Zuerst waren da diese Sticker, irgendwie überall in dieser Stadt: an Ampelmasten, Häuserfassaden und auf Telefonhörern. Wer ist hässig und warum?
Könnte eine rechtsradikale HC-Band sein, so der gebrochenen Schrift nach. Aber es gibt ja auch eine Punkband aus Bern, die heisst hässig. Ist das etwa deren Logo?
Nö. Hässig, das ist eine Klamottenmarke aus Bern, gegründet von zwei Jungs, die im Breitsch aufgewachsen sind. Gestern Donnerstagabend fand am Mauerrein eine exklusive «Preview» der neuen Kollektion statt. Draussen vor der Tür – weil drinnen ist es stickig und die Beats pumpen in den Ohren – erzählt Nassim Khlaifi davon, wie er in Zürich in einem Kleiderladen gearbeitet hat. Es gab da einen Junkie, der sei regelmässig ins Geschäft gekommen und habe mit Vorliebe das Wort «hässig» verwendet.
Dem jungen Khlaifi ist das geblieben; er hat sich entschieden, aus diesem hässig etwas zu machen. «Englische Markennamen gibt es doch schon genug. Ich wollte etwas, das ‘vo hie’ ist, etwas, das es halt so noch nicht gibt», sagt er. Weise. Denn hässig geht ziemlich ab, mehr noch: Die Klamotten sind Lifestyle zum Überstreifen, ein Status in Baumwollform. Wer Glück hat, ein lässiges hässig Teil zu ergattern, gehört zu einem exklusiven Clan.
Irgendwann ist Raphael Szabo mit ins Boot gestiegen, er ebenfalls 25 Jahre jung und mit Erfahrung im Kleiderverkauf. Gemeinsam haben Szabo und Khlaifi hässig in neue Sphären gehievt. «Anfangs habe ich nur ganz wenige Stückzahlen für meinen Freundeskreis produziert», sagt Khlaifi. Die letzte Kollekton war in fünfzehn Minuten ausverkauft. Da sind Leute aus St. Gallen angereist, um ihr Glück zu versuchen.
Das erste Mal steil gingen hässig, als Rapper Nativ von S.O.S. am Royal Arena Openair eine orangefarbene Jacke der Marke trug (Videomitschnitt hier). Das zweite Mal gings dann so richtig steil, als der Wiener Cloud-Rapper Yung Hurn sein alter Ego K. Ronaldo in ein hässig-Shirt steckte und vom Vorteil einer Sonnenbrille fabulierte.
hässig ist, das darf so gesagt sein, eine Erfolgsgeschichte: ein bisschen Provokation, viel Fame und immer noch Untergrund. hässig ist aber auch sonst gesehen im Trend: Der Hoodie und die Streetwear aka Strassenkleidung sind wieder fett in Mode, seit die überteuerte französische Marke Vetements den Stil laufstegtauglich gemacht hat. hässig reitet auch auf dieser Welle, obwohl das so sicher nicht geplant war.
Wie es weitergeht, wissen die Jungs noch nicht. Aber diesen Zwischenstatus – mit einem Fuss im Kommerz und mit dem anderen noch im Untergrund – den gilt es, zu geniessen.
Heute um 13 Uhr kann die neue Kollektion im Frenchy Store an der Gerechtigkeitsgasse 9 gekauft werden. Ab 18 Uhr ist das Shoppen dann auch online möglich. Posten Sie ein Foto, falls Sie zu den Glücklichen gehören.
« Zur Übersicht