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Wir, die Willkommenen

Milena Krstic am Samstag den 3. Juni 2017

Eigentlich wäre das ja total mein Ding, so von der Machart her: Eine Reise in den Kongo tun, dort ein paar Leute zusammentrommeln und in der Schweiz ein Theaterstück präsentieren.

Genau das tat er nämlich, The bianca Story Frontmann und Hausautor bei KTB, Elia Rediger. Seine Eltern waren Missionare im Kongo, dort wurde er geboren und dorthin also ist er zurückgekehrt, um sich Inspirationen für ein neues Stück zu holen. Das Endprodukt heisst «Oh Boyoma» und gestern war Premiere in der Heitere Fahne.

Es bringt nichts, wenn ich jetzt hier eine Rezension vom Zaun reisse (aber so ganz ohne komme ich hier nicht weg), meine geschätzte Kollegin und Busenfreundin Gisela Feuz hat alles schon gesagt und für unser Mutterschiff rezensiert: Am Anfang war das alles bezirzend, dieser angedeutete Urwald aus Lianen, die wundertollen Kostüme und der Geschichtenerzähl-Modus, den ich sehr zu schätzen weiss. Aber so ab einer Stunde dreissig türmte sich eine gute Idee auf die nächste, ich wusste nicht mehr, wo mir der Kopf stand und musste dringend auf Toilette.

Mir gefiel das wirklich, diese Theorie, die Rediger da aufgestellt hatte, dass wir aus Europa nach Afrika reisen und dort die Bienvenues, die Willkommenen sind, weil uns nicht das Leid dorthin treibt, sondern eine Wohlstands-Abenteuerlust. Welch Potential! Aber das wurde erstickt in einem Zuviel an allem, ein Ende reihte sich ans nächste und ich hoffte leise verärgert vor mich hin, es möge zu einer Erlösung kommen. Oh, Boyoma!

Ich hätte mir so sehr einen tropenfiebrigen Zustand gewünscht, fühlte ich mich doch anfänglich an meine Zeit mit «Hundert Jahre Einsamkeit», dem Roman von Gabriel García Márquez, erinnert: die Schwüle, dieses Migräneklima, die Verheissung einer Stadt ohne Namen, direkt an einem Fluss, wo die Grillen ihre Beinchen aneinander reiben und man besser noch bei der Tropenärztin einen Termin vereinbart, bevor die Reise angetreten wird.

Oh, und suchen Sie ein Buch für die Sommerferien? Gönnen Sie sich «Hundert Jahre Einsamkeit», dieses Ungetüm von Roman, so üppig voll von brutaler Poesie. Es hat übrigens auch den schönsten Original-Buchumschlag ever.

Oh Boyoma läuft noch bis am 16. Juni in der Heitere Fahne.

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