Wie ein Ferrari sei ihre Band gewesen: Das schnellste und heisseste Geschoss überhaupt. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass man mit so was irgendwann frontal in eine Wand brettere, sei eben gross, sagt Noel Gallagher. Er wird’s wissen, denn in die Wand gebrettert ist er mit seinen Oasis tatsächlich. Und zwar mit Vollgas. Der englische Filmemacher Mat Whitecross («Amy», «The Road to Guantanamo», «Sex & Drugs & Rock & Roll») legt mit «Supersonic» eine Dokumentation vor, welche den kometenhaften Aufstieg der Rüpel-Truppe aus Manchester zeigt. Durch Zufall waren die beiden Brüder Noel und Liam Gallagher, Tony McCarroll, Paul «Guigsy» McGuigan und Paul «Bonehead» Arthurs 1993 in Glasgow von Allan McGee entdeckt worden – drei Jahre später spielten sie vor 250’000 (!) Leuten in Knebworth, wobei 4% der britischen Bevölkerung, also 2.6 Millionen Menschen, sich für Tickets beworben hatten. Damit beginnt und endet «Supersonic», der wenig ruhmhafte Abstieg und die definitive Auflösung der Band vor sieben Jahren sind in Whitecross’ Film kein Thema. Macht nichts. Wie katastrophal selbstzerstörerisch das Ferarri-Modell Oasis war, wird auch so klar.
«Supersonic» ist eine kurzweilige Dokumentation, die viele frühe, grobkörnige Konzert- oder Top-of-the-Pops-Aufnahmen und On-The-Road-Bilder beinhaltet. Abwechslungsweise kommen die Bandmitglieder zu Worte, wobei Noel und Liam am meisten zum Zuge kommen. Der Bruderzwist der beiden Brüder Gallagher, die sich auch mal mit einem Cricket-Schläger auf den Kopf hauen, ist omnipräsent, wird von den beiden Streithälsen aber wohltuend selbstironisch kommentiert.
Whitecross’ Film zeigt den Triumphritt, welche Oasis nach den beiden Alben «Definitely Maybe» (1994) und «What’s the story morning glory» (1995) antraten, führt aber auch schonungslos die Desaster vor, welche die fünf Lads aus Manchester veranstalteten. So konnte etwa das erste Konzert im Ausland (Holland) gar nicht erst angetreten werden, weil auf der Fähre dermassen Rambazamba veranstaltet wurde, dass Oasis bei der Ankunft gleich des Landes verwiesen wurden. Und bei einem Konzert in Los Angeles spielten die Tunichtgute mehrere Songs gleichzeitig, weil die ganze Mannschaft randvoll mit Crystal Meth und deswegen maximal verpeilt war.
Wahrscheinlich seien sie «the biggest bunch of cunts» gewesen, sagt Noel Gallagher rückblickend, womit er nicht so weit von der Wahrheit entfernt sein dürfte. Aber der grossmaulige Grössenwahn der Gebrüder Gallagher und die unverblümte Art, wie sie Anekdoten über Schlägereien, Alkohol- und Drogenexzesse zum Besten geben, hat eben auch was. Und daneben waren Oasis ja einfach auch eines: Eine verdammt gute Rock’n’Roll-Band, die uns fantastische Hymnen beschert hat. «Live Forever», «Don’t look back in anger», «Wonderwall» ….. fuckin’ biblical, man!
«Supersonic» wird in der Cinématte gezeigt und zwar DO 10. – SA 12.11., FR 18.11., SA 19.11., DO 24.11., SA 26.11. und SO 27.11.
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