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Erzähltes und Verschwiegenes

Roland Fischer am Dienstag den 1. November 2016

Mein Gott, was wird gelogen in dem Film! Was werden Fassaden gepflegt, was wird gekittet und gekleistert, damit Wahrheiten nicht ans Licht kommen. Eine herrliche Spielwiese ist das für einen Filmemacher wie François Ozon, der die Doppelbödigkeiten des Erzählens mag.

Eine Liebesgeschichte eigentlich, nichts weiter – und obwohl diese Geschichte ihren irgendwie ein wenig behäbigen Gang nimmt, muss man am Schluss zugeben: Was ist das ein verteufelt gut geschriebener Film. Denn zwischen Wahrheit und Lüge interessiert sich Ozon hier für allerlei Zwischentöne, für Ausgelassenes, Totgeschwiegenes, und vor allem: für Unerzähltes. Zwei Länder, zwei Menschen, zwei Vorstellungen, wie die Dinge sind und wie sie sein könnten, alt und neu, schwarz und weiss – hier kann fast alles zur Metapher werden, und ist doch ganz unaufgeregtes Erzählkino, an der Oberfläche. Heile Welt des Kinos.

Der verrückteste Trick dabei: Wie Ozon schon sehr früh einen kleinen Verdacht zwischen die Bilder und Zeilen streut und ihn dann den ganzen Film lang ein wenig weiterpflegt, eine Wahrheit, die sich irgendwann dann doch mal noch offenbaren sollte (und es ansatzweise auch tut). Vor allem lässt Ozon das dann aber im Kopf der Zuschauer passieren, der Film nimmt irgendwann eine andere Wendung. Aber man bleibt bis zum Schluss damit beschäftigt, diese andere Wahrheit noch mit hineinzuerzählen. Und dreht und wendet die Dinge, immer wieder. Und weiss beim Abspann dann gar nicht mehr so genau ob man denn nun Gespenster gesehen hat.

Hat man natürlich, auf der Leinwand. Alles ein wenig spröde. Ein beinahe biederes Erzählen. Und dann doch: ein moderner Schachtelzauber, ein Erzählspiel, bei dem die Geschichte nur Vorwand ist und erst der Blick hinter die Kulissen zeigt, wie vertrackt die Dinge doch sind. Und da hinten sitzt übrigens Ernst Lubitsch und zwinkert verschwörerisch.

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