Archiv für die Kategorie ‘Politik & Debatten’

Der Staat, der Pop und die Pasta

Benedikt Sartorius am Donnerstag den 27. August 2009

Darf Popmusik subventioniert werden? Ist «Pop mit Staatsknete» wünschenswert? Dies fragt das Popkultur-Magazin Spex in der neuen Ausgabe. Denn seit zwei Jahren besteht in Deutschland die «Initative Musik», also eine «Pro Helvetia» für Pop, die Bands und Künstler fördert – und die im Geld-Gegenzug das Signet der «Initiative» auf ihren Tonträger oder sonstiges Druckwerk pressen müssen. Dieses ist wahlweise schwarz-rot-gold oder, glücklicherweise, auch bloss in schwarz-weiss zu haben.

Pop-Flaggen, typähnlichDie sehr lesenswerten «Pop-mit-Staatsknete»-Interviews in der Spex sind auch an die Frage gekoppelt, ob vom Staat unterstützte Popmusik überhaupt relevant sein und funktionieren kann, wie auch, ob Subventionen cool seien. Nun gut, in Zeiten der wegbrechenden Tonträgerverkäufe scheint letztere eine eher müssige Frage zu sein wie ich mich auch frage, wieso es hierzulande kein überstädtisches und -kantonales Popamt gibt, ausserhalb des Migros-Popkredits. Dann müsste beispielsweise die Berner Band Fiji auf ihrer bald erscheinenden CD «Fun Factory» neben dem Label- und dem Suisa-Logo nicht grad drei Signete abdrucken (Swisslos, Burgergemeinde Bern und KulturStadtBern), was dem Design doch zuträglich wäre – es sei denn, die Schweizer Popförderung würde als Signet ein Schweizerkreuz wählen.

Qualitätspasta für die Spex-Redaktion (Bild: Keystone)Im Übrigen setzt die Spex seit dieser Ausgabe auf ein Product-Placement: Ausgerechnet im Impressum, der eigentlich heiligen Zone einer jeden Zeitung, prangt das Logo der Teigwaren-Firma De Cecco. Im Gegenzug erhält die Redaktionskantine eine Tonne Nudelfabrikate. Chefredaktor Max Dax zu dieser Aktion, die vornehmlich durch den Wegfall der Tabakwerbung nötig wurde: «Indem man ins Absurde geht und sich die Unabhängigkeitserklärung sponsoren lässt, schafft man Aufmerksamkeit für eine noch absurdere Marktsituation.»

Falls dann alles Sponsoring doch nichts mehr nützt, sowohl für die Popmusikerschaft wie für die Spex, dürfen immer noch diese Worte aus dem Manifest der Österreicher Ja, Panik befolgt werden, die in Kürze ihr für glänzende Augen sorgendes Album «The Angst and the Money» veröffentlichen werden: «Der Mangel unsere glänzendste Eigenschaft. Wir werden rauben, stehlen, plündern, niedermetzeln.»

Das vorläufige Ende der Gegenwartskunst

Benedikt Sartorius am Mittwoch den 19. August 2009

«Debakel am Kunstmuseum» titelt der «Bund» in der heutigen Ausgabe, und man fragt sich, ob der Entscheid, das Erweiterungsprojekt für Gegenwartskunst nun doch nicht in der geplanten Version im Hang zu bauen, das Ende dieses Projektes mit der schwierigen Geschichte bedeutet.

Jedenfalls schreibt Brigitta Niederhauser zum Schluss in ihrem Kommentar: «So bitter der gefällte Entscheid ist, das Projekt nicht weiterzuverfolgen – er löst auch eine gewisse Erleichterung aus. Macht er doch in der verfahrenen Situation den Weg für einen Neustart frei. Ob ein solcher mit der für das Debakel letztlich verantwortlichen Museumsleitung möglich ist, ist eine Frage, die Kanton und Stadt Bern als Subventionsgeber, die beide das Projekt einer Abteilung Gegenwartskunst unterstützen, beantworten müssen.»

Reaktionen zum Entscheid des Stiftungsrats gibt es hier.

Die geplante «Scala» (Bild: Franziska Scheidegger)

Der «Voodoo Rhythm» spielt weiter auf

Benedikt Sartorius am Donnerstag den 25. Juni 2009

Voodoo Rhythm-LogoVoodoo Rhythm ist gerettet. Gemäss einer Meldung auf der Label-Homepage fand sich Reverend Beat-Man mit der Rechteverwertungsgesellschaft Suisa, die Anfangs Jahr den Betrag von 42’000 Franken in Rechnung gestellt hatte. Der Betrag falle nun deutlich tiefer aus.

Es bleibt Beat-Mans Dank an die Spender, Spenderinnen und Veranstalter die zur Rettung des Labels beigetragen haben und unglaubliche 46’000 Franken gesammelt haben. Ein grosser Betrag, der es Beat-Man u.a. ermöglicht, für die Bands den selben Deal beizubehalten (Gratisexemplare plus günstige Selbsteinkäufe der Tonträger) sowie in ein neues Buchführungssystem zu investieren, damit sich diese Geschichte nicht wiederholt.

So geht es zum Glück weiter mit Voodoo Rhythm, diesem so wertvollen Berner Label. Wir freuen uns.

Grossraumkulturbüro Federweg

Gisela Feuz am Donnerstag den 18. Juni 2009

grossraumkulturburoEs tut sich was in der Nachbarschaft, dringen doch seit geraumer Zeit aus dem Hause vis-à-vis immer wieder Baulärm und Staubwolken aus dem Keller. «Ja, wir sind tatsächlich alle ein Bisschen Handwerker geworden in den letzten Wochen», grinst einer der Herren Everest und zur bildlichen Illustration präsentiert Herr Jan die rechte Hand, welche von einer veritablen Blase geziert wird.

Tatsächlich erscheint das Sousparterre am Federweg 22, welches einst die Neue Galerie beheimatete, bei genauer Inspektion in völlig neuem Licht, hat doch ein ganzer Haufen Kulturwütiger die rund 500m2 grossen Räumlichkeiten in Beschlag genommen, um sie nun ihren Bedürfnissen entsprechend umzubauen. Unter anderem wird das neue Grossraumkulturbüro (inkl. eigenen Tonstudios) Everest Records, Mouthwatering Records, Roja-Media Productions, Tectonics und Godbrain Distribution Unterschlupf gewähren, um eine optimale Vernetzung von Labels, Grafikern, Filmproduktion und Plattenvertrieb zu ermöglichen. In Zukunft sollen die Räumlichkeiten aber nicht nur für knochentrockene Büroarbeit genutzt werden, sondern es sollen in der hauseigenen Lounge auch kleine Release-Konzerte und Ähnliches veranstaltet werden.

Noch ist nicht ganz aller Platz ausgebucht am Federweg 22, sprich: es gibt noch rund 50m2, welche zur Miete frei sind. Interessenten, vorzugsweise im grafischen, musikalischen oder generell künstlerischen Bereich tätig, sollen sich doch bei den Herren Everest melden. Garantiert wird übrigens nicht nur ein kreatives Arbeitsumfeld, sondern auch ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem in Form einer reinrassigen Promenadenmischung namens Spike. Spike ist zwar mittlerweile auch in die Jahre gekommen, erfüllt aber seinen Job nach wie vor mit Bravour, werden doch Neulinge ordnungsgemäss angeknurrt, auch wenn es sich bei einem dieser Neulinge um den Vermieter höchstpersönlich handelt. Neu ist schliesslich neu. Jawohl.

Die Berner Labellandschaft

Benedikt Sartorius am Mittwoch den 17. Juni 2009

Momentan läuft auf dem Schweizer Musikblog 78s.ch eine angeregte Diskussion über die unabhängige Labellandschaft Schweiz. Da ist im lesenswerten Artikel von der Ablösung der «Rock Cities» Lausanne und Luzern durch Zürich und Fribourg die Rede, hervorgerufen durch die Erfolge von Sophie Hunger und Heidi Happy. Da ist aber auch festzustellen, dass die Stadt Bern, sowohl in den Kommentaren wie auch im Artikel gänzlich unerwähnt bleibt.

Nun bin ich keineswegs gekränkt, da Bern in meinem musikalischen Kosmos eine (zu?) marginale Rolle spielt. Ein bunter Haufen an hiesigen Labels werfe ich jetzt trotzdem mal in die Runde:

Voodoo Rhythm (Das Labelhaus von Beat-Man)
Wankdorf Recordings bzw. Mouthwatering Records (Filewile, Electric Blanket)
Subversiv Records (Aziz, Choo Choo, Unhold u.a.)
Chop Records (Auf die Homepage wird gewartet, Künstler: Kummerbuben, Delilahs u.a.)
Hinterzimmer Records (Bericht hier)
Everest Records (u.a. Copy-Paste)

Um Ergänzung und Einschätzung der sehr unvollständigen Liste wird gebeten. Ein kleines Fazit sei trotzdem erlaubt: Wahrscheinlich fehlt halt schlichtweg der hippe Konsensact wie ihn derzeit Zürich mit Schnitzer zu bieten hat. Und Bern mit dem Label «Rock City» versehen, nein, das wünsche ich mir nun wahrlich nicht.

Ein Gegenüber für die Politik

Benedikt Sartorius am Montag den 15. Juni 2009

Aktuell: Schlachthaus-Direktor Raphael Urweider tritt per Ende Dezember zurück [Link]

Bekult-LogoHeute Abend wird im Schlachthaus der Verein Bekult gegründet. Über 50 Veranstalter der Stadt finden sich in diesem Dachverband wieder, der die Interessen der Veranstalter bündeln und für die Berner Kultur lobbyieren soll. Die Politik soll mit der Gründung des Vereins «ein Gegenüber» erhalten, wie der designierte Präsident des Vereins, Christian Pauli – auch bekannt als KulturStattBern-Berichterstatter – im «Bund»-Interview vom Samstag anmerkte.

Wir jedenfalls sind gespannt, wo die Reise dieses Vereins hin geht. Möge die im Interview angesprochene Euphorie nicht zu schnell verpuffen.

Goodbye Dark Sky

Gisela Feuz am Mittwoch den 27. Mai 2009

loryplatzleuchten
Die umstrittenen Lampen beim Loryplatz sind nun also montiert worden. Jetzt kommen einem immer die Flugzeuge von «The Wall» in den Sinn, wenn man mit dem Velo unter diesen Leuchten durchkurvt.

Da drängt sich nun natürlich die Frage auf, ob man denn nicht gleich Lampen im Schweinedesign hätte aufhängen können, wenn man sich schon bei Pink Floyd bedient. Das Problem mit der Lichtabgabe wäre ja dann auch gelöst, sofern es sich bei den Schweinen nicht um Sparschweine mit einem Schlitz im Rücken handeln würde.

Progr bleibt Progr

Gisela Feuz am Sonntag den 17. Mai 2009

prgrGespannt wie Flitzebogen waren sie alle und totenstill wars auf dem Progr-Vorplatz, als man dem Nachrichtensprecher beim Verkünden der Abstimmungsresultate zuhörte.

Da kurvte plötzlich ein Velofahrer mit vollem Karacho und lauthals «Jaaaa» brüllend in den Innenhof. In der Annahme es handle sich beim Velopiloten nicht um einen Befürworter der Doppelpunkt-Variante, wurde allgemein sofort freudig in das Gebrüll eingestimmt und man war dem Boten auch nicht wirklich böse, hatte er dem Nachrichtensprecher die Neuigkeit vorweggenommen.

66% der Berner Bevölkerung haben für die künstlerische Nutzung des Progrs gestimmt und der eine oder die andere dieser 66% werden wohl heute Abend eine riesen Sause im alten Progymnasium miterleben, denn die gibts garantiert.

Den «Bund»-Kommentar von morgen Montag gibts hier.

Ein Plädoyer für das Berner Ballett

Benedikt Sartorius am Mittwoch den 13. Mai 2009

Dem Berner Ballett droht das Aus: Die Projektgruppe, welche das neue Konzept für das Stadttheater ausarbeitet, überlegt, das Ballettensemble aus Spargründen abzuschaffen.

Der Leitartikel im heutigen «Bund» von Marianne Mühlemann plädiert dennoch für eine Weiterführung des eigenen Tanzensembles: «Mit der Auflösung des Tanzensembles verliert ein Theater sein kreativstes Biotop, das Medium, in dem sich der Mensch mehr noch als in der Oper oder Schauspiel unmittelbar mit Fragen seiner Existenz auseinandersetzt.»

Der Leitartikel merkt auch an, dass in Basel und Luzern die Abschaffung des eigenen Tanzensembles bereut wurde. Heute sind an beiden Häusern wieder eigene Ensembles angestellt. Ob Henri Huber, Verwaltungsratspräsident des Stadttheaters, diese Argumentation beim Entscheid mit in Erwägung zieht, darf gemäss diesem Interview mit der «BZ» angezweifelt werden.

Szene aus «Sturmhöhe» (Bild: zvg/ Philipp Zinniker)

Wahlwerbungen

Benedikt Sartorius am Dienstag den 28. April 2009

Aktuell: Mäzen Wyss unterstützt das Progr-Künstlerprojekt

Am 17. Mai wird über die Zukunft des Progr im Rahmen einer Varianten-, pardon, Alternativabstimmung entschieden. Nach all den Wirren soll die Abstimmung nun tatsächlich stattfinden und der Abstimmungskampf wurde eröffnet. Erste Kampagnen-Anzeichen wurden jüngst sichtbar, wobei die gewählten Strategien verschiedener nicht sein können.

Ein Zeitungsinserat, das die Samstagsfrontseite des «Bund» zierte, warb für die Alternative «Gesundheitszentrum». Überraschend dabei ist, wie gross das Wort «Kultur» gedruckt wurde: doppelpunkt

Gestern sind im öffentlichen Raum grelle Fahrräder aufgetaucht, die für die «ProProgr»-Alternative und damit für eine Weiterführung des Kulturlabors stehen:

Proprogr

Heute Mittag findet zudem eine Pressekonferenz der «ProProgr»-Seite statt. Welche Neuigkeiten dort verkündet werden, erfahren Sie auf diesem Kanal.