Künstler gelten als tendenziell verrrückt. Die gerade umgekehrte Perspektive bot das Konzert mit Die Regierung gestern abend in der Dampfzentrale: Verrückte sind ganz speziell künstlerisch. Seit 1981 spielt diese Band, die in einer WG im Toggenburg lebt, nun schon zusammen. In der Dampfzentrale, anlässlich des Festival Community Arts, brachten Aussenminister Massimo, Polizeiminister Franco, Landwirtschaftsminister Hanspeter, Gesundheitsminister Martin, Innenminister Roland und Heiz, der Boss ihr neues Programm zur Premiere.
Man kann es getrost als Highlight der laufenden Konzertsaison in unserem ollen Haus bezeichnen: So unprätentiös, so überraschend, so feinfühlig, so unorthodox, so radikal, so independent und so geistreich habe ich schon lange keinen Auftritt mehr erlebt. Jazz, Blues, Post, Ambient, Free Jazz, Ländler, Noise: In Die Regierung steckt alles drin, was an uns allen den lieben langen Tag akustisch vorbeizieht. Die Regierung saugt es auf und gibt es auf der Bühne als faszinierende Reflektion wieder.
Das Sextett ist eine bestens eingespielte Crew. Jeder hat ganz selbstverständlich seinen Platz, egal ob der gehörlose Autist Franco am Vibraphon oder der zelebral behinderte Hanspeter an der Perkussion. Heinz Büchel hält sie mit seinem Kontrabass alle zusammen. Das Verrückte dabei: Die Regierung ist total normal. Hier geht es nicht um Therapie oder Exotik. Hier machen Menschen Musik, ohne dass sie sich irgendwas diktieren lassen. Unabhängigkeit ist ihr Trumpf: Die WG-Band erwirtschaftet ihren Lebensunterhalt mittlerweile selber. Öffentliche Unterstützung haben sie vor einem Jahr abgestellt.
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die regierung hat ein bildlesebuch draussen mit einer cd – ziemlich altes teil schon. darauf singt der gehörlose autist franco. seine “singgeräusche” sind etwas vom schönsten und unglaublichsten, was ich je gehört habe. da bleibt kein häärchen liegen. hat was mit “ur-klang” zu tun.