Ihnen ist das gerade ein bisschen zu viel mit dieser Hitze und die Völkerwanderung aareaufwärts weckt den Misanthropen in Ihnen? Dann ab ins Kino! Dort ist es erstens schön kühl, zweitens haben Sie Ihre Ruhe und drittens kriegen Sie – je nach Film – die Bestätigung, dass es um die Menschheit tatsächlich nicht gut bestellt ist.
«Die brauchen doch alle professionelle Hilfe dort oben», war der Kommentar einer der insgesamt vier Filmbesucher nach der gestrigen Visionierung von «Men & Chicken». Tatsächlich trumpfen die Skandinavier immer wieder mit grossartig abstrusen Filmen auf und ein solcher ist auch die schwarzhumorige Komödie des dänischen Drehbuchautors Anders Thomas Jensen.
Mads Mikkelsen (einen so schönen Mann dermassen zu entstellen – für sich schon eine Leistung) spielt darin den tumben, impulsiven und rüpelhaften Zwangsmasturbant Elias, sein hochintelligenter und eulenhafter Bruder Gabriel wird von David Dencik gegeben. Die beiden erfahren nach dem Tod ihres «Vaters» dank einer lapidaren Videobotschaft, dass sie adoptiert worden waren und begeben sich in der Folge auf die Suche nach ihrem echten Erzeuger. Dabei treffen sie auf der entvölkerten dänischen Insel Ork auf die drei Halbbrüder Franz (Søren Malling), Josef (Nicolas Bro) und Gregor (Nikolaj Lie Kaas), welche in einem grossen verdreckten Anwesen zusammen mit einem ganzen Zoo von Viechern hausen und Konflikte lieber handgreiflich (gerne auch mal unter Zuhilfenahme von ausgestopften Tieren) anstatt mit Worten austragen. Evolutionspsychologe Gabriel ist seinen vier Halbbrüdern intelligenzmässig weit überlegen, wittert entsprechend Ungemach, als ihm die seltsamen Tierkreuzungen auffallen, welche da im Haus herumspazieren, und lüftet in der Folge ein dunkles Familien-Geheimnis.
Evolution, biblische Schöpfung, Familienbande und Mutation sind Themen, welche Jensen in seiner dreist-grotesken Satire zur Sprache bringt. Diese lebt aber vor allem von absurden Dialogen, Gegensätzlichkeiten (auf kindische Prügelszenen folgen Diskussionen über Fachliteratur und Bibelstellen), ausgezeichneten schauspielerischen Leistungen und der boshaften Freude, mit welcher Jensen seine degenerierten Figuren angelegt hat und Sodomie-Witze und andere politische Unkorrektheiten platziert. «Men & Chicken» ist wunderbar schräg, dreist-absurd und geht dabei doch irgendwie auch liebevoll mit seinem Personal ins Gefecht.
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