Sommerloch, messieurs dames! Vielleicht planen auch Sie, der (Kultur-)hauptstadt vorübergehend den verbrannten Rücken zu kehren. Lassen Sie es bleiben. Ein paar Szenarien.
Sie denken an einen Städtetrip. Berlin, Paris oder sogar mal raus aus Europa nach London. Die orange Fluggesellschaft bringt Sie zum Fairtrade-Preis hin. Natürlich gibts nichts schöneres, als tagsüber bei siebenunddreissig Grad sightzuseen und nachts vergeblich zu queuen vor dem In-Lokal inmitten tausend anderer Berghainis.
Bleiben Sie bei uns! Auch die Berner Clubs werden Sie nicht reinlassen, Sommerpause sei Dank. Doch Szenekenner wissen: Das Dead-End bietet ebenfalls grimmig-stiernackige Türsteher, Glückspillen in allen Farben werden hier über den Billardtisch gestüpft und was sind schon Funktion One-Lautsprecher, wenn Sie zu handverlesenen Haarspray-Metal-Hits auch gleich das Musikvideo mitgeliefert bekommen?
Sie mögen es pittoresk. Mit zwei Rössern unter dem Hintern und einer ungefilterten Gauloise im Mundwinkel bummeln Sie durch die Lavendelfelder. In Saint-irgendwas-sur-irgendwo lenken Sie ein und verscherbeln das letzte verkrümelte Euromünz an einen virtuosen Drehorgelmann, eine menschliche Silberstatue oder einen lagerfeurigen Gassenbarden.
Bleiben Sie bei uns! Auch am diesjährigen Buskers werden wieder als Strassenkünstler verkleidete Profimusiker um Ihre Gunst fideln, tröten und rasseln. Ingwerer lässt den Schädel am nächsten Tag übrigens genauso brummen wie Pastis und Intellektualität à la française finden Sie zurzeit sogar auf dem Hausberg.
Sie ruft das Meer. Da ist man gerade an den schönsten Stränden für sich (oder wenigstens unter seinesgleichen.) Wenns dann dämmert über dem Fleischmarkt, zücken Sie ihr Telefon, zeigen der Facebook-Gemeinde, wie so ein Sonnenuntergang in echt aussieht und legen sich, beglückseelt von einem guten Dutzend neidischer Likes, zu den Sandflöhen schlafen.
Bleiben Sie bei uns! Das Marzili macht zwar meistens vor der Abendröte dicht, dafür können Sie sich da statt täglich wiederholter Naturkapriolen bisweilen indisches Qualitätskino geben, die italienischen Gelati sind hier näher als der Softeisautomat in Rimini und für quasibrasilianisches Copacabana-Flair sorgt das Schaulaufen der Boys und Girls auf dem Volleymätteli.
Sie gehören zu den klassischen 1.August-Deserteuren. Nichts widert Sie mehr an als besinnliches Bierbräteln an einem historischen Zufallstag. Nichts widert Sie mehr an als Zuckerstöcke, aufgestockte Würste und stockkonservatives Süssholzgeraspel für Mutter Helvetia. Darum sind Sie geflüchtet, mit dem Wohnmobil nach Skandinavien getuckert, um auf irgendeinem Campingplatz einen zünftigen Heimweh-Frauenfurz fahren zu lassen vor dem Vaterland.
Bleiben Sie bei uns! Das No Borders, No Nations! auf der Schützenmatte bietet auch diesen Sommer wieder ein entgrenztes Vorprogramm zur Rütlirede.
Sie suchen das Fest. Schlangestehen vor lieblich hergerichteten Dixieklos, das Stelldichein von Superstars ohne Soundcheck und warmes Dosenbier – es ist Festivalzeit allenthalben! Weil Sie den Lokalkolorit in der Headliner-Programmation besonders schätzen, reisen Sie den Vierzigtonnern durch halb Europa hinterher.
Bleiben Sie bei uns! Das Gurtenfestival kommt schon bald und versprüht auch heuer und dank der gütigen Mitarbeit multinationaler Grosskonzerne wieder internationales Flair. Und die Headliner wissen genausowenig wie Sie, ob sie sich gerade in Belgien, Schweden oder der Schweiz befinden!