Rumziehen und Musik hören
Mit dem Mixtape «Shyne Coldchain II» von Vince Staples durch die Länggasse in Bern
Ich spaziere am Mittag durch die Strassen, steuere auf den Sandwich-Laden in der Ecke Fabrik-Länggasse zu und hole mir das dicke Thunsandwich mit Gurken. Die geloopten Engelchöre hauen mir fast die Kopfhörer vom Kopf. Die Stimme räuspert sich:
«Yeah. Back and blacker than ever.»
Ich gehe schmatzend vorbei an massenweise herumziehenden, Rucksack mit Büchern und Lunchpaketen tragenden, jungen Menschen. Sie sind wieder da. Eine eher hohe aber akzentuierte Stimme erzählt über einen gesampelten Vocal-Beat Geschichten und zeigt mir Bilder. Zum Beispiel von einem Jungen, der jemanden umbringen will, weil er gesehen hat, wie sein Vater das selbe tut. Manchmal verfallen die Raps in krächzende Töne, die im im Hals stecken bleiben.
«Breaking all the written rules / Breaking the tradition of that inner-city raising fools»
«I apologize for breaking up your perfect home»
Der Beat klingt trocken, wie damals «NY State of Mind» von Nas, mit diesem sich im Kreis drehenden, ins unendliche fliessenden Ton. Die Lieder sind kaum länger als drei Minuten, voller Energie und bestehen aus dichter, verschachtelter, zugänglicher Sprache. An meiner Ecke, wo früher das Bettenland war, wohnen jetzt auch neue Leute. Sie pflanzen vor ihrem Haus Gemüse an, haben eine Seilbahn gebaut und spielen auf der Strasse Fussball. Auf der anderen Seite wurde ein altes Geschäft zu einer glänzenden Wohnung umgebaut. Darin ist ein Ehepaar eingezogen, das ich nie sehe, immer die Vorhänge zugezogen hat und einen BMW fährt.
«Homie, I ain’t humble, I deserve this shit. […] So fuck you, fuck you, fuck you and fuck you.»
Ich denke daran, wie in der Strasse, in der ich gehe, am Donnerstag Abend die einzelnen Party-Kolonnen mit je circa zehn Leuten johlend Richtung Innenstadt ziehen und am Sonntag in derselben Strasse sich die jungen Eltern darüber unterhalten, in welchem Restaurant es die besten Kindersitzchen gibt und dass es eigentlich auch ein Ronorp für Kinder geben sollte!
«They let the monkey out of the cage, he got a gun / he got a book, he got a brain, you better run»
«Little black boy shooting down the avenue»
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