Es schwingt schon bittere Schönheit mit, wenn Black Lung aus Baltimore im grössten Fumoir der Stadt einfahren.
Am Eingang zum Rössli steht unter der Affiche: «OHRENSTÖPSEL-PFLICHT!!!» Das will was heissen in einem Haus, wo ausser ein paar humanistischen Grundsätzen eigentlich gar nichts Pflicht ist.Zuerst gilt das berüchtigte Berner Duo Sum Of R angehört. Ein hypnotisches Steinbruch-Mantra wird da zwischen Bar und Tür installiert, ein architektonischer Dialog von wenigen schaurigen, in feinste Verzerrung gekleideten Noten und einem Schlagwerk, das dem Teufel ab dem Karren gefallen ist.
Rasch Pfröpflüften, Auftritt Black Lung. Der Heavy-Blues-Dreier aus der Rabenstadt in Maryland fackelt nicht lange, greift rudimentäre Gitarrenriffs aus der angestaubten Truhe rudimentärer Gitarrenriffs – und schmettert sie der zahlreichen, etwas verdutzten Hörerschaft so entgegen, als wäre der Hartblues gerade eben on stage erfunden worden.
Vehemenz hilft, das ist auch dem Instrumentarium anzusehen. Der Verschleiss von Saiten ist antizipiert. Weil das Trio ohne Bass, dafür mit zwei Bassverstärker-Kühlschränken anreist, ist für den Wumms gesorgt. Auch schön: Hie und da werden die kreisrunden Klischeeriffs angebrochen oder verkettet, sodass statt mitgestampft auch mal mitgezählt werden darf. Über alldem (und diese Notiz ist der Kompetenz am Mischpult gewidmet), kreist und sägt der Pressgesang von Dave Cavalier in konstant angezerrter Körnigkeit. Selten hat man das paar Härchen im Innenohr so gerne geopfert vor dem Segen lauter Gitarrenmusik.
Black Lung – See The Enemy ist am 29. April 2016 auf Noisolution erschienen.
—
Mit diesem Beitrag begrüssen wir Herrn Schwab auf unserem kleinen Kulturstatt-Dampfer. Herzlich Willkommen!