die originale Verfilmung von Stieg Larssons «Millennium-Trilogie». Und ausserdem haben die Schweden ihn, den Übervater des alternativen Kinos, dessen Schaffen bis heute als wegweisend gilt, da er mit seiner experimentellen Bildsprache völlig neue Parameter setzte: Ingmar Bergman.

Es macht durchaus Sinn, eine Filmreihe mit schwedischen Erzeugnissen mit einer Dokumentation zu starten, in der das Schaffen des 2007 verstorbenen Bergmans im Zentrum steht. Keiner hat in seinem Land für mehr filmische Furore gesorgt als er. So soll nach «Szenen einer Ehe» (ein Drama, in dem die Fassade einer vermeintlich harmonischen Ehe gnadenlos dekonstruiert wird) die Scheidungsrate in Schweden kurzfristig um 50% gestiegen sein. Dies zumindest behauptet der chilenisch-schwedische Regisseur Daniél Espinosa in «Trespassing Bergman». Zusammen mit rund 20 anderen Regisseuren findet sich Espinosa im Dokumentarfilm von Jane Magnusson und Hynek Pallas auf Fårö ein, derjenigen Insel also, auf welcher Bergman sein Anwesen bauen liess und völlig zurückgezogen gelebt hat. In eben diesem Haus philosophieren Grössen ihres Faches wie etwa Michael Haneke, Francis Ford Coppola, Alejandro González Iñárritu und viele andere über den Einfluss, welcher das Werk des Übervater auf das eigene Schaffen hatte. Dabei werden auch immer wieder Ausschnitte aus Bergmans Filmen gezeigt, die verdeutlichen, wie gewagt und bahnbrechend die Werke dieses getriebenen Vielarbeiters waren und welch einsame und gequälte Seele in seiner Brust gesteckt haben muss.

Für alle Cinephilen ist «Trespassing Bergman», diese Ode an den Übervater des alternativen Kinos, ein Muss, zumal sich darin das Who-is-who der Regisseuren-Gilde zu Wort meldet. Dabei zeigt sich Lars von Trier einmal mehr als übellauniger Schafseckel von seiner kritischen Seite, Wes Anderson scheint direkt einem seiner eigenen Filme entsprungen zu sein, Martin Scorseses herzliches Lachen ist ungemein ansteckend und Woody Allens Analyse des bergmanschen Schaffens überaus exakt und intelligent.

ACHTUNG: «Trespassing Bergman» wird nur noch morgen Sonntag 16:30Uhr in der Cinématte gezeigt, da der Film den Weg in den schweizerischen Verleih nicht gefunden hat. Weiter sind im Rahmen der schwedischen Filmreihe folgende Filme zu sehen: 12./18.4. Belleville Baby, 18./24.4. Stockholm Stories, 15./22.5. Turist, 22./23.5. Shed no Tears

 

Die Ted Scapas des Blödsinns

Gisela Feuz am Sonntag den 29. März 2015

Frau Feuz in klein war ja stinkeifersüchtig, als die Cousine mit ihrer Kindergartenklasse zu ihm in die Sendung durfte. Tami. Denn was der Mann im weissen Kittel und dem dunklen Kraushaar jeweils auf Papierwände zauberte, war fürs kindliche Gemüt schon grosses Kino. Die Rede ist natürlich von Eduard Schaap, besser bekannt als Ted Scapa, der Ende der 70er- und Anfang 80er-Jahre in der Kindersendung Spielhaus («Es Huus, e Türe, Fäischter äis, zwäi, da sind’s. Chum ine, es häisst Spiilhuus») eine Generation von Kindern mit seinen vergnüglichen Zeichenanleitungen verzückte und beeinflusste. Offenbar war das «Spiilhuus» auch für die Schriftsteller Roland Reichen und Matto Kämpf prägend, beschäftigen sich die beiden in ihrer Freizeit doch gerne mit dicken Zeichenstiften.

Wenn es Reichen und Kämpf an etwas nicht mangelt, dann bekanntlich an abstruser Fantasie. So erlebt ihr gezeichneter Held Schmürzu eine abenteuerliche Reise mit Stopps im Hotel Palace in Interlaken und dem AKW Beznau, während für die hinterhältige Tat der Antagonisten Hagaff und Lok-Führer Corbusier ein Gummiboot von Zelt Jordi eine zentrale Rolle spielt. Fürs Spielhaus wäre der reichen-kämpfsche Wurf wohl kaum geeignet, weil pädagogisch und zeichnerisch durchaus fragwürdig. Wer aber Wortklauberei, vergnügten Blödsinn und abstruse Dada-Erzähltechnik mag, der dürfte sich amüsieren.

Ted Scapa wird am Donnerstag 2. April im Kunstmuseum Bern sein neustes Buch «Meret Meyer Scapa – ein Leben für die Kunst» präsentieren, eine Hommage an seine 85-jährige Frau, die Künstlerin, Malerin, Tänzerin und Keramikerin Meret Meyer Scapa. Buch- und Werkpräsentation dann bis 3. Mai 2015 im Kunstmuseum.