Archiv für die Kategorie ‘Politik & Debatten’

Paris, Lorraine

Grazia Pergoletti am Sonntag den 20. Januar 2008

Nach der grossangelegten Kinderverhaftung gestern Nachmittag war die Tour de Lorraine am Abend dann doch sehr gut besucht. Anscheinend hatte man nicht ganz alle Jugendlichen eingesperrt.

Richtig getourt bin ich nicht, bloss ins Café Kairo und zurück. Dort spielten erst die entzückenden Lapin Machin aus Paris ihren psychedelischen Rumpelpunk, erinnerten mal an My Bloody Valentine – aber nicht so ultimativ Ohrenbetäubend, zum Glück – mal an Velvet Underground. Vor allem das Schlagzeugs, bestehend aus zwei Kartonschachteln mit je einem Tambourin draufgeklebt, versprühte wunderbaren Moe-Tucker-Charme.

Lapin Machin auf Lorrainetour

Danach Elektrotrash mit Copy & Paste aus Bern: Mischu Loosli servierte hitverdächtige Beats, die Cheyenne mit ihrer kühlen, glasklaren Grace-Slick-Stimme veredelte. Das Ganze dank phantasievoller Visuals auch optisch ein Genuss.

Schliesslich noch etwas von der Beat-Disko der wunderbaren Kami Katze mit auf den Heimweg. Die Strassen noch immer voll frei herumstreunender Kids, die Stimmung ausgelassen und fröhlich.

Brecht zum zNacht

Frau Götti am Freitag den 18. Januar 2008

Fotos: Roland Aellig

Das nahmen sich die Herren und Damen Stadträte gestern Abend zu Herzen, liessen das Politisieren für einmal sein und feierten ihren neuen Ratspräsidenten, Andreas Zysset. Denn der lud ein zum Stadtratspräsidentenessen (wirklich, so nennt sich das) in der Schule für Gestaltung.

Und Gestaltung der feinen Art war das, wie die Schülerinnen und Schüler den Esssaal dekoriert hatten.

Zyssets Brecht-Zitat in dessen Antrittsrede künstlerisch und humorvoll in der Raumgestaltung aufgegriffen.

(Und dass Zysset der SP-Sektion Bern Nord angehört, konnte auch nicht übersehen werden.)

Der Lehrer der Fotografieklasse höchstpersönlich fotografierte übrigens das Ganze für KSB.

Österreich gewinnt

christian pauli am Freitag den 11. Januar 2008

Zum zweiten Mal hat der «Bund» heute abend zur Verleihung des Essay-Preises 2007 in die Dampfzentrale gerufen. Die Frage lautete «Bin ich schön?». 92 Beiträge aus der Schweiz, Deutschland und Österreich trafen ein, davon 68 von Frauen. Ob dies als Überraschung oder eben nicht zu werten sei, wusste auch «Bund»-Redaktor Alexander Sury, der den Anlass moderierte, nicht schlüssig zu beantworten. Wie auch immer: Die Jury, mit der Gartenautorin Sabine Reber, dem Kulturphilosophen Gerhard Johann Lischka und der grossen Schweizer Journalistin Margrit Sprecher prominent besetzt, wählte drei Beiträge aus, die von den Autoren zwecks Publikumswahl vorzutragen waren.

Foto: Adrian Moser

Nun, für die Überraschung sorgte das Publikum: Es folgte weder dem Heimbonus, den der smarte Berner Wirtschaftsdissertanten Joel Luc Cachelin samt Entourage für sich beanspruchen konnte, noch dem Jungefraubonus der Zürcher Romanistikdissertantin Anna Magdalena Elsner, sondern stimmte für das Alter und Österreich: Den «Bund»-Essay-Preis 2007 gewann der 60jährige Schriftsteller, Dozent und Jazzmusiker H. Wolf Käfer mit dem zugleich lustigen und hintergründigen, hochstehenden und bösartigen Text «Spieglein, Spieglein». Käfer kam auf 40% der Stimmen, derweil sich Elsner mit 33% und Cachelin mit 27% begnügen mussten.

Das Bizarre an der Sache: Der hierzulande unbekannte Käfer war wegen einer Lungenentzündung gar nicht erst angereist gekommen. So musste Alexander Sury den Text vortragen – was er so gewinnbringend bewerkstelligte, dass sogleich das Gerücht die Runde machte, der Essay stamme gar nicht von Käfer, sondern vom «Bund»-Redaktoren selber.

Anyway, vom heurigen Essay-Preisträger gibt es kein Bild. Darum zeigen wir Ihnen hier ein aktuelles Foto der beiden Next-Generation-Essayisten, die heute abend von einem uns wohl immer unerkannt bleibenden Wiener abgetrocknet worden sind:

Frau Elsner und Herr Cachelin. Foto: Adrian Moser

Drei Eidgenossinnen, drei Schwurfinger

Frau Götti am Donnerstag den 13. Dezember 2007

Liebe Leserinnen und Leser, wir unterbrechen unser kulturelles Programm für einen Moment, um Ihnen Raum zu geben zu einer kleinen Reflexion über die politische (Un-?)Kultur dieses Landes.

Da haben wir also nun drei magistrale Damen.

Was mir auffällt: Mit dem Schwören scheinen sie es nicht so genau zu nehmen, die Damen. Frau Bundesrätin Widmer-Schlumpf zum Beispiel schwörte zu früh heute morgen. Was im ansonsten zurzeit eher etwas verkrampften Parlament für einige Auflockerung sorgte.

Und Frau Calmy-Rey scheint dem Schwören gar abschwören zu wollen. Der Beweis findet sich heute in der NZZ:

Irgendwie beruhigend, dies.

Suppenkultur

Daniel Gaberell am Dienstag den 30. Oktober 2007

SuppenkulturKürbis, Kohlrabi oder Fenchel? Kürbis mit oder ohne Kartoffeln? Kohlrabi und Zwiebeln? Fenchelsüppchen püriert oder eben genau nicht? Und falls püriert, superdünn und ohne jegliche Gemüsestücklein oder schmeckt es besser, wenn die Suppe nur «anpüriert» wird?

Und in welche der Suppen gehört Milch, einen Gutsch Halbrahm, Orangenjus und/oder einen Schuss Rotwein? Darf die Schweinswurst die letzten vier Minuten in der Suppe mitkochen oder verdirbt das Schwein den edlen Gemüsegeschmack? Wie sieht es aus mit Sauerhalbrahm, Zitrone, Curry, Zucker und Muskatnuss? Ja oder nein?

Fragen über Fragen, nur der Herbst liefert die Antworten… Wobei: heute Mittwoch dürfte der Kürbis erste Wahl sein, denn heute Abend wird es auch an ihrer Haustüre heissen: Gib uns Süsses sonst gibt’s Saures!

En Guete!

Österreichische Abgründe

Frau Götti am Dienstag den 23. Oktober 2007

Skispringen prägt die österreichische Volksseele. Das weiss ich nicht erst von meinem soeben beendeten Kulturaufenthalt bei unseren östlichen Freunden, sondern seit den Skispringerliedern, die das österreichische Duo Christoph & Lollo uns geschenkt haben.

Kennen Sie nicht? Na dann sollten Sie zumindest ein kleines Schmankerl davon geniessen. Zum Beispiel die brillianten musikalisch einwandfrei vorgetragenen Porträts von Kazuyoshi Funaki (Jap) und – im Lied “Lebkuchenherz” – von Jez Frantisek (Cze). Oder jenes der Gebrüder Matti und Jussi Hautamaeki (Fin).

Nun widmen sich die beiden Wiener statt Skihängen Abgründen anderer Art: “Hitler, Huhn und Hölle” heisst ihre neue CD. Da gehts zum Beispiel um Gebärsääle, Sponsoren und den Umstand, dass Hitler am Wiener Opernball war.

Sehr schön, auch wenn ich fast lieber ein Simi-Lied gehabt hätte. Weil Schweizer Abgründe irgendwie brandaktuell sind dieser Tage.

Wählt Urweider! Noch heute!

christian pauli am Dienstag den 11. September 2007

Heute ist ein schöner Tag, oder vielleicht auch nicht. Uns ist es bekanntlich nicht gegeben, hier abschliessend zu entscheiden. Was aber sicher ist: Heute ist der letzte Tag, an dem Sie Raphael Urweider zum neuen Kulturminister der Schweiz wählen können. Zögern Sie nicht. Es ist vielleicht nicht wichtig, es wäre aber gut, wenn Herr Urweider die Stichwahl gewinnen würde. Wählen können Sie hier.

Raphael Urweider ist Literat und Rapper mit Eintrag im Wikipedia und neuerdings ist er auch noch Kulturmanager. Er wird ab nächsten Jahr das Schlachthaustheater co-führen. Das freut mich.

Nun dürfte er also auch noch Kulturminister werden. Interessant. Denn mit der Schweizer Bundespolitik wird Raphael Urweider sich schwer vertragen. Gemäss «Bund» von gestern wird Urweider als Kulturminister «mit der SVP nicht reden wollen, mit Nazis spreche er nicht». Ich habe ihn gefragt, ob das die richtige Strategie sei, die SVP zu bekämpfen. Seine Antwort: Diese «höchst gefährliche Vereinigung sollte man ignorieren».

Urweiders Rapperkollege Greis hat kürzlich zum Boykott der «Weltwoche« aufgerufen. – Ich weiss nicht. Ich weiss nicht, was die beste Antwort auf die menschenverachtende und kulturfeindliche Politik der SVP ist. Ignoranz und Verbote können in einer Demokratie nicht sein, Boykott klingt mir zu fest nach Hysterie.

Eines ist sicher: Ich werde erfreut sein, wenn mit Urweider einer Kulturminister wird, der es explizit politisch meint. Mir fällt die alte Faustregel ein: Links gehen, Gefahr sehen.

Und was meinen Sie, werte Bloggerinnen und Blogger? Sagen Sie es. Was sollen wir Kulturmenschen mit der SVP machen? Bevor Sie hier aber bloggen, sollten Sie wirklich den Urweider wählen.

Stadtberner Alltagskultur II

Daniel Gaberell am Mittwoch den 5. September 2007

SchlauchautomatEine Stadt bietet Kultur. Kultur im klassischen Sinne: Konzerte, Theater, Kunst, Literatur, und so fort. Diese Sparten tragen tüchtig zum Bärn-Gärn-Faktor bei. Aber der allgemeine Wohlfühlfaktor in einer Stadt ist noch von ganz anderen Sachen abhängig. Zum Beispiel von Besonderheiten und Kuriositäten im Stadtbild. Dinge, die einen beim blossen Entdecken bereits glücklich machen. Versteckte Perlen sozusagen.

Während wir vergangene Woche über das spezielle Halteverbot berichteten, bleiben wir auch heute dem Strassenverkehr treu. Ein besonders gäbiger Automat montierten die Verantwortlichen des Veloladens Visionen vor ihrem Geschäft: Veloschläuche rund um die Uhr in verschiedenen Dimensionen. Egal ob Sonntag oder Montagmorgen, ob um 2.30 Uhr oder um 12.20 Uhr – Geld rein und ratsch, in der Schublade liegt ein nigelnagelneuer Fahrradschlauch.

Gesehen an der Nägeligasse.

Stadtberner Alltagskultur I

Daniel Gaberell am Donnerstag den 30. August 2007

KULTURNEWS AKTUELL: Der Autor Raphael Urweider und die Theaterpädagogin Carol Blanc übernehmen die künstlerische Leitung des Schlachthaus-Theaters Bern.


Wasserdichtes HalteverbotEine Stadt bietet Kultur. Kultur im klassischen Sinne: Konzerte, Theater, Kunst, Literatur, und so fort. Diese Sparten tragen tüchtig zum Bärn-Gärn-Faktor bei. Aber der allgemeine Wohlfühlfaktor in einer Stadt ist noch von ganz anderen Sachen abhängig. Zum Beispiel von Besonderheiten und Kuriositäten im Stadtbild. Dinge, die einen beim blossen Entdecken bereits glücklich machen. Versteckte Perlen sozusagen.

Beispiel heute: ein Verkehrsschild, das um einiges breiter ist als sonst üblich. Die zirka einen Meter darüber liegende Dachrinne sammelt das Regenwasser und kanalisiert das Bächlein direkt ins Verkehrsschild. Treffsicher. Das Rohr unter dem Halteverbot dient als Weiterführung des Dachkennels und lässt die Wassermassen direkt im Boden verschwinden.

Es bleibt die Frage: Über wessen Erfindung berichten wir hier? Gibt es solche Verkehrsschilder ab der Stange? War es der Spenglermeister, der mit dieser Idee die Stadtverantwortlichen überzeugte? Oder ist das die Handschrift eines Alten Hasen beim Tiefbauamt?

Werden wir es jemals erfahren?

Gesehen in der Waaghausgasse.

Generöser Akt

Frau Götti am Mittwoch den 18. Juli 2007

AKTUELL: Herr Thommy F. verzichtet auf Klage!!!

Und nimmt stattdessen offiziell und eloquent Stellung zur skandalösen Priatenkopie seines Videos.