Ich plagiiere jetzt mal ein wenig. Ich hatte ja auch die Idee, ich könnte versuchen, diesen Airen zu treffen (den Blogger, von dem die allseits gehypte Helene Hegemann abgeschrieben hat). Hab’s dann aber sein lassen, weil ich dachte, der wird jetzt ohnehin von allen Seiten bestürmt.
Dem ist auch tatsächlich so, wie heute in der Süddeutschen Zeitung zu lesen ist. Die hat’s nämlich geschafft, den armen Kerl zu treffen, der offenbar ziemlich überfordert ist mit all dem, was da unversehens über ihn hereinbricht. Statt sie selber zu recherchieren, erzähle ich deshalb eine geklaute Geschichte. Denn gut ist die Geschichte allemal.
Da ist also dieser Blogger, der von sich sagt, er lese vielleicht ein Buch pro Jahr (er sei Blogger, darum lese er Blogs, keine Bücher). Irgendwie ist ihm das Medium dann aber doch zu ephemer (oder was auch immer) – jedenfalls sorgt er dafür, dass seine Texte auch gedruckt erscheinen, in einem kleinen Berliner Verlag. Das Buch erscheint im Sommer 2009 – doch den Literaturbetrieb interessiert das kein bisschen, Reaktionen gibt es bloss in der Blogosphäre (à la «ach, der will jetzt auch noch Bücher schreiben»). Airen lebt weiter sein kleines, gar nicht mehr so wildes Leben, bis plötzlich eine Tochter aus kulturell gutem Hause seine Sätze klaut. Und da wird nun auch Airen ungefragt in diesen seltsamen Literaturbetrieb reingezerrt, allerdings nicht als respektabler Autor, sondern als Faszinosum, als Berichterstatter aus dem Untergrund, als Authentizitäts-Agent, kurz: als literarischer Pöbel, den man spannend findet, weil er so schön schmutzig ist, den man dann aber doch lieber nicht in die gute Stube bittet. Aufmerksamkeit hat er nun zur Genüge, Anerkennung hingegen immer noch null. Teil der Übereinkunft mit dem Ullstein-Verlag ist immerhin, dass der Verlag auch sein Buch herausbringt – im Herbst. Bis dann wird die ganze Sache längst vergessen sein.
Ich hätte den SZ-Artikel übrigens gern verlinkt, aber er ist leider nicht online. Wobei sich natürlich die Frage stellt, ob ich nun mehr geklaut habe, wenn ich eine Fremdrecherche einfach nacherzähle, oder wenn ich (was natürlich bequemer wär) ein paar Stellen aus dem Text rauskopiert und dann einen Link zum Ganzen gesetzt hätte. Bloss über Quellenangaben-Redlichkeit zu diskutieren, wie das nun geschieht, greift jedenfalls zu kurz.
Tatsächlich ist in der Internet-Welt neu zu verhandeln, was überhaupt ein Plagiat ist. Was «abschreiben» genau heisst, unterliegt ohnehin einem schon lange währenden Wandel, wie der Zürcher Germanist Philipp Theisohn in einem schönen Buch gezeigt hat. Hier hat Theisohn kürzlich zur aktuellen Debatte Stellung genommen.