Archiv für die Kategorie ‘Bücher & Medien’

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Roland Fischer am Donnerstag den 24. November 2016

Bern ist ein wenig überall, wenn es um Literatur geht. In Berlin, in Biel – und natürlich in Luzern. Matthias Burki vom Verlag «Der gesunde Menschenversand» rechnete in seiner Dankesrede gestern in der Progr-Aula vor, dass gut die Hälfte seiner Autoren einen Berner Bezug haben und das Verhältnis bei den publizierten Titeln sogar 70:120 beträgt, was ihn selber ein wenig überrascht habe. Dass in der Laudatio zum von der Stadt vergebenen «Weiterschreiben»-Preis zuvor einigermassen umständlich durchdekliniert worden war, inwiefern der Verlag sehr viel mit Bern zu tun hat und mehr per Zufall in Luzern ansässig ist, war allerdings ein wenig kleinkrämerisch. Kantönligeist bei der Kulturförderung: Das fände man inzwischen eigentlich gern ein wenig von gestern.

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Wie tanzen die heutigen Tode?

Gisela Feuz am Samstag den 12. November 2016

Wie gehen sie um mit Todesmeldungen, werte KSB-Leserschaft? Ich bin ehrlich: Ich tu mich saumässig schwer mit dem ollen Sensemann. Vielleicht hat es damit zu tun, dass der Tod in unserem Alltag nicht mehr existiert. Klar doch, im Tatort sieht man ab und an eine Leiche auf dem Seziertisch, aber wann haben Sie zuletzt in Realität sterbliche Reste gesehen? Wir versuchen so gut als möglich den Tod zu verdrängen, Leichenwagen kommen nur noch nachts, Verblichene werden auf dem Totenbett drapiert und zurechtgepimpt, damit alle Anzeichen von Zerfall nicht mehr sichtbar sind. Genau da liegt doch aber die Krux, nicht? Den Schrecken werden wir dem Senseman nicht nehmen können. Nie. Aber zumindest kann man den grimmen Genossen ins gleissende Tageslicht bzw. aufs Tanzparkett zerren und ihn so zu einem Teil des Lebens machen. Damit würde er vielleicht auch ein ganz klein wenig weniger unsäglich, denn schliesslich ist der Tod ja auch nur allzu menschlich. Keiner beschreibt dies treffender als Balts Nill:

Die Tode
«Es gibt so viele Tode wie Lebende. Deiner geht neben dir her, er zählt jeden deiner Schritte und liest deine Gedanken, nachts wacht er neben dir und merkt sich deine Träume. Er hat ein Riesengedächtnis, und in deiner letzen Sekunde spielt er dir dein Leben als Film ab. Aber vielleicht hast du auch einen ganz anderen Tod neben dir, einen vergesslichen Tod, der verliert dich eines Tages aus den Augen, und wenn du alt bist und gehen möchtest, lässt er dich warten, und du rufst nach ihm, aber er hat dich schlicht vergessen. Vielleicht hat er einen anderen getroffen, eine Verwechslung. Oder du hast Glück, und ein musikalischer Tod begleitet dich, wenn du auf dem letzten Loch pfeifst, ein zweistimmiges Requiem, für dich allein, aber vielleicht hast du einen dummen Tod neben dir, der dich vor ein Auto laufen lässt, während dir in den Sinn kommt, dass du vorhin deine Cumulus-Karte hast liegenlassen, oder ein leichtsinniger Tod ist mit dir, der lässt dich auf eine Klippe steigen und ruft «Spring, ich fang dich auf!» Vielleicht hast du ja einen witzigen Tod, der sticht dir die Pointe mitten ins Herz, oder du hast einen höflichen Tod, der klopft leise an die Tür und lässt dir Zeit, dich umzuziehen, oder du hast einen eifrigen Tod, der nimmt auch noch deine Frau und deine Kinder mit, oder einen schludrigen Tod, der macht dasselbe und murmelt sorry. Und vielleicht hast du ja einen sanften Tod, aber der ist scheu und kommt nur, wenn du schläfst, nicht zu verwechseln mit dem faulen Tod, der dich einfach liegen und verrotten lässt. Es gibt viele Tode, grosse, kleine, erfahrene, unerfahrene, sympathischere und weniger sympathische, einige sind ziemlich schön, viele aber sind hässlich, und sie alle halten um deine Hand an & wollen tanzen.»

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Der obige Text «Die Tode» stammt aus der Begleitbroschüre zum «Totentanz?», einem sechs Meter langen Leporello, welches der Berner Grafiker und Illustrator Jared Muralt gezeichnet hat und zu welchem Multiinstrumentalist und Journalist Balts Nill die Texte beigesteuert hat. Der «originale» Berner Totentanz von Niklaus Manuel feiert dieses Jahr seinen 500. Geburtstag, dies der Anlass für Muralt und Nill in Zusammenarbiet mit Vatter & Vatter einen zeitgenössischen Totentanz zu schaffen. 

Un-Topos (Amerika ist kein Unort mehr)

Roland Fischer am Mittwoch den 9. November 2016

Ja, die Wahlen. Nein, das lassen wir hier. Wobei: bisschen Utopie kann ja nicht schaden, gerade in solchen Zeiten. Und Jubiläen sind auch nie verkehrt, oder?

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Also: Vor genau 500 Jahren erschien eines der tollsten und dreistesten Bücher der Weltliteratur – und beschrieb sprichwörtlich einen Unort. Utopia nannte Thomas More die geheimnisvolle Insel irgendwo weit draussen in den Weltmeeren, ausführlich bereist von einem gewissen Raphael (der dann auch berichtet, More ist blosser Protokollführer und gibt in der Vorrede zu, dass er blöderweise nicht recht hingehört hat als Raphael die genauen Koordinaten der Insel nennt), aber sonst niemandem bekannt.

Alles Satire natürlich, das macht More eben schon mit dem Namen der Insel klar: Utopia ist ein buchstäblicher Nicht-Ort, das Land das nicht existiert (ausser in unserer Vorstellungskraft, als politisches Kontrastmittel). Und der erzählende Raphael heisst mit Nachnamen im Original Hythlodeus (griechisch: ein Experte für Unsinn – oder auch einfach ein Grossschwätzer), woraus meine englische Ausgabe ein wunderbares Nonsenso gemacht hat. Kommt einem irgendwie bekannt vor?

Aber natürlich wäre das damals im Grunde noch möglich gewesen: Dass da draussen irgendwo eine bessere Welt liegt, ein abgelegenes Eiland mit einer sehr viel gerechteren Gesellschaft. Und warum auch nicht? Man stelle sich doch mal vor, wie man über unsere Gefilde denken würde in einem Land wo es kein Privateigentum gibt:

Indessen […] scheint mir – um offen zu sagen, was ich denke – in der Tat so, dass es überall da, wo es Privateigentum gibt, wo alle alles nach dem Wert des Geldes messen, kaum jemals möglich sein wird, gerechte oder erfolgreiche Politik zu treiben, es sei denn, man wäre der Ansicht, dass es dort gerecht zugehe, wo immer das Beste den Schlechtesten zufällt, oder glücklich, wo alles an ganz wenige verteilt wird und auch diese nicht in jeder Beziehung gut gestellt sind, die übrigen jedoch ganz übel.

Olten, ein Fotoroman

Roland Fischer am Dienstag den 11. Oktober 2016

Der Bund-Rezensent fragte sich nach der Lektüre von Pedro Lenz’ neuem Roman:

Denn wer braucht schon die ganze Welt, wenn er Olten hat?

Und der Blogger gibt ihm recht, mit einer kleinen Fotostory der Baslerstrasse entlang, die Stoff genug bietet für noch so manches Drama. Vielleicht liegt es daran, dass sich gleich im Rücken dieser Mittelland-Heilewelt der Jura aufbaut, anbrandende Wellen die dann einfach stehenbleiben? Als wollten sie diesem Olten nichts anhaben.

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olten

mohr

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Hätte ich einen Schwanz …

Gisela Feuz am Mittwoch den 10. August 2016

… würde ich jetzt so fest damit wedeln, dass mein Hintern hin- und herschwingen würde. Es ist vollbracht! Der Buch-Welpen ist geboren. Sie, das war dann aber gar nicht so einfach. «Pah, so ein Büchlein machen, kann so schwer ja wohl nicht sein», hat sie in ihrer bodenlosen Naivität gedacht, die olle Feuz. Und weil es ja organisatorisch langweilig wäre, wenn schreibtechnisch nur eine Person involviert wäre, fragt man nicht eine, nicht zwei, nicht drei, nein: 17 Leute an, ob sie vielleicht einen Text beisteuern würden. Sie, den ganzen Seich dann koordinieren. Denen mit Schreibstau und Identitätskrise Luft zufächeln und gut zureden. Denen auf die Finger hauen, welche nicht vorwärts machen. Hermann eine Infusion mit Walliser Weisswein stecken. Meister und Grob das 25. Kind ausreden. Kämpf und Urweider aus der Bar nach Hause schicken. Von Graffenried Nikotinpflaster kaufen. Einen Verlag finden. Einen Layouter finden. Geld auftreiben. Sie, also zwischendurch hab ich ja schon gedacht, läck bobi Feuz, welcher Pitbull hat dich da bloss geritten?!

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Aber jetzt ist es also da, das Fotobüchlein «Montagshunde» und ich bin die stolzeste Mama, welche die Welt je gesehen hat. Vergessen all die Tränen und durchwachten Nächte (was «pathetisch»?!), welche mir das Buch beschert hat. 47 Seiten, 26 Fotos, 18 Texte, Gedichte und Lieder von liebguten und talentierten Menschen, die für wenig Geld im stillen Kämmerchen geackert haben. Hach, Freude! *Tränenderrührungabtupf – in Businessmodusüberschwenk* Und weil Sie, werte KSB-Leserschaft, ihre Weihnachtsgeschenke ja bestimmt noch nicht gekauft haben, bestellen Sie jetzt alle auf der Stelle ein Exemplar, ja?

Angefangen hat alles mit der Fotokolumne «Müder Montagshund», welche bis dato die längste Serie in der KSB-Geschichte ist. Von Januar bis Oktober 2015 erschien jeden Montag ein Bild eines schlafenden Hümpus – die Aufnahmen waren während einer Reise durch Südamerika entstanden – und bald einmal begannen Leser und Leserinnen, Bilder von müden Hunden aus der ganzen Welt zu schicken. Auf den Blog folgt nun das Büchlein, für welches folgende Autoren und Autorinnen Texte beigesteuert haben: Lisa Catena, Michael Fehr, Frau Feuz, Ariane von Graffenried, Stefanie Grob, Rolf Hermann, Olivier Joliat, Matto Kämpf, Sandra Künzi, Pedro Lenz, Gerhard Meister, Grazia Pergoletti, Roland Reichen, Bubi Rufener, Christoph Simon, Michael Stauffer, Raphael Urweider, Suzanne Zahnd. Ihr seid alles Helden und Heldinnen, genauso wie Layouter Philipp Thöni und Menschenversand-Verlagspapa Matthias Burki. DANKE! Getauft wird «Montagshunde» am 1. September im Kairo, wobei insgesamt 13 Autoren und Autorinnen anwesend sein, lesen und ja: auch musizieren werden. Sie kommen auch? Schön!

Postkarte aus Elm oder – Der Absender, ein Buch mit Nachspiel

Sarah Elena Müller am Donnerstag den 21. Juli 2016

In seinem 1995 erschienenen Erstling Der Absender behandelt der Berner Autor Daniel Ganzfried die Geschichte seines Vaters, der 1944 in nach Auschwitz deportiert wurde. P1010269

Bei den darauf folgenden Lesungen wurde er immer wieder auf den KZ Überlebenden Bruno Doesseker angesprochen, der zu eben derselben Zeit sein Buch »Bruchstücke aus einer Kindheit 1939-1945« veröffentlicht hatte. Ganzfried wurde beim Lesen dieser Erinnerungen sofort klar, dass es sich bei Doessekers Holocausterinnerungen um eine Fälschung handelte. »Viel zu brutal, fast pornografisch, einfach ohne Sex« sagt Ganzfried heute. »Auschwitz war eine Todesfabrik, da mussten möglichst viele Menschen lebend vorne rein und tot hinten wieder raus. Brutalität braucht zuviel Energie, zuviel Zeit.« Er sitzt neben mir in Elm vor seinem Haus und pfeift zwischen den Sätzen nach seiner Hündin. »Immer haut sie ab, die Bauern regen sich furchtbar auf.«

Ganzfrieds erstem Anzweifeln von Doessekers Erinnerungen folgte ein Artikel in der Weltwoche, ein Tumult in der Literaturszene und schliesslich ein Strafverfahren gegen Doesseker. Kurz zusammengefasst war der vermeintliche KZ Überlebende mit dazu erfundenem Namen »Wilkomirski« Doesseker Sohn einer armen Bielerin, zur Adoption freigegeben, von einem Zürcher Ärztepaar aufgezogen worden. »Langeweile war meiner Meinung nach das Hauptmotiv« meint Ganzfried. Doesseker behauptete, sich an Dialoge, Hausnummern und Strassennamen zu erinnern, obwohl er zu dem besagten Zeitpunkt gerade mal zwei Jahre alt war. Der Verlag zog Doessekers Buch offiziell zurück. Ganzfried gewann 1999 den Journalistenpreis. Dies war die Kurzfassung. Denn wie die Jahreszahlen verraten, handelt es sich hier nicht um eine Aktualität. Was aber sehr aktuell ist, ist Daniel Ganzfried hier neben mir auf der Bank. Die Hündin galoppiert weiterhin taub auf der Wiese herum. Er pfeift. Sie ignoriert. Eine eingespielte Angelegenheit.

Ich habe Der Absender erst angelesen, möchte es aber trotzdem empfehlen. Vergriffen zwar, aber bei Amazon noch erhältlich. Denn bei dem ganzen Trubel um die Fälschung, könnte man das eigentliche Werk glatt vergessen. Die Erzählung bewegt sich im Gegensatz zu der von Doesseker angetönten Splatterbutalität entlang einer Leerstelle, die des Vaters nämlich, dem der Protagonist zwar via Archiven näher kommt, in Natura aber nie direkt zu den Fakten befragt… Zudem, was habe ich für Bern anderes zu berichten, aus Elm? Eben.

Idiotengeflügel und Urban Gardening

Milena Krstic am Dienstag den 28. Juni 2016

Vor zwei Jahren gab es die erste, nun ist die zweite Ausgabe des Dislike, dem Magazin für Unmutsbekundung erschienen. Das Mag kommt aus Bern und versammelt Texte, die trotz ungemütlicher Themen Spass machen zum Lesen.

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Illustration von Eva Rust zum Text «Predigt zur wunderbaren Geldvermehrung» von Michael Ende.

KSB hat vor zwei Jahren bereits über den Erstling berichtet und das war noch die Zeit, in der gab es nur den Like-Button auf Facebook. Heute können wir mittels Emoticons spezifizieren, wie wir unser Like verstanden haben möchten (mit Härzli, einem grimmigen Gesicht, Sie wissen schon, oder nutzen Sie kein Facebook? Falls nicht: Sie Glückliche/r).

Wie dem auch sei: Die drei Bernerinnen Rebekka Gerber, Sarah Pia und Katja Zellweger haben beschlossen, eine zweite Ausgabe ihres Magazins herauszubringen. Dieses Mal aber sei der Fokus auf Autorinnen und Autoren gelegen, die nicht eigentlich Journalistinnen oder Literaten seien, sondern SpezialistenInnen auf einem bestimmten Themengebiet.

So gibt es etwa einen Beitrag von Stephan Bernard, einem Anwalt aus Zürich, der sich in seinem Text mit dem Titel «Justiz- und Rechtskritik von lechts und rinks» über die Unschlüssigkeit der Linken ärgert und ein herrliches Fazit liefert: «Rebellion kommt heute meist von rechts. Bissigen Linken bleibt letztlich meist wenig anderes als der Exodus aus der Realpolitik übrig, in die oft ebenso humorfreie wie politisch irrelevante Zone linksaussen, ins Urban Gardening, in die politische Einsamkeit oder in den Poetry Slam.» LOL

Zu lesen gibt es auch einen Text von Mark Twain, der im Jahr 1905 über die Tücken des Erlernens der deutschen Sprache wettert. Er macht das so zynisch und bitter, dass es ein Schmaus ist.

Ärgern kann mensch sich aber auch über Frischhaltefolien, Wahlslogans und «Intakte Landschaften» (ein wunderbarer Text von Res Hofmann, einem Botaniker, der über seine Arbeit als Inspektor für die Erhaltung wertvoller Lebensräume schreibt).

Küre hat beim Betrachten des adretten Magazins etwas Schlaues gesagt: «Von einem Heft, das Unmut bekundet, erwarte ich eigentlich, dass es hässlich aussieht und nicht so schick daherkommt.» Auch eine Idee, find ich. Vielleicht für die nächste Ausgabe?

Und falls Sie wissen möchten, was es mit dem «Idiotengeflügel» (einer Konstruktion der Künstlerin Pinar Yoldas) auf sich hat: Das Dislike können Sie hier bestellen, oder in der Münstergass Buchhandlung und im Lehrerzimmer beim Progr direkt erwerben. 

Kultur allein Zuhause #9: Brüten und Füttern

Saskia Winkelmann am Freitag den 27. Mai 2016

Dieses Buch spielt grösstenteils in Bern: Der kurze, intensive Roman “Der Mauerläufer” der Amerikanerin Nell Zink.

“Der Mauerläufer”, Nell Zinks Erstling, ist ein dünnes dichtes Buch geworden, dessen Inhalt schnell zusammengefasst ist: Nach einem Autounfall ist bei Tiffany und Stephan nichts mehr wie vorher. Sie ist nicht mehr schwanger und er fängt einen Vogel. Ein Mauerläufer wird zum neuen Haustier der jungen Amerikanerin und des Hobbyornithologen, die erst zusammen in der Berner Altstadt, dann in Berlin wohnen.

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Die Autorin Nell Zink kommt aus Virgina und lebt seit Jahren in einer Kleinststadt in Brandenburg, wo sie bis jetzt nur für Freunde und sich selbst geschrieben hat. Nun legt sie mal eben so mit fünfzig ihren ersten Roman hin, den die Feuilletons (zu recht) einstimmig loben.

Es geht darin um die Liebe, um Umweltschutz, um Sex und Heimat – und es geht um Vögel. Mit einem Tempo führt Zink einen an der Seite von Tiff durch Bern, Berlin und den Balkan, durch eine Ehe, eine Affäre, durch Clubs, durch die Pampa in Sachsen-Anhalt, durchs Berner Oberland, durch Vogelsaffaris und Gefühlsachterbahnen. Das ist manchmal anstrengend, aber immer kurzweilig und sicher nie langweilig, auch wenn man sich nicht im geringsten für Vögel und Umweltschutz interessiert.

Menschenfrei Kultur geniessen in den eigenen vier Wänden. Tipps und Tricks von KSB. Diesmal: “Der Mauerläufer” von Nell Zink. Im März bei Rowohlt erschienen, 155 Seiten.

Kultur allein Zuhause #8: “Der goldene Handschuh” von Heinz Strunk

Saskia Winkelmann am Samstag den 30. April 2016

Der erste nicht autobiografische Roman von Heinz Strunk erzählt die schwer verdauliche Geschichte des Serienmörders Fritz Honka. Es ist nicht einfach, über dieses Buch zu schreiben.

Heinz Strunk ist der Grund, warum ich dieses Buch mit dem harmlosen Titel aufschlug, ohne mir vorher klar zu machen, worauf ich mich genau einliess. Strunk ist Teil von  Studio Braun, Autor des sehr tollen und sehr tragisch-komischen Romans „Fleisch ist mein Gemüse“ und anderer Werke, Popliterat, Musiker, er ist ein lustiger, intelligenter Mensch und wie die meisten richtig lustigen, intelligenten Menschen, ist er auch ein tieftrauriger. Ausserdem ist er ein Autor, den ich sehr schätze.

Es ist schwierig “Der goldene Handschuh” zu beschreiben, ohne dass es klingt, als handle es sich dabei um ein unglaublich schlechtes literarisches Werk. Zum Beispiel wenn ich sage: Mir ist übel geworden. Ich habe das Buch weglegen müssen. Danach hab ich nicht schlafen können.

Strunk_Der_Goldene_Handschuh

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Bücherkiste: Welcome to the Jungle

Roland Fischer am Freitag den 22. April 2016

Zunächst hat Axl das Wort:

Welcome to the jungle
Feel my, my, my serpentine

Er will wohl auch wieder ein wenig tiefer in den Dschungel, mal sehen wie er sich da durchschlägt – beziehungsweise durchschlängelt. Oder spielt er vielleicht auf eine Begegnung mit Kaa an? Mit der hypnotischen riesigen Python, Freund und Feind zugleich?

Jedenfalls: Man kann sich das Dschungelbuch-Geschehen natürlich in real im Kino anschauen gehen. Aber man kann diesen Dschungel und seine Bewohner auch ganz der eigenen Imagination überlassen – und nimmt das Buch von Rudyard Kipling zur Hand. Man kann natürlich auch das eine tun und das andere nicht lassen. Wie auch immer – man sollte dieses tollste aller Kinderbücher mal gelesen haben, mit all seinen wunderbaren und immer wieder mal unversehens wunderbar unheimlichen Figuren, mit seinen politischen Anspielungen, mit seiner Fülle an Abenteuern und tiefen Einsichten ins auch ganz alltägliche Menschsein für uns Nichtdschungelbewohner. Oder ist er doch überall? Ist die Zivilisation immer noch gehörig überwuchert? Beziehungsweise: Hätten wir das ganz gern so?

  

Und ah: Habe ich Kinderbuch gesagt? Für das Dschungelbuch gilt natürlich wie für alle tollen Kinderbücher, dass sie keine Altersbegrenzung haben, nach unten nicht – und schon gar nicht nach oben.