Il y jaja: Zuwachs am Bollwerk. Heute wird der erste Schaumwein geköpft im Gränni – und die halbe Stadt stellt sich W-Fragen. Wir haben uns deshalb noch rechtzeitig vor der Eröffnung mit einem der Drahtzieher verabredet auf ein Glas.

Storen hoch am Bollwerk 39, Auftritt Gränni.
Inventur: Eine F***book-Seite. Ein hipstoresk verzettelter Schriftzug. Eine Adresse, alles vornehm zurückhaltend in Schwarzweiss. Und ein etwas selbstgefällig windiger Kunstschul-Promotext, der mit brauchbaren Informationen geizt …
Nicht wenigen ist in den letzten Tagen und Wochen der «Gränni» untergekommen als sozialmediales Treibgut – und nicht wenige haben sich gewundert ob der zelebrierten Geheimnistuerei. Als eine bekanntere Band kürzlich ihre Spieldaten veröffentlicht hat und also dieser ominöse Gränni auf dem Tourtableau figurierte, da monierte drunter jemand einigermassen vehement: «WTF is Gränni?»
Ja, what the fuck denn nun? Ich treffe meinen hombre Valentin Hehl an besagter Adresse, Bollwerk 39, an der Hauptschlagader des hauptstädtischen Nachtlebens, schön vis-à-vis des Schandflecks of our hearts. Zwischen Diskothek und Omelettenbar versteckt sich da ein kleines Lokal hinter heruntergelassenen Storen. Hehl, ein schneidiger Mittzwanziger mit unverbrauchtem Gesicht, er geleitet mich herein. Umgeben von mattschwarz gestrichenen Wänden stehen wir dann am Tresen. Eine gleichermassen lieblich und säuberlich selbstgezimmerte Ausschenke, die programmatisch die gesamte Stirnseite des Raums beansprucht.
«Also eine Bar wird das geben» setze ich an. «Auch» hält Hehl dagegen, um dann gleich einen wesentlich fülligeren Ideenkatalog aufzufächern: Kleine Konzerte und kleine Raves, komödiantische Theaterabende und geselliges Kartenspiel, Karaoke und üppige «Tavolate» – überhaupt gastrokultureller Experimentiergeist sei es, der sie hier antreibe an der Hausnummer 39. In der improvisierten Kleinküche hinter der Bar rüsten sich derweil zwei Köche für ein Testessen. Im Publikumsraum steht schon grosszügig Beschallungstechnik bereit. Ja, denke ich bei mir, die haben einiges vor mit diesem Zimmerchen.
Schon am Anfang des Gesprächs stellt Hehl klar, dass nicht er alleine diesen Ort repräsentieren will. Und dass er schon gar nicht für alles verantwortlich zeichne, was es hier bald zu erleben gebe. Ganz generell gehe es nicht darum, die einzelnen Kulturköpfe hinter dem Projekt zu fokussieren. Ein bunter Haufen seien sie, die benachbarte «Chouette» sei zu Teilen involviert, daneben andere, befreundete Köpfe, einige davon aus Hehls angestammtem Veranstalterkollektiv «Fester», andere aus dem Dunstkreis eines weitverästelten Umfelds. Lieber aber weist er mich auf die schrullige Plastik im Eingangsbereich hin. Eine unförmige Herrennatur mit verzogenem Gesicht begrüsst jeden, der das Lokal betritt. Das sei jetzt eben der Gränni. Ein grummliger Schutzpatron und die Gallionsfigur, die im Team sonst keiner sein mag.
«Ein Gränni nur auf Zeit.» Die Sache ist befristet auf runde drei Monate genau, die am 24. Februar zu Ende gehen werden. Ich frage Hehl nach einer Zutat, die man dem Berner Nachtleben mit diesem Ort mitgeben wolle, nach einem Mehrwert, der die blosse Erweiterung vom Angebot übersteigt. Da spielten ihnen sicher die Rahmenbedingungen einer Zwischennutzung in die Karten, die das Experimentieren zulassen würden, die Spontaneität, das Ungeplante. So seien zwar die Wochenenden bis weit ins neue Jahr hinein bereits verplant, unter der Woche aber gäbs noch reichlich Platz – Platz auch für alle, die eine gescheite Idee haben und im Projekt mitmischen wollen. (So drop them Grännis a nice line.)
Wie sich der neue Schuppen im Downtown Bollwerk einleben wird, ob sich daraus eine fruchtbare Perspektivik fürs hauptstädtische Nachtleben erschliesst oder Bewährtes lediglich einen aufgerfrischten Anstrich erhält – es wird sich zeigen. Etwas Mut zur Schräglage wäre dem Projekt sicherlich zu wünschen. Eines ersten schelmischen Erfolgs jedenfalls dürfen sich Hehl und die Grännis schonmal rühmen: Studiert man nämlich das eingangs erwähnte Tourplänchen der Zürcher Band Wolfman etwas genauer, behauptet sich die kleine Kulturbar ganz schön selbstsicher neben der stolzen Luzerner Schüür, dem traditionsreichen Aarauer Kiff und dem weltgewandten Zürcher Exil.
Und da grinst er dann, der Gränni.
Vom 24. November bis zum 24. Februar. Grand opening today. Ab 17 Uhr werden die Wände vor Publikum bepinselt, danach Baile alter Schule mit der Secret Golden Pyramid Raidin’ Boom Bap Clique.