Lichterspiel auf der Guillotine. Die Berner Gruppe Lolasister mischt Flimmriges und Verspultes, wunderbar aus der Zeit Gefallenes und Feinsortiertes in gescheiter Popschreibe. Daran hätte sich der Autor eigentlich noch erinnern müssen.
«How to find (or at least where to look for it.)» Ich suchte an der Bar. Die letzten Tage waren angezählt und Alkoholismus mal wieder maximal salonfähig. Das hübsche «Micro Jazzfestival» im Keller einer ehemals feinen Villa drüben beim Inselplatz, es versprach den alten Favre (ein schöner, demütiger Mensch he is, hat sich von allen Gästen persönlich verabschiedet mit der Klasse eines Menschen im Einklang, im Reinen) und eine Band auch hinterher, wegen der ich eigentlich gegangen wäre, kommt mir aber grad nicht mehr in Sinn – eben, der Weisswein und jedenfalls ist diese eine Band dann nicht gekommen wegen etwas und dafür eine andere.
Der letzte Schluck im letzten Bus, ein letzter Gruss, im Slalom durch die Gass. Schliesslich, endlich, fick mich, fickt euch, ich liebe euch alle – eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Schüssel, ein Gebell noch,
adémæssi.
So hab ich mich doch wieder trinkend um bleibende Eindrücke betrogen und weiss jetzt, kurz nach Erscheinen der zweiten Videoaufzeichnung dieser anderen Band, dass mir die Musik, damals im Keller, fünf vor Ladenschluss, dass sie mich an der Hand nahm und in sanftes Glück, nicht Rausch, nicht Euphorie, in ein sanftes kleines Glück aber gebettet hat. Tell you why:
Das Quintett um Leoni Altherr macht seine Arbeit sorgfältig. Die Songs sind von formaler Eleganz, die Klangwelt ist mit Bedacht geflochten. Nichts schreit, nichts bellt, nichts tut sich hervor. Mit mondsüchtiger Sicherheit traumwandeln sich Lolasister durch ihre Songs und ja, das könnte gähnend langweilig sein. Dass dem nicht so ist, dafür sorgen die fünf mit ihrer individuellen Klasse einerseits; Altherrs und Hofstetters Schwesterstimmen, Schulers Geflimmer, das er behänd aus alten Orgeln zäuselt und eine der Rhythmusgruppe Utzinger / Keller von Herzen verdankte Arschcoolness, die auch an überschäumenden Temperamenten nicht zerbricht. Zum andern ist da: kompositorischer Witz, Mut zur Schräglage und ganz viel performative Ruhe als stilles Argument, das wirkmächtiger ist, als mancher glauben will (zumal in Zeiten, da das Wort «Performance» im Pop gern Gehampel und Gefuchtel und Feilbieten des eigenen Fleisches meint.)
Wir freuen uns auf den im allgemeinen Geflüster schon angekündigten ersten Tonträger dieser vielversprechenden, den Saumoden der Zeit mit Gelassenheit und Musikallität begegnenden Band. Und empfehlen den Konzertbesuch uneingeschränkt – eben auch nüchtern. Bühnendaten hier.
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