Kommt ein Ausländer ins Dorf und wird verprügelt: In eine Nussschale gequetscht ist das der Inhalt von «Katzlmacher», Fassbinders Theaterstück aus dem Jahr 1968. Gestern wurde es am Stadttheater Bern in einer aufregenden Version von Claudia Meyer aufgeführt.
Möchtegern heil ist diese Welt, in die Jorgos (Nico Delpy) geholt wird. Hier soll er arbeiten und … na ja, arbeiten halt. Was soll er denn sonst von seinem Leben erwarten? Hat er doch schon das Privileg, nach Deutschland kommen zu dürfen.
Unverhofft wird ihm die Rolle des Unterhalters zugewiesen; denn alle im Dorf wollen etwas von diesem Ausländer, der aber irgendwie doch faszinierend ist – und halt einfach «besser gebaut ist, besser wie wir», wie die Ingrid (Nina M. Kohler) so schön bemerkt.
Rainer Werner Fassbinder ist vor allem bekannt als Filmemacher, hat aber auch Theaterstücke geschrieben. «Katzlmacher» ist eines davon und stammt aus dem Jahr 1968. Es ist ein kleinkariertes Elend, das Fassbinder in einer fantastischen, kleinbürgerlichen Sprache wiedergibt. Regisseurin Claudia Meyer hat den 70er-Jahre-Muff weggelassen und das Dörflein kaugummirosa gestrichen und die BewohnerInnen in Samt, Pailletten und satt sitzende Anzüge gepackt (Bühne und Kostüme: Aurel Lenfert). Das sieht dann ein wenig aus wie in einem Beyoncé-Videoclip (ist auch mindestens so gut choreografiert) und kommt so richtig schön daher für das Auge.
Irgendwie habe ich es noch nicht geschafft, mich eingehend mit Fassbinders Werk zu beschäftigen. «Katzlmacher» hat mich motiviert, dies nachzuholen, auch der fantastischen schauspielerischen Leistungen wegen. Noch im gruseligsten menschlichen Abgrund bewahrt die Geschichte den Witz und nie, wirklich nie wird da sozialromantische Verklärung betrieben: Niemand ist gut, auch der Ausländer nicht. Es gibt nur hässlich und schön, gut und böse. Wobei «Gut» … Nein, eigentlich gibts nur Böse.
Fassbinder ist übrigens bereits mit 37 Jahren gestorben. Ich bringe hier jetzt absichtlich kein Foto aus dem Theaterstück (das kommt dann am Montag in der Printausgabe des «Bund» mit ausführlicher Kritik), sondern eines von Fassbinder himself, diesem coolen Hund (Still aus dem Film «Kamikaze» von 1989).
Weitere Vorstellungen bis am 22. März 2017 in der Vidmarhalle 1.
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