Der Berner Schriftsteller Giuliano Musio spürt für KSB jede Woche einen heimlichen Verwandten eines vermeintlich einzigartigen Begriffs auf. Manuel Kämpfer illustriert ihn.
Heute: Der Spätling
Der Spätling war eine Jahreszeit, die in den Siebzigern probeweise eingeführt wurde, nachdem man gemerkt hatte, dass sich auch Verrücktheiten wie die Umstellung auf Sommerzeit durchsetzen lassen. Mit dem Spätling entstanden zwei neue Monate, Quintember und Sixtober, wodurch es beim Abzählen an der Hand endlich keine überzähligen Fingerknochen mehr gab. Wie im Frühling begannen auch im Spätling die Blumen zu sprießen, die Bäume zu knospen und die Vögel zu singen. Da der Spätling aber direkt in den Herbst überging, endete das liebliche Erwachen der Natur jeweils in jähem Tod. Innendekorateure, Bastelgruppen und Hebammen ließen es sich dennoch nicht nehmen, die neue Jahreszeit zu zelebrieren: mit Spätlingsgedichten und Knospensträußen.
Manch einer feierte die neue Jahreszeit mit dem leckeren Unreife-Äpfel-Kuchen.
Nächste Woche: Der Trikini
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