Wenn eine eine Reise tut… dann würde sie eigentlich nie ins RBS-Bähnli steigen wollen, gopfertami. Und doch gestern bei strahlendem Sonnenschein ins eigentlich nahe Solothurn, an die 51. Filmtage.
Solothurn ist so eine Stadt, die ist nur an zwei Gelegenheiten im Jahr wirklich lebendig, nämlich jetzt gerade und dann wieder an den Literaturtagen. Dazwischen ist irgendwie Schönheitsschlaf. Berner_innen, deren ich einige getroffen habe, beklagen sich über lange werdende Schlangen bei den Filmen, zu viel Publikum, reservieren müsse man jetzt für einen richtig guten Platz, da gehe ja die ganze Spontanität bachab.
Ich habe mir mein Programm natürlich Wochen zuvor zusammen gestellt, und, wie es sich herausstellt, auch mit einigem Geschick (oder Glück, aber gäu). Als erstes Köpek (CH 2015), den Sie am 31. Jänner um 14:00 ins Kellerkino schauen gehen sollten, last chance. Hier der Trailer. Ein Film, in dessen langsame, sezierende Bilder ich erst langsam reingekommen bin, dessen Sog mich aber dann nicht mehr losgelassen hat; der das Patriarchat und männliche Gewalt so intensiv rüberbringt, wie ich das kaum je gesehen habe. Die Regisseurin Esen Isik zeigt darin drei Geschichten, die sich im gegenwärtigen Istanbul abspielen bzw. abspielen könnten.
Gleich anschliessend (Festivals sind ja dann immer so eine Marathonsache) folgt Democray – im Rausch der Daten, der hoffentlich im Frühjahr auch in die Schweizer Kinos kommt. Schwarz-weiss gehalten und ohne Off-Stimme ist dieser Dokfilm formal sehr konzentriert:
Das ist manchmal etwas nervig, aber grundsätzlich ein Vorteil, weil es die Aufnahme des komplexen, aber hochspannenden Inhaltes erleichtert. Über fast vier Jahre hinweg hat David Bernet die Entstehung des EU-Datenschutzgesetzes in Brüssel begleitet. Topaktuell! Der Einblick, der da in die riesige Regierungskiste mitsamt Teams und Lobby und Sitzungen und Brunches gegeben wird, ist fantastisch. Ebenso die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Art von Datenschutz nötig ist und der Einblick in die Absurdität mancher Argumentationsweisen. Meine Lieblingsblüte geht ungefähr so: Also weil die Leute ja im Internet keine Lust haben, sich die AGBs durchzulesen, weil sie sich keine Zeit nehmen wollen und sowieso einfach ja klicken, dann müssen wir diese Frage nach Konsens einfach abschaffen, das nervt eh nur. Aha ja.
Solothurner Filmtage sind noch bis zum 28. Januar. In Solothurn. Köpek ist nominiert für den Prix du Public, Democracy für den Prix de Soleure. Ich hoffe, sie gewinnen beide.
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