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Plattenkiste Vol. 22: Vermischtes II

Benedikt Sartorius am Dienstag den 21. Dezember 2010

Die eventuell letzte Plattenkiste des Jahres 2010 beschäftigt sich u.a. kurz mit Veröffentlichungen aus den honorigen Plattenhäusern Honest Jon’s und Crammed und führt vom afrikanischen Kontinent via den euro-amerikanischen Fleischwolf ins Weltall.

PlattenkisteVerschüttet sind die Spuren der Musiken, die «Something Is Wrong – Vintage Recordings from East Africa» versammelt. Nur so viel ist klar: Die 35 Aufnahmen, die zwischen 1934 und 1957 entstanden sind, waren für ein heimisches Publikum und nicht für die kolonialen Herrschaften gedacht. Vielfach codiert, begleiten sich die Sänger meist minimal mit Leier, Akkordeon oder Gitarre. Gingen andere Honest-Jon’s-Veröffentlichungen dem Fortwirken amerikanischer Musiken in Afrika nach – beispielsweise des Calypso –, erscheint die hier versammelte Musik abgesehen von einigen Ausnahmen noch fernab von jeglichen überseeischen Einflüssen.

Gut sechzig Jahre nach den jüngsten Aufnahmen auf «Something Is Wrong» traf der belgische Produzent Vincent Kenis in Kinshasa auf die verzerrenden Daumenklavierspieler von Konono No1 und damit auf eine Klangwelt, die ohne die hinterlassenen Elektronikgeräte der belgischen Kolonialisten nie möglich gewesen wäre – und die natürlich wider die Regeln eingesetzt wurden. Nun, sechs Jahre nach der ersten «Congotronics»-Veröffentlichung, ist, wie bereits erwähnt, die Remix und Neuinterpretations-CD «Tradi-Mods vs. Rockers» erschienen, die nun weitere Publikumskreise zieht – gefiltert und vermengt mit den Sounds einer hiesigen, sehr heterogenen Sechsundzwanziger-Musikerschar.

Herausragend sind etwa die New Yorker Skeletons, die vor zwei Jahren beim Ear We Are Festival in Biel gastierten und sich nun mit der Neuinterpretation dieses glücksspendenden und übersteuerten Tracks bei mir festschreiben, wie auch der momentan in Berlin weilende, beängstigende Elektronikkünstler Shackleton. Seine ebenfalls neue «Fabric»-Folge ist hier nachzuhören – und Shackleton ist auch mit einem Track auf der letzten CD für heute vertreten.

«Scientist Launches Dubstep Into Outer Space» heisst die Doppel-CD, die Dubstep-Originale von King Midas Sound bis Kode9 oder eben Shackleton versammelt, ehe diese vom Dubveteranen Scientist, der seine Produktionskünste bei King Tubby gelernt hat, neu gemixt bzw. eben Richtung All geschickt werden. Die Bässe sind natürlich heavy, der Hall tief, die Beats klatschen und die Traditionslinien des Dub, die in diesem Jahr präsenter denn je waren, im direkten Vergleich nachvollziehbar. Teilweise hörbar hier – oder im Soundsystem Ihrer Wahl, denn diese Sounds scheinen überall andockbar.

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2 Kommentare zu “Plattenkiste Vol. 22: Vermischtes II”

  1. JimBobIII sagt:

    dieses glücksspendenden und übersteuerten Tracks

    Danke, meneer Sartorius. Die Kongomusik rettet am Moment einmal mehr meine etwas trümmlige Morgenlaune. Es ist wirklich schrecklich in was für ein katastrophal verlorenenes Land sich die Kongo gewandelt hat in 50 Jahren, trotz stupender Musikschatz, alt und neu, das bricht mir denfast wieder das Herz beim hören dieser glücklichmachende Musik.

  2. Herr Sartorius sagt:

    Dem gilt es nichts mehr hinzuzufügen, Herr JImBob.