Logo

Soul ist nicht einfach schön

Roland Fischer am Freitag den 8. April 2011

Vor drei Tagen war Aloe Blacc in Zürich zu Gast – im edlen Kaufleuten. Gestern dann der Berner Auftritt – im Dachstock der Reitschule. Irgendwie ist das sehr bezeichnend für diesen Mann, dieses Pendeln zwischen Schickimicki und alternativer Szene. Bitte um Korrektur, wenn ich falsch liege – aber gestern hat die Reitschule glaube ich eine spezielle Premiere erlebt: Wann hat vorher schon mal ein Top-Ten-Hitparadenstar im Outlaw-Kulturort Halt gemacht?

Nun, nichts gegen die Aufweichung im Grunde sinnloser Kategorien. Gestern wurde man aber doch den Eindruck nicht los, dass ein Hit eben doch ein Hit eben ein Hit ist. Und ein Künstler eben nicht gleichzeitig Chartsound und ehrliche, unter die Haut gehende Musik machen kann – zumindest nicht, wenn es um Soul geht. Aloe Blacc macht zwar allerlei Anleihen bei den grossen Alten des Genres, aber irgendwie ist das dann doch zu blank poliert, zu säuselnd – zu schön, um es abkupfernd (beim Kollegen der NZZ) zu sagen: «Einfach schön» fand dieser das Konzert am Dienstag – und meinte das weniger nett als es zunächst klingen mag. Denn Soul war mal viel mehr als einfach schön, er war durchzogen von Elend, von Hass auf unhaltbare Zustände, von Verzweiflung – sei es emotionaler oder politischer Art.

aloe blacc_dachstock

Davon war gestern im ausverkauften und sehr sommerlich gestimmten Dachstock nicht viel zu spüren. Ausser vielleicht beim grossen Hit, «I need a dollar», der auf diese unnachahmliche alte Soul-Art zwischen Tanzfläche und tiefem Herzensgrund pendelt. Da ist er nah dran an den Vorbildern, der neue Soul-Man der Stunde. Beim Rest des Repertoires orientierte er sich dann leider mehr an den aktuellen Starlets als an den alten Stars. Solide Show, aber ein wenig mehr Dreck, wie man hierzulande sagt, hätte dem Ganzen gut getan.

« Zur Übersicht

9 Kommentare zu “Soul ist nicht einfach schön”

  1. Herr Gnos sagt:

    wow, ausverkauft? das überrascht mich jetzt angesichts des wetters gestern abend. wohl der vorteil des vorverkaufs :-)

    Wann hat vorher schon mal ein Top-Ten-Hitparadenstar im Outlaw-Kulturort Halt gemacht?
    ohne jetzt einen beleg zur hand zu haben, aber züri west dürfte in diese kategorie fallen, oder?

  2. signora pergoletti sagt:

    herr gnos, sie lernen dazu :D

  3. Fischer sagt:

    nagut, sagen wir internationaler top-ten-hitparadenstar. und natürich ist das alles wieder mal viel komplizierter als so kurz auf den punkt gebracht – man denke mal an amy winehouse, von wegen dreck und hitparade.

  4. Herr Gnos sagt:

    bei dreck und soul denke ich immer gleich an diesen herrn hier, auch wenn das jetzt doch eher eine funk-nummer ist:

  5. signora pergoletti sagt:

    lieber pauli, das wär jetzt eben der andere khan.

  6. JimBobIII sagt:

    Yeah, get dirty and boogie y”all!

  7. zuffi sagt:

    Yeah, oller Holländer!
    Und der hier ist auch etwas für Herrn Gnos, da Sopranos-Soundtrack (kleines Rätsel: Bei welcher Szene bzw. eher Situation kommt der Song vor?)

  8. Herr Gnos sagt:

    hm, da überforden sie mich, werter herr zuffi!

  9. zuffi sagt:

    Ist auch schwer.
    Chris liegt angeschossen im Spital, Adriana wacht am Spitalbett, Otis singt.