Am heutigen Tag genau vor dreiundreissig Jahren spielten The Clash in der Berner Festhalle.
Und die war schon damals eine angegraute Fingerübung humorloser Hochbauzeichner. Nach dem Krieg gebaut für Volkstümliches, wurde sie in den 1970er und 80er-Jahren immermal wieder von der Pophistorie gestreift. Im müffeligen Zweckbau kehrten die Moody Blues ein, Zappa und Cash, Joan Baez und sogar die Stones gaben hier 1973 ein als schwierigschwierig kolportiertes Doppelkonzert.
Wenig später entbrannte im angloamerikanischen Raum, was dem psychedelischen Kater der frühen Siebziger eine klare Haltung der Ablehnung entgegenbrachte: Punk. (In der Festhalle hörte man derweil Genesis zu …) Und aus dieser Zeit, da sich offenbar jede zweite Feierabendband «nach einem Konzert der Sex Pistols» gegründet hatte, bleibt wenig so nachhaltig in wärmster Erinnerung wie The Clash. Die Londoner verstanden es, dem Rotzigen das Schlitzohrige zu lehren. Und schenkten den berühmten drei Akkorden obendrauf die Coolness und den Groove. Spätestens by 1979 war klar: Strummer, Jones, Simonon und Headon sind die geilste Gang auf dem Planeten.
Von dieser Gang waren 1984 noch Frontmann und Poet Joe Strummer sowie Bassmann und style provider Paul Simonon übrig. Mick Jones und Topper Headon wurden gegangen – der kongeniale Gitarrist Jones konnte sich mit der wiederholten Einstellung Bernie Rhodes’ als Manager nicht arrangieren. Und Schlagzeuger Headon sich nicht mit dem Heroin. Und also waren dem Maul der einst geilsten Gang des Planeten zwei Zähne ausgeschlagen und die Spötter nannten es: The Clash II.
Ich war 1984 noch kaum ein feuchter Traum. Und auch kaum jenen feuchten Traum hatte damals wohl mein Vater, der mit dem Fieber im Bett lag. Da hat man andere Träume. Neben ihm auf dem Nachttisch lag vielleicht dieses nie eingelöste Billet (should I stay or should I go?) – und so kann er mir nichts davon erzählen. Am darauffolgenden Montag handelte die Berner Zeitung das Konzert jedenfalls mit einem solidlangweiligen Konzertbericht ab, der sich wie der Matchbericht eines torlosen Unentschiedens liest. Und insofern ganz gut zur bis heute gültigen Solitärkompetenz des Blattes passt: Sportjournalismus. Wahrscheinlich war das Konzert ebenso solide und ein bisschen langweilig. Wahrscheinlich verhallten Joe Strummers Schlachtrufe schon etwas müde im halbvollen Geviert. Wahrscheinlich parodierten die angeheurten Tourmusiker in Jones’ Abwesenheit die Projektion der kredibilsten Gang auf dem Planeten, eine Idee, die The Clash in den Jahren davor so unwiderstehlich und allen stilistischen Neugierigkeiten zum Trotz verkörperten. Und wahrscheinlich war der Sound wirklich kacke.
Aber ich war ja nicht da. Es hätte einfach gut zur Festhalle gepasst, die, selbst aus der Zeit gefallen, alles pophistorische Schwemmholz überlebt hat. Und das Schwemmholz ist – auch wenn einst die geilste Gang auf dem Planeten – vor der Altersmorschheit nicht gefeit.
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