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Ein Killer ohne Sufi

Benedikt Sartorius am Donnerstag den 2. September 2010

Vor zwei Jahren tauchte aus dem Unterwasser-Hiphop von Flying Lotus eine Stimme auf, die so gar nicht festzumachen war und in den offenen Raum ihr «Testament» wisperte und klagte. Dieses Jahr nun veröffentlichte Gonjasufi, der Inhaber dieser Stimme, mit «A Sufi and a Killer» die wohl sonderbarste Platte des Jahres, auf der der Yogalehrer gleich einem losgelösten Eremit über verwaschene Psychedelia-, Acidrock-, Blues- und Soul-Versatzstücke seine Mantras legt.

Gonjasufi verteilt T-Shirts im Bad BonnGestern Mittwochabend im überaus gut gefüllten Bad Bonn in Düdingen war diese eigentümliche Stimme kaum zu hören, denn der Erschöpfer des geheimnisvollen Albums beschränkte sich wie bereits bei seinem Festivalauftritt in Roskilde auf eine leider kommune MC-Rolle – mit «Make Some Noise»-Zwischenrufen und T-Shirt-Verteilaktionen, während seine Gesangseinlagen nur ganz kurz vereinnahmten. Natürlich, Gonjasufi will nicht mehr als ein Rapper sein – «und einige Leute kapieren dies einfach nicht,» wie er vor einiger Zeit twitterte – aber die Rolle des Zeremonienmeisters will dem zumindest auf Platte mysteriösen Einsiedler in den öffentlichen Auftritten nicht gelingen.

Und so wurde der gestrige Abend zum Abend seines DJs und Produzenten The Gaslamp Killer, der den Deplatzierten mit grossartig hallenden und knallenden Beats, 8-Bit-Melodien, Iggy Pop und einem Track des Berners Dimlite sowie allerlei Psychedelischem in den Bühnenschatten stellte. Ein Schatten, der Gonjasufi eher zu behagen scheint.

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26 Kommentare zu “Ein Killer ohne Sufi”

  1. palermosufi sagt:

    das haben sie jetzt aber so schön wie treffend gesagt, herr sartorius. grad auch das mit dem schatten.

  2. Herr Sartorius sagt:

    Danke, Herr Gonjapalermo.

    Zu erwähnen ist noch das schöne Vorset des Duos Gateaux Blasters aus dem furchtlosen Buvette-Hause Rowboat, die vielen Autoplaketten aus allen Herren Kantonen, die beim Spaziergang nach dem Bonn-Haus zu sichten waren sowie dieser Mix aus Samples, die Gonjasufi bzw. der Gaslamp Killer auf dem Album verwendet hat:

  3. isa sagt:

    Apropos sonderbar, hier ein neues sonderbar schönes musikvideo aus hiesigen landen:

  4. signora pergoletti sagt:

    Liebe Musikfreunde, ich möchte Sie davon in Kenntnis setzen, dass meine Freundin heute früh um 5 Uhr von etwa 6 Polizeibeamten geweckt wurde, die eine Hausdurchsuchung durchführten, ihren Compi und alle dazugehörenden Geräte beschlagnahmten und sie auf den Posten mitnahmen, wo sie nochmals drei Stunden verhört wurde. Grund: Internetpiraterie, sie hatte sich wohl illegal Musik heruntergeladen, nicht einmal besonders viel oder oft. Trotzdem droht eine echt saftige Busse und es gibt ein Verfahren. Es ist also kein Märchen, illegales Runterladen von Musik wird geahndet und zwar auch in Bern.

  5. passiver attacker sagt:

    gute güte.

  6. signora pergoletti sagt:

    Eine weibliche Beamtin war auch mit dabei, die sie aufs Klo begleitete, wohl wegen Fluchtgefahr (sie wohnt im obersten Stock, nur so nebenbei). Wie bei einer Schwerverbrecherin. Unfassbar. Dabei handelt es sich ja um ein Delikt, das einem praktisch aufgedrängt wird und wahrscheinlich viele begehen, ohne sich dessen so richtig bewusst zu sein.

  7. passiver attacker sagt:

    “Fluchtgefahr” hahaha, der war jetzt gut!
    *überleg*

    vielleicht häng ich doch lieber illegal plakate…

  8. signora pergoletti sagt:

    Und ziehen sofort ins Parterre.

  9. Kretz sagt:

    Ich denke, die Beamtin wollte nur sicher gehen, dass Ihre Freundin die illegale Musik nicht das Klo runterspült.

  10. Fischer sagt:

    wow. das ist jetzt ein böser traum, den sie uns da erzählen, frau pergoletti, nicht wahr? mich schaudert’s.

  11. Der Besserwisser sagt:

    Aber Frau Pergoletti, ‘wird einem aufgezwungen’ etc.?? Die Gesetze sind klar und ihnen soll auch Nachdruck verschafft werden. Oder plädieren Sie für eine selektive Anwendung? Die Frage nach Sinn und Unsinn sei hier eine andere. Ebenso kann man in den Medien, wenn man auch mal was anderes liest als den Bund, immer wieder über ähnliche Razzien (national wie international) lesen, auch bezüglich Videopiraterie. Was tatsächlich dahintersteckt, muss sich noch zeigen. Normalerweise sind IP-Adressen nicht einer bestimmten Person zugewiesen, sondern dem Provider (Bluewin, Cablecom, wer auch immer), d.h. die Polizei musste sich vermutlich erst an den Provider wenden, dieser musste die Details herausrücken etc. Scheint mir sehr viel Aufwand für nach Ihrer Aussage “Internetpiraterie, sie hatte sich wohl illegal Musik heruntergeladen, nicht einmal besonders viel oder oft”. Einerseits wird in diesem Block fast nur über Musik geschrieben, andererseits, wenn sich der Staat dranmacht, die Verwertungsrechte der Künstler und Plattenfirmen durchzusetzen, ist es auch wieder nicht recht. Was wollen Sie denn nun?

  12. Kretz sagt:

    Hier regt sich bisher niemand darüber auf, dass das Klauen von Musik verboten ist. Wir sind – so wie ich die Kommentare verstehe – alle bloss etwas bestürzt über das Vorgehen.

  13. Herr Sartorius sagt:

    Von wegen drängen: Wenn die Musikindustrie versagt, muss man halt zuweilen den Piraten spielen, Herr Besserwisser. Aber es ist schon ein Kreuz mit diesen Verwertungsrechten, weshalb auch an «RIP! A Remix Manifesto» erinnert sei.

    Einerseits wird in diesem Block fast nur über Musik geschrieben

    Das hinwiederum stimmt nun leider nicht.

  14. Kretz sagt:

    “Leider”, Herr Sartorius?? Soll ich morgen um 5 Uhr Ihre Bude stürmen und Ihnen mal ein bisschen Theater um die Ohren hauen?!

  15. signora pergoletti sagt:

    Als Beweisstück Nummer 1 wurde Beat it von Michael Jackson herausgepickt. Nicht irgendein Indipendentsong eines Künstlers, der auf die Einkünfte jedes einzelnen Verkaufs angewiesen ist. Meine Freundin ist sowieso eher eine Konsumentin von Mainstream-Musik, wenn ich das mal so sagen darf :) Und: ja, es ist sehr viel Aufwand für ein bisschen heruntergeladene Musik. Und: Nein, etwas anderes steckt nicht dahinter. Mit Verlaub. Und: Ja, ich plädiere für Verhältnismässigkeit.

  16. freundin sagt:

    es war zwar etwas nach fünf, aber saufrüh. und ja herr besserwisser, genau das hab ich mir auch gedacht – aber ich bin eine extrem wenig runterladerin und keine aktive anbieterin. ich bin auch eine musikkäuferin und dies in einem viel grösseren mass, als die paar mainstream-songs, die ich in sehr unregelmässigen abständen runtergeladen habe in meinem leben. das runterladen ist ja eben auch nicht strafbar – nur das anbieten. ich habe wohl unbewusst meine musikbibliotheke angeboten in dem moment. und diese besteht aus meiner digitalisierten musiksammlung in echtform…gekauften cd’s. naja, man sollte es besser wissen, aber eben. eine hausdurchsuchung erscheint mir von daher gesehen doch etwas übertrieben und macht übrigens auch angst. ich bin ziemlich erschüttert und durch den wind. nebenbei gesagt, die beamten waren im verhalten sehr verhältnismässig, nett und wirklich sehr sehr anständig. ihnen ist diese unverhältnismässigkeit sehr wohl bewusst. aber trotzdem ist sowas ein totaler albtraum und ich hoffe immer noch, dass ich erwache und das alles nicht passiert ist…

  17. Der Besserwisser sagt:

    Ah, das Problem, dass durch Filesharing-Programme plötzlich eine ganze anderer Daten unbeabsichtigt ins Netz geladen wird, ist auch nicht neu. Ich hoffe, dass sich für Sie alles in Musse auflösen wird, Frau Freundin.

  18. Fischer sagt:

    in musse? herr besserwisser, sie pflegen auch ein eher seltsames rechtsverständnis – da hat die musikindustrie einfach wieder mal den dampfhammer hervorgeholt, weil sie mit feineren (und konstruktiveren) instrumenten offenbar nicht umzugehen weiss. und dann muss halt irgendjemand, exempelstatuierend, dran glauben. das hat gar nichts mit musse zu tun. sondern mit macht. und zwar mit solcher, die verlorenzugehen droht. dreinschlagen statt argumentieren, würd ich sagen.

  19. Herr Sartorius sagt:

    Also um den Bogen zurück zum Artikel noch zu schlagen: Ich denke nicht, dass all die vom Gaslamp Killer gebrauchten Samples auf dem Album legal lizenziert sind.

  20. marcr sagt:

    tja, was soll man da sagen – kenne sonst noch ein paar DJ’s die man vom Fleck weg (also während des Gig’s) verhaften könnte – die downloaden die Musik gratis im Internet und kassieren dann noch Gage fürs auflegen – was sagt man denn dazu???

  21. Herr Gnos sagt:

    was sagt man denn dazu???

    ich nehme an, das ist eine rhetorisch-ironische frage, werter marcr, die keiner antwort bedarf, oder?

    und aber auch: herzliches beileid, werte frau freundin! lassen sie sich nicht unterkriegen.

  22. Herr Gnos sagt:

    kurzer themenwechsel… auf der website des dachstocks ist folgende meldung zu finden:

    Holt die Tickets im VVK, solange es noch hat… Ausverkaufs-“Gefahr” bei Wax Tailor, Shantel DJ-Residency & BONAPARTE!

  23. Copyright sagt:

    http://www.copyright.ch/?sub_id=72&leng=0

    kann die Geschichte wirklich stimmen?

  24. Pwei sagt:

    Liebe Freundin, aus eigener Erfahrung in meinem Umfeld kann ich Ihnen nur raten, sich einen Anwalt zu nehmen der auf aussergerichtlichem Weg das Problem für Sie löst. Unter dem Strich wird es für Sie weniger teuer und Sie riskieren keinen Eintrag im Strafregister. Ich drück Ihnen die Daumen!

  25. Herr Gnos sagt:

    kann die Geschichte wirklich stimmen?

    sie stimmt, werter copyright. ist persönlich überprüft.

  26. Herr Gnos sagt:

    übrigens ist auch in diesem fall nicht das herunterladen das problem, sondern das unachtsame zur-verfügung-stellen der eigenen musiksammlung. und das ist, wie ihr link schön zeigt, eben nicht erlaubt.