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«Wer übt, kann nix»

Gisela Feuz am Samstag den 6. Februar 2016

Es ist schwer verständlich, warum Die Aeronauten den Durchbruch nie geschafft haben. Und irgendwie ist man trotzdem fast ein bisschen froh darum. Nein, nicht etwa deswegen, weil man den Mannen aus der Ostschweiz den Erfolg neiden würde, oder weil sie ihn nicht verdient hätten. Im Gegenteil. Seit 1991 ist die Schaffhauser Combo rund um Kreativ-Kopf Olifr M. Guz im Musikzirkus unterwegs und hat der deutschsprachigen Welt gar manchen Ohrwurm beschert wie etwa «Bettina», «Freundin» und gerade erst kürzlich «Ottos kleine Hardcoreband», um nur ein paar wenige zu nennen.

Nein, man ist deswegen fast ein bisschen froh um den Verbleib der Aeronauten in der helvetischen Provinz, weil man Angst hat, dass die Aeronauten nicht mehr die Aeronauten wären, wenn sie plötzlich auf allen Fernseh- und Radiostationen rauf- und runtergespielt würden und zur Welttournee aufbrechen würden. Denn was die Aeronauten ausmacht ist die Tatsache, dass es sich hierbei um eine Band handelt, die von Powerpop über Ska und Deutschpunk eine vielseitige, aber deswegen eben massenunverträgliche Pizza an Stilen liefert, die mit intelligenten, manchmal tiefgründigen, manchmal unverständlichen immer aber unterhaltsamen Texten operiert und die eine sympathische Faulheit an den Tag legt, wenns ums Perfektionieren des Handwerks im Übungsraum geht. Zusammengefasst: Es ist dieser liebenswerte subversive Underdog-Charme, welcher diese Band auszeichnet. Und der würde mit Erlangen von Weltruhm wohl auf der Strecke bleiben.

Kurz vor der Welteroberung oder zumindest der Deutschlanderoberung sind Die Aeronauten ja mehrmals gestanden. Diese und andere Geschichten erzählt der Film «DIE AERONAUTEN 16:9 – die ersten 25 Jahre» von Mitbegründer und Bassist Hipp Mathis, der aus unzähligen Fotos, Filmausschnitten und anderen Archivmaterialien eine unterhaltsame Dokumentation über das erste Vierteljahrhundert Bandgeschichte zusammengestellt hat. Nebst zahlreichen Anekdoten aus den Anfangszeiten in der Bodenseeregion («es war finster und gab nur Sportverein oder Drogen») und charmanten low-fi Filmausschnitten aus dem unglamourösen Tournee-Leben («schmutzige Haustiere legten sich einem nachts aufs Gesicht»), kommen auch viele Vertreter der Hamburger Untergrund-Prominenz zu Worte – etwa Schorsch Kamerun (Die Goldenen Zitronen), Knarf Rellöm (A Trive called Knarf), Bernadette La Hengst (Die Braut haut ins Auge) oder Frank Spilker (Die Sterne) – welche den Stellenwert der Aeronauten in der Hansestadt verdeutlichen.

Mathis’ Dokumentation ist ein unterhaltsames Zeitzeugnis, das eine gescheite, sympathische, selbstironische, originelle und unprätentiöse Band porträtiert, die Freude hat, an dem was sie tut. Übt doch bitte weiterhin nicht zu viel, liebe Aeronauten, denn wir freuen uns auf die nächsten 25 Jahre mit euch, und zwar genau so wie ihr seid!

DIE AERONAUTEN 16:9 – die ersten 25 Jahre» wird am Montag 8. Februar  in der Cinématte gezeigt .

 

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2 Kommentare zu “«Wer übt, kann nix»”

  1. daniel lorenzi sagt:

    Toll, dass über die Aeronauten berichtet wird! Sie haben jede Zeile und noch viel mehr verdient! Eine gute, grosse Band! Eine “sympathische Faulheit” kann man ihnen aber kaum nachsagen. Da müssen sich eher die Medien an den Ohren nehmen. Das Airplay wird ihnen gerade im schweizer Radio kaum gegeben. Warum?- Gute Frage!

  2. Frau Feuz sagt:

    Also das beste Radio der Welt (ja, ich bin befangen), spielt die Aeronauten regelmässig.
    Die «Faulheit» bezieht sich ja auch nur auf das Üben. Ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern wird im Film angesprochen. Mir im Übrigen eine sehr sympathische Haltung. Amateure üben. Profis spielen.