
Das Zauberwort heisst Glaube: Ausschnitt aus dem Video «An alle Lichtarbeiter». (Bild: Screenshot Youtube/Gabriele Himmelsbotin)
Channeling und Lichtarbeit sind die Königsdisziplinen der Esoterik. Wer sich den beiden Methoden verschreibt, die zum höheren Selbst und zur Erleuchtung führen sollen, braucht viel Fantasie und den unbedingten Willen, den Lichtarbeitern und spirituellen Meistern Glauben zu schenken. Denn: Mit der gängigen Erfahrungswelt haben die beiden Disziplinen nichts zu tun. Die proklamierten Phänomene sind nicht plausibel und lassen sich schon gar nicht beweisen. Das Zauberwort heisst Glaube. Und Gläubige lassen sich von den versprochenen Wundern gern verzaubern.
Beim Channeling geht es um geistige Botschaften, die göttliche Geistwesen oder Avatare aus den jenseitigen oder kosmischen Sphären den medial begabten Esoterikern vermitteln. Einfach ausgedrückt: Menschen, die sich als medial begabte Meister verstehen, empfangen göttliche Botschaften. Also die letzten und unverrückbaren Weisheiten, die sie ihren Schülern oder Klienten weitergeben.
Komplizierter wird es beim Lichtkörper. Im kosmischen Licht sehen Esoteriker die göttliche Energie. Um diese zu nutzen, brauchen wir Menschen einen Lichtkörper. Durch Meditation und Kurse müssen wir uns transformieren und die Schwingungen erhöhen.
Das deutsche Medium Sabine Wolf formuliert es so: «Der Lichtkörperprozess ist die langsame, stufenweise Hochschaltung eures körperlichen Seins vom bindenden Magnetismus zur lösenden Elektrizität. Er ist die Wiederherstellung eurer geistigen Körper- und Lebensstruktur. In 12 Stufen wird das Netz nach Ablauf von 25 Jahren voll aktiviert sein. Dies ist der Lichtkörperprozess, der euch in kürzester Zeit in jene körperlich-geistige Freiheit zurückführt, die ihr in 12’000 Jahren verloren habt. Jede Lichtkörperstufe erhöht den kosmischen Strom im Erdmagnetgitter und aktiviert ein weiteres Kontingent eurer Zell- und DNS-Informationen sowie Gehirnkapazitäten – sie löst damit allerdings auch eine neue Heilkrise aus.» Im Porträt der Lichtarbeiterin heisst es: «Ab Juni 1995 erfährt Sabine Wolf erste bewusste Begegnungen mit Christus, einigen Erzengeln und Mutter Maria. Hier beginnt die persönliche Schulung durch geistige Wesenheiten.»

Eine der bekanntesten Channeling-Spezialistinnen an der Arbeit: Cecilia Sifontes. (Bild: Screenshot Youtube/Cecilia Lightflow)
Eine der erfolgreichsten Channeling-Spezialistinnen ist das auch in der Schweiz tätige schwedische Orakel Cecilia Sifontes. Sie hat die Firma Lightflow Productions aufgebaut und erteilt weltweit ihre Seminare «Der neue Lichtkörper» – in diesem Jahr auch in China, Alaska, Südafrika, Zypern, Ägypten und Kasachstan. Sie selbst sieht sich als «ein ausserordentlich klarer spiritueller Kanal und eine hingegebene Lichtarbeiterin». Sie soll laufend neue Dimensionen erforschen, «um auf diese Art göttliche Qualitäten auf der Erde zu verankern, die Welt zu erleuchten und intergalaktische Kommunikation zu ermöglichen».
Diese Forschungsarbeiten haben erstaunliche Resultate erbracht, wie sie schreibt: «Diese kraftvollsten Lichtkammern wurden vor 4000 bis 5000 Jahren in Strukturen verborgen, welche Göttlichkeit abstossen. Sie wurden auf diese Weise verborgen, um die Manifestation des Planeten des Lichts zu verzögern, bis die Zeit reif sein würde. Jetzt haben wir schliesslich eine Ebene des Lichts im Erdgitter erreicht, die uns erlaubt, dieses wunderschöne Licht auf harmonische Weise freizusetzen. Mit grosser Aufregung werde ich dich in dieser Arbeit führen, welche im Herbst 2014 beginnen und im Frühjahr 2016 enden wird. Gemeinsam werden wir das Licht freisetzen, auf das die Menschheit gewartet hat.»
Unterstützt hat sie ein ausserirdisches Engelwesen namens Artee. Dieses besuchte Sifontes und überbrachte ihr die Botschaften des Lichts. Sie fasst es so zusammen: «Der Lichtkörper der Menschheit befindet sich im Moment in einem Prozess des Erwachens und der Aktivierung. Spirituelle Führer aus dem ganzen Multiversum rufen uns auf, zum Licht zu erwachen. Jeder Mensch besitzt einen Lichtkörper und es steht dir frei, unterschiedliches Licht in ihm aufzubauen, um spezifische Resultate damit zu erreichen. Der Neue Lichtkörper hält all die Frequenzen der Erleuchtung und Göttlichkeit, die für einen planetaren und individuellen Aufstieg ins Einssein nötig sind.»
Es überrascht nicht, dass der Aufstieg in die kosmischen Sphären nicht ohne Sex geht. Sifontes dazu: «Und das zeigt, dass du für die nächste Transformationsstufe bereit bist, für diese höchste Form an kreativer Energie, die göttliche Sexualität, welche in Zusammenarbeit der Quelle und der Seele der Menschheit erschaffen wird… Göttliche Sexualität ist eine sehr hohe Energie und hat das Potenzial, deinen Verstand vollständig zu transformieren und dich zu einem kreativeren Wesen zu machen. Sie verändert deine emotionalen Erfahrungen und hebt diese in die göttlichen Zustände des Seins an. Wenn du diese Energie in deinem Körper kanalisierst, wird dies viele Veränderungen bringen. Auf dem Gebiete der Sexualität wird sie deine Fähigkeit, während des Sex höhere Dimensionen zu erfahren, erhöhen.»
Wer das Seminar «Der neue Lichtkörper» besucht, muss einen Vertrag unterschreiben. Darin heisst es: «Ich verzichte auf alle Schadensansprüche, die sich auf meine Teilnahme am Seminar ‹Das Neue Lichtkörper-Jahresseminar 2015› beziehen, und entbinde Lightflow Productions AB, deren Mitarbeiter, Organisatoren, Lehrer und Gastredner von jeglicher Schadenshaftung.» In einem früheren Vertrag mussten die Kursteilnehmer unterschreiben, dass sie bereit seien, ihre alte Identität zu überwinden und quasi ein neues Wesen zu werden. Wörtlich: «Wenn du beginnst, mit dem neuen Lichtkörper zu arbeiten, dann gibt es kein Zurück mehr zu deiner alten Persönlichkeit, nur einen Weg nach vorn, um dein höheres Selbst auf der Erde zu werden. Ist dies dein Wunsch?» Im Vertrag wurde auch darauf hingewiesen, dass die Teilnehmer mit dem neuen Lichtkörper «eine Menge Spontanheilungen verursachen werden». Menschen würden allein dadurch geheilt, dass «sie in dein Energiefeld kommen».
Im aktuellen Vertrag werden die Seminarteilnehmer gewarnt: «Die Meditationen dieses Kurses können als ‹recht abgehoben› wahrgenommen werden. Daher ermutigen wir dich, nicht nur auf die Details dieser Reise zu fokussieren, sondern auch darauf, was in dir geschieht.» Das erinnert an die Warnungen auf den Zigarettenschachteln. Nur sterben die Seminarteilnehmer nicht, sondern verabschieden sich in die kosmischen Sphären und landen im Sektenreich.