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Ideelle Blutsauger

Roland Fischer am Mittwoch den 22. April 2015

Erste Lektion für den Drehbuchautor: Finde eine visuell frappierende Grundidee, um die herum du den Film bauen kannst. Einfacher gesagt als getan, aber manchmal fällt es einem wohl ein wenig in den Schoss, hat man zumindest bei der Iran-Amerikanerin Ana Lily Amirpour das Gefühl. Wenn man das Glück hat, dann muss man nur noch an der Idee festhalten – und keine Angst vor ihr bekommen. Dann kommt das schon gut. Ziemlich gut sogar.

Also: Warum eigentlich immer Frauen als Tschador-Opfer zeigen? So furchtbar unkleidsam ist so ein Umhang ja gar nicht, wenn man ihn recht inszeniert – und überhaupt, erinnert das Cape nicht ein wenig an: Vampire? Man nehme also eine verhüllte Frau, die nicht so harmlos ist wie ihre scheu blickenden Augen glauben machen, man nehme nächtliche Strassen im filmischen Nirgendwo zwischen Nahost und Fernwest und man nehme eine gute Handvoll Filmzitate von Tarantino über Sergio Leone bis James Dean. Und dann mixe man das alles gründlich und mit einem schelmischen Augenzwinkern. Zu erzählen gibt es dann eigentlich gar nicht mehr so viel, weil jede auch noch so bekannte Szene ganz neu aufgeladen wird wenn man die aktuelle (gesellschafts)politische Situation mit hineindenkt. Und die Metapher vom Blutsauger ist ja in den letzten Jahren auch eher wieder besser geworden. Amirpour hat also nicht einfach eine gewagte Idee, sie wagt darüber hinaus in ihrem Film auch das Nichterzählen. Und überlässt sehr oft einfach dem Kameramann das Feld – und der versteht sein Fach allerdings auch. Den Rest muss man selber machen – und man macht es allerdings gern.

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A Girl Walks Home Alone at Night läuft noch eine Woche im Kellerkino.

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Ein Kommentar zu “Ideelle Blutsauger”

  1. dok sagt:

    Ein solider + durchaus sehenswerter Debutfilm, nichts weniger, aber viel mehr auch nicht. Wie bei vielen Filmen dieser Art wäre (aus rein künstlerischer Sicht) ein Kurzfilm wohl die bessere Wahl gewesen.