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Konföderierte Kultur

Miko Hucko am Donnerstag den 6. März 2014

Die erste Berner Kulturkonferenz. Im Vorfeld werde ich etwas skeptisch, als ich Lukas Vogelsangs Facebook-Status lese, der folgende Passage enthält:

Die Berner Kulturkonferenz ist am Donnerstag ab 14.00 Uhr eröffnet. Ich kann zur Zeit keine Garantie abgeben, dass wir für SpontanbesucherInnen noch Platz haben. Und “gratis” heisst nicht, dass man einfach so kommen und gehen darf, wie man will. Respekt! Deswegen führen wir eine Eingangskontrolle – deswegen muss man sich anmelden. (Webseite!)
Gemeinsam werden wir uns dem Thema “Kulturkonzept” nähern. Wer danach weiterhin in der Berner Kulturbranche arbeiten will, unzufrieden ist mit den Bedingungen oder einfach mithelfen will, soll sich für die Fachgruppen anmelden. Wir erarbeiten in den nächsten Monaten ein Grob-Kulturkonzept für Bern – und dabei geht es mal erst um den INHALT. Wer nicht mitarbeitet, verliert für die nächsten 5 Jahre das Motzrecht, wenn in der Kulturförderung oder im Kulturdialog Bern (ist da was?…) etwas nicht passt. Punkt.

Das nenne ich mal demokratisch verstandene Kulturpolitik: Wer sich seiner Idee einer Konferenz / Diskussion nicht anschliesst, hat nichts zu sagen.

kulturkonferenzKollege Fischer übernimmt an dieser Stelle besser, weil Kollegin Hucko aus arbeitstechnischen Gründen das Motzrecht bis auf weiteres verwirkt hat – vielleicht werden es dann ja wegen guter Führung nicht ganz 5 Jahre, mal sehen. Und ah ja, merci für das Stichwort: Nichts zu sagen, das passt, das galt heute leider nicht nur für die Abwesenden. Ewa Hess, Sonntagszeitung: merci für die Guided Tour durch die Rumpelkammer des Kulturbegriffs, war interessant, aber tat nichts zur Sache. Philippe Bischof, Kulturchef: merci für die Analyse der Basler Verhältnisse und den Beweis, dass es auch ausgesprochen sendungsbewusste Kultursekretäre gibt. Aber im Grunde: tat das nichts zur Sache. Und Daniel Spanke, Kunstmuseum: merci für die Bestätigung der These, dass Elitekultur längst nicht von gestern ist sondern in geschützten Nischen bestens gedeiht. Ansonsten: tat das nichts zur Sache.

Die Diskussion im Anschluss war dann schon aufschlussreicher, weil sie einmal mehr gezeigt hat, dass man eigentlich gar nicht weiss, wo der Schuh drückt. Am liebsten hat man sich darüber ereifert, dass sich Kultur gefälligst nicht messen lässt, ansonsten war da kein grundlegender Unfriede spür-, auf jeden Fall nicht fassbar. Wenn die Berner Kulturszene sich so in Stellung bringt, dann spielt sie der (ja, ohne Zweifel) unglücklich agierenden Kultursekretärin in die Hände, die ja auch keine groben Missstände wahrhaben will: Dann hätten wir es wirklich mit nichts weiter als dem guten alten Unbehagen in der Kultur zu tun. Und dann gehörten alle auf die Couch, nicht auf die Barrikaden.

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14 Kommentare zu “Konföderierte Kultur”

  1. …meine Güte, seid Ihr humorlos… :-)

  2. Nicola v. Greyerz sagt:

    Naja, zu sagen, dass das, was Philipp Bischof erzählt hat, nichts zur Sache tut, finde ich eine ziemlich einfältige Aussage. Er hat in meinen Augen sehr genau aufgezeigt, was ein umtriebiger Kultursekretär alles bewirken kann. Lest einfach mal das Leitbild der Basler: http://www.regierungsrat.bs.ch/kulturleitbild-2012-2017.pdf

  3. Reto sagt:

    Frau Hucko: Der Satz: “Wer nicht mitarbeitet, verliert für die nächsten 5 Jahre das Motzrecht…” bezieht sich nach meinem Verständnis auf die Fachgruppenarbeit, nicht auf den Anlass von gestern. Und insofern hat das was. Es ist die konkreteste Möglichkeit, eine gemeinsame Antwort der Stadt zu geben. Haben sie einen besseren Vorschlag? Oder: Wann beginnen sie?

  4. Niklaus Wenger sagt:

    Lieber Herr Fischer, ich teile Ihre Einschätzung der gestrigen Veranstaltung nicht. Klar, die Referate taten nichts direkt zur Sache. Sie zeigten aber das weite Spannungsfeld auf, in welchem sich die Diskussion befindet.
    In ihrem Bericht völlig untergegangen ist, dass die Referate am Anfang eines längeren Prozesses stehen. Sollten Sie gestern konkrete Resultate oder nur schon eine klare Analyse erwartet haben, verkennen Sie die Komplexität der Angelegenheit.

    Richtig ist, dass die anschliessende, offene Diskussion die Unzufriedenheit oder die tatsächlichen Mängel nicht auf den Punkt bringen konnte. Doch auch hier bin ich mit Ihren Schlussfolgerungen nicht einverstanden. Nur weil Mängel nicht benannt werden können ist nicht alles nur emotionales Unbehagen, gerade so gut kann darin das Fundamentale der Probleme gesehen werden.

    Doch um das Bild der Couch aufzugreifen: Auf der Couch werden u.a Neurosen behandelt, das Ziel davon ist, entstandene innere Konflikte zu lösen und dadurch zu einem spannungsfreieren Umgang mit der Umwelt zu finden. Diese Ausgeglichenheit wiederum ist nötig, um souverän Alltägliches meistern zu können.
    Und damit bringen Sie es möglicherweise, aber leider sehr kryptisch doch auf den Punkt: Der Kulturpolitik in Bern fehlt das alltägliche. – Uns Kulturschaffenden fällt es sehr schwer Realpolitik zu betreiben.

  5. Fischer sagt:

    bischofs ausführungen waren wie gesagt sehr eloquent, aber brauchen wir wirklich ein leitbild, um zu erkennen, dass man die lokalen potenziale ausschöpfen und sich im übrigen immer wieder fragen soll, wohin der kulturkahn steuert? und den kurs am besten gemeinsam bestimmt? das war in der sache doch eher mager. aber in der wirkung interessant: ein bischof beeindruckt offenbar viel mehr als eine schaller. aber macht er deshalb auch seinen job besser? das sieht nicht die ganze basler kulturszene so, wie man hört.

  6. Miko Hucko sagt:

    Reto: Worauf der Satz sich bezieht, ist mir eigentlich egal. Den Leuten aber Grundrecht abzusprechen, nur weil sie nicht in der gleichen Gruppe mitarbeiten wollen, ist doch ziemlich daneben. Der Stadt gemeinsam eine Antwort geben? Worauf? Das verstehe ich beim besten Willen nicht. Und: Ich als Theaterschaffende habe doch ganz andere Bedürfnisse als ein Museumskurator, aber wir sollen uns gemeinsam “für Inhalt, es geht nicht um Geld” einsetzen? Die Inhalte meiner Kunst bestimme ich immer noch selber. Oder haben Sie etwa Angst vor dem Untergang der sog. “Hochkultur”? Wofür sind Sie? Wogegen? Ich verstehe das Problem einfach nicht. Kulturpolitik wird nicht betrieben, indem man sich in AG’s zusammenschliesst und etwas vor sich hin brünzlet, sondern Kulturpolitik ist eine lebendige Diskussion aller Beteiligten. Insofern habe ich schon lange begonnen.

  7. Reto sagt:

    Liebe Frau Hucko: Dann finde ich Paulis Zitat im Bund ganz gut: «Wenn wir nicht geeint auftreten, spielen wir den Gegnern in die Hände und scheitern an unserem Anspruch, eine Lobby zu formieren.»

    Was verstehen sie eigentlich unter “Inhalt”? Ich glaube nicht, dass die Konferenz von “künstlerischem Inhalt” gesprochen hat. Da sie und der Museumsdirektor Geld von der öffentlichen Hand erhalten, ist da vom Inhalt von einem Plan, wie wo wann warum wieviel und wie lange die Rede. Oder nicht?

  8. Miko Hucko sagt:

    Welchen Gegner? ich bezweifle, dass wir einen gemeinsamen Feind haben, so schön das auch klingt.
    zum zweiten: also geht es doch um Geld. warum leugnen?

  9. Fischer sagt:

    hier noch der bericht heute im bund.

    Vor dem Hintergrund der neuen Aufgabenteilung zwischen Stadt und Kanton bei der Subventionierung von Kulturinstitutionen ab 2016 wird eine Kulturstrategie vermisst, eine lediglich «verwaltende» städtische Kulturabteilung kritisiert und überhaupt ein Mangel an Debatten unter Einbezug der Kulturschaffenden moniert.

  10. Fischer sagt:

    niklaus: die kulturschaffenden müssen realpolitik betreiben? nein: sie müssen kultur machen. die politik machen die politiker. dass sich die beiden domänen nicht recht verstehen, das ist kein besorgniserregender befund, das liegt in der natur der sache. man nenne mir eine stadt oder eine ära, in der es keinen graben zwischen kultur und politik gab. kultur ist kein musterschüler, kultur ist der querulant in den hinteren reihen.

  11. Niklaus Wenger sagt:

    Liebe Miko Hucko: Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, schon gar nicht, weil ich selber auch kein Profi bin, doch Ihre Äusserung “Kulturpolitik ist eine lebendige Diskussion aller Beteiligten” zeugt von einem doch etwas naiven Bild, welches Sie von Politik haben.

  12. Reto sagt:

    Herr Fischer: Stimmt. Es ist überall gleich. Und deswegen stecken wir die Hände in den Sack, schauen für uns und kümmern uns nicht um das Morgen. Das Manna fällt vom Himmel und die Politik wird von Menschen gemacht, die mit mir nichts zu tun haben.

  13. Miko Hucko sagt:

    ich bin also naiv, weil ich glaube, dass es effizienter ist, mit allen, die betroffen sind, zu diskutieren anstatt mir eine Pseudoinstitution zu erschaffen, die Leute ausschliesst und autoritär vorgeht. verstanden. (ganz zu schweigen davon, dass mir immer noch niemand die Probleme hat nennen können, die ihr zu lösen gedenkt).

  14. Miko Hucko sagt:

    Reto: Niemand steckt die Hände in den Sack. aber Kultur betreibt nicht sog. Realpolitik, sondern agiert auf einer anderen Ebene, die ebenfalls hochpolitisch ist.