Kaum jemand hat dem in Zürich lebenden Bildhauer Hans Josephsohn je bei der Arbeit zuschauen dürfen. Dass Josephsohn dies den beiden Filmemachern Matthias Kälin und Laurin Merz erlaubte, hängt wohl damit zusammen, dass ihn mit den Vätern der beiden – dem Maler Otto Kälin und dem Schriftsteller Klaus Merz – eine langjährige Freundschaft verbindet. Dem geerbten Vertrauen werden die Regisseure des subtilen und grossartig fotografierten Films auch vollends gerecht.
«Das Wesentliche an dem Beruf ist wohl, dass man unsicher bleibt», sagt Josephsohn einmal. Er redet wenig, aber was er sagt ist kostbar und hat viel Schalk. Schön, dass Kälin und Merz die Geduld aufbringen, sich auf Josephsohns Rythmus einzulassen und zu warten, bis etwas von ihm kommt, anstatt ihn mit Fragen zu bedrängen und uns mit biographischen Eckdaten zuzuschütten. Obwohl Josephsohns Lebensweg ungewöhnlich ist: 1938, mit achtzehn Jahren, floh er erst nach Italien, dann in die Schweiz. «Mein Leben hat erst begonnen, als ich die deutsche Grenze hinter mir gelassen hatte.»
Er hätte sich mit der Zeit selbst wie eine weitere Skulptur empfunden, die im Atelier von Hans Josephsohn herumsteht, so Laurin Merz. Josephson, immer mit Cigarre, der gerne morgens erst mal ausgedehnt Kaffee trinkt und Zeitung liest («Der Übergang vom Normalbürger zum Bildhauer ist nicht immer einfach»), hat denn auch zeitweilig vergessen, dass er gefilmt wird. Das spürt man und ist sehr schön. Ein durch und durch ermutigender Film, zu sehen bis am 30. September im Kino im Kunstmuseum.
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Wirklich ein sehr schöner Film, danke für den Hinweis Frau Sister Knister! So einen Grossvater möchte man haben….
Ja, stimmt genau! Apropos: Lustig waren für mich persönlich auch die Sequenzen, die in Assisi gedreht wurden. Ich kenne den Ort sehr gut, denn von da kommt mein Vater (und mein Grossvater). Wie das Team es geschafft hat, in der San Francesco-Kirche filmen zu dürfen, wäre auch noch spannend zu wissen…
…eigentlich bin ich ja Josephsohn. Aber okay, kann man gelten lassen.