
Ich bin einer eben dieser, die du der doppelten Moral bezichtigst. Ich mache Musik für Geld (manchmal) und organisiere Musik für Geld (sometimes) und schreibe über Musik für Geld (pafrois).
Dieser Text erscheint nur deshalb, weil die Mutter der Selbstbereicherung, Ta-mère-dia!, so sehr keinen Fick auf dieses Blog gibt, so sehr, dass sie nicht nur keine anständige Entlöhnung aufbringen mag für die Zeilen, die wir aus uns herausprügeln (ajvt). Sie nimmt wahrscheinlich nicht mal Notiz davon und ich kann hier also treten, schreien, quängeln im Schatten meiner fetten und trägen Mutter.
Darum lass uns über Selbstbereicherung reden. Und lass uns das am Beispiel meiner fetten Mutter tun. Und am Beispiel der Reitschule und ihres Dachstocks, der schon lange leise und jetzt mal wieder laut in die Kritik geraten ist, Kollateralkritik, ich weiss, aber eben latent – und Kritik vielleicht auch von dir. Weil du findest, dass der Kommercedes Benz hier falsch parkiert habe, weil du findest, dass die Bilettpreise zu hoch seien oder die Barpreise oder die Bühnenkante. Und weil du glaubst, dass sich da oben Menschen auf dem Buckel anderer oder zumindest auf dem Buckel einer Idee selber bereichern würden.
Was ich sehe: Im Dachstock wird Geld verlangt von Leuten, die bereit sind, Geld zu zahlen für die Kunst. Die Preise liegen weit unter dem, was der Markt (who dat boy?) rechtfertigen würde und zwar deshalb, weil da oben fürs Putzen und fürs Plakatieren alle gleich viel verdienen. Wenig. Einige leben davon. Dann vielleicht ermöglicht ihnen die mit Herzblut und einem glühenden ideellen Überbau (heisst: sinnvoll) verrichtete Arbeit eine Existenzgrundlage. Bleibt Geld übrig, wird es weiterverwendet. Für die Kunst, die sich nicht «lohnt» und für die Politik des Mittelfingers, den auch ihr erhebt.
Zwischen dieser Existenzgrundlage als Nährboden und der Selbstbereicherung besteht ein grosser Unterschied in der Welt, wie ich sie verstehe.
Zurück zur fetten Mutter. Die verlangt auch Geld für ihre Idee, den Journalismus. Im Unterschied zum Dachstock aber, der für seine Idee bereit ist, weitgehend auf Gewinn zu verzichten – individuell auf höhere Löhne und kollektiv im Nullsummenspiel – im Unterschied dazu lässt die fette Mutter ihr einstiges Innerstes langsam verkümmern und wirft es dem Markt (who him is?) vor zum Frass, investiert nach dessen Logik gerade dort, wo die Gewinne stimmen. Und anstatt den (noch dazu oftmals schmutzigen) Profit zurückzugeben an eine sinnvolle Idee, an eine Philosophie, schaut sie zu, wie sich das Geld schön weitervermehren lässt in den Mühlerädern sinnleerer, trauriger Selbstzweckbranchen oder schiebt sich den Gewinn gleich selbst in ihren faltigen, fetten Börsenarsch.
Es scheint mir wichtig, auch in grundsätzlicher Kritik in Verhältnissen zu denken. Wir, die Heuchler, die sich auf das Spiel einlassen, Geld nehmen und versuchen, etwas Sinnvolles vielleicht oder etwas Schönes immerhin damit zu treiben oder einfach nur zu leben von dem, was wir auzudrücken haben – wir sind am Seilziehen gegen die Selbstbereicherer, Kulturfeinde und Egoisten.
Willst du dieses Seil zerschneiden? Nur, damit die Lager eingegrenzt wären und die Feindbilder einfarbig? Damit es endlich nichts mehr zu diskutieren gäb?
Dass die Reitschule ein Ort ist, der sich grundsätzlich mit der Welt auseinanderzusetzen hat, ihre impliziten und expliziten Verträge brechen darf, ist richtig. Es hat sie zum wichtigsten Ort dieser Stadt gemacht. Dass die Reitschule auch ein Ort ist, der Teile der Welt, wie sie ist, anerkennt und dank dieser Anerkennung die Welt von innenher verändern kann, ist genauso richtig. Es hat die Reitschule vielleicht über die Zeit gerettet.
Mit dem Dachstock lässt sich reden.
Die fette Mutter hört mich nicht.
Liebe.
mrk