Um die Häuser ziehen an so einem ganz normalen Dienstag in Bern, und sage nun niemand, das müsse ja eine langweilige Angelegenheit sein. Muss es nicht.
Angefangen im Kino Kunstmuseum, wo sich um sechs die Filmgeschichte allmählich der Gegenwart annäherte, man ist in der (nun eigentlich schon zum wievielten Mal aufgerollten?) Reihe von 50 Filmen von den Anfängen des Kinos bis ins Heute inzwischen in den 80ern angekommen, gestern mit Chris Markers stillem Essay Sans Soleil aus dem Jahr 1983. Eine tolle Zeitreise war das, in ein vergangenes Japan vor allem, das aber ebenso oft sehr heutig wie ein wenig gestrig daherkam. Und Markers über die Bilder gelegte Erzählspur umkreiste auf ihrerseits zeitlose Weise Themen des Schauens und Festhaltens, des Blicks auf Eigenes und Fremdes und der Unmöglichkeit, in der Bilderflut das Wesentliche zu finden, das was sich zu zeigen lohnt. Gleich zu Anfang meint Marker, er interessiere sich, je mehr er reise, immer mehr für das Banale, dem er mit der Hartnäckigkeit eines Kopfgeldjägers nachspüre.
Danach ging’s dann weiter auf den Bundesplatz, zu Banalitäten etwas anderer Art, aber darüber berichtet gleich Kollegin Miko.
Aber Hallo! Worte zur Lage der Nation, hat Fischer das genannt, was wir uns eingefangen haben: unglaublich viele billige Metaphern über Zeit. Hier das prächtige Ende, eine quasi logische Schlussfolgerung:
Ja dieser Einstein. Ja diese Relativität! Und sonst hatte das Spektakel leidlich wenig mit der Schweiz oder dem hier und jetzt zu tun. Oder mit irgendetwas. In diesem Sinne kann das Rendezvous Bundesplatz tatsächlich als Symptom für unsere kulturelle Lage betrachtet werden. Wenn sogar das Migros Kulturprozent was-weiss-ich-wieviele-hunderttausend-Franken in eine Abscheulichkeit steckt, die von einer französischen Produktionsfirma en masse, ab Band, hergestellt wird, die nämlich überall genau gleich aussieht, und dann die Frechheit besitzt, das dem Volk als Gratiskunst zu verkaufen, dann ist wirklich ziemlich viel nicht mehr gut. Ich möchte fast sagen: nicht nur eine Globalisierung, sondern geradezu eine Amazonisierung der Kunst.
Warum nicht engagierte Künstler_innen beauftragen, mit dieser ausserdorentlich geilen Anlage und zu diesen traumhaften Publikumsbedingungen was Gescheites zu basteln? Etwas, das sich tatsächlich auf unsere aktuelle Lebenswelt bezieht oder auch nur auf die Schweiz? Wäre das wirklich zu viel verlangt oder ist uns das einfach zu teuer?? Ein Vorschlag: Liebes Kulturprozent. Zwack doch 5% vom Rendezvous-Budget ab und stelle es, gemeinsam mit dem letzten Tag dieser Rendezvouszeit, Berner oder Schweizer Kulturschaffenden zur Verfügung. Damit auch das von dir für dumm verkaufte Volk sieht, was wir eigentlich so machen.
Nach so viel Fever, Disco, Dinosauriern und Ufos (immerhin ist das Bundeshaus zweimal in die Brüche gegangen. wie wär’s mal mit dem Thema Dynamit?) war Entspannung dringend nötig. Hier hat der Abend einen erfüllenden Abschluss gefunden. In der Turnhalle gibt’s nämlich neu den Tasty Tuesday: Longdrinks und Cocktails! Liebevoll ausgewählte und zubereitete Getränke und dazu immer am ersten Dienstag des Monats einen DJ. Was will ich mehr an einem Dienstag Abend.
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Nachtrag: Die Stadt Bern unterstützt den Anlass mit 180’000 Franken. (BZ, 15. 10). Zum Vergleich: Für das gesamte freie Kulturschaffen stehen im Jahr 2014 Fr. 2’150’000.00 zur Verfügung. (Quelle) Mit 180’000 Franken können mindestens drei Theaterprojekte gefördert werden. Und so weiter.
… soviel zur Lage der Nation: http://www.pointdesuisse.ch/resultat/ Bei der Frage Wozu ist Kunst gut? meinen 59% Zur Verschönerung der Welt, 56% Zur Unterhaltung und Alltagsflucht, 45,8% Zur Förderung der Kreativwirtschaft, 42,2% Zur Erkenntnis und Reflexion und gar 7,9 % Zu nichts. Was soll man dazu sagen?
das resultat müsste dann aber noch nach geschlechtern aufgeschlüsselt werden, findet die faz:
und was, nur 7,9% finden, kunst soll zu nichts gut sein? da liegt doch die misere.
das Rondo Veneziano der Dia-Shows
@Michael: da musste ich gleich nachschauen, was das ist. Jesses. Da muss ich gleich an Katherine Jenkins denken. ürgh.
@Fischer: also mir geht es immer um die Kunst. und dir?
also, mitunter schon eher um die künstlerin.
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