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Junge Katholiken missionieren mit Esoterik

Blog-Redaktion am Samstag den 7. November 2015
Missionieren mit Jenseitskontakten und Esoterik. (Bild: Wikipedia)

Missionieren mit Jenseitskontakten und Esoterik. (Bild: Wikipedia)

Esoterisches und spirituelles Gedankengut ist längst salonfähig geworden und hat sich ins kollektive Bewusstsein eingegraben. Die seichten Medien bespielen das moderne Gesellschaftsritual regelmässig. Die «Glückspost» liefert beispielsweise in jeder Ausgabe zwei Seiten der esoterischen Salbaderei. Zunehmend finden spiritistische und okkulte Rituale den Weg in die Kirchen. So führte die reformierte Pfarrerin Renate von Ballmoos von der Prediger-Kirche in Zürich schamanische Kurse durch, und katholische Bildungsstätten locken das Publikum mit esoterischen Workshops an.

Doch nun überholt der katholische Treff für junge Erwachsene «Jenseits im Viadukt» in Zürich alle Institutionen auf der okkulten Spur: Er bot zu Allerheiligen Jenseitskontakte an. Und niemand in der katholischen Kirche schreit auf. Auch nicht der zuständige Bischof Vitus Huonder, der nichts von der Modernisierung der Kirche hält und sich als Hüter der reinen Lehre starkmacht. Lieber sperrt er Geistliche aus, die es wagen, homosexuelle Paare zu segnen. Dabei werden in der Bibel harte Strafen für jene angedroht, die sich dem Okkulten zuwenden.

So heisst es in im Alten Testament, jeder sei ein Gräuel für Gott, der die Toten befrage. Wer sich Totenbeschwörern und Wahrsagern zuwende, muss mit dem Tod rechnen.

Der katholische Treff hat kirchenferne junge Leute im Visier. Mit Jesus und der Bibel lassen sich diese nicht mehr ködern. Also versuchten es die Jenseits-Mitarbeiter mit esoterischem Brimborium. Der Erfolg hielt sich in Grenzen. Und so griff der katholische Treffpunkt in die ultimative okkulte Trickkiste: Er engagierte mit Alex Hurschler einen Hardcore-Esoteriker, der für die jungen Treff-Besucher Kontakte zu Toten herstellte.

Alex Hurschler will Kontakte ins Jenseits herstellen können. (Bild: Screenshot/Youtube/TeleTop)

Alex Hurschler will Kontakte ins Jenseits herstellen können. (Bild: Screenshot/Youtube/TeleTop)

Der Esoteriker entdeckte seine mediale Gabe, Kontakt zu Toten aufzunehmen, nach dem Tod seiner geliebten Schwester. Diese sei ihm erschienen und habe mit ihm gesprochen. Das erinnert an die Karriere von Uriella: Nach einem Sturz vom Pferd erschien ihr Jesus. Der innige Kontakt hält angeblich bis heute an.

Jenseitskontakte im «Jenseits» drängen sich zwar förmlich auf, doch junge Leute sind wohl das falsche Publikum. Die wenigsten haben verstorbene Angehörige, mit denen sie plaudern könnten. Das Ritual dürfte sie primär aus Neugier an einem okkulten Gruseln interessieren. Somit entpuppt sich die spiritistische Session als Missionsveranstaltung.

Da stellt sich die Frage, wie Jenseitskontakte funktionieren sollen. Wer an das Phänomen glaubt, kann geradeso gut die Überzeugung vertreten, die Erde sei eine Scheibe. Ein paar Fragen und Bemerkungen machen deutlich, dass das Ritual das Produkt von Sehnsucht, Einbildung und einer blühenden Fantasie ist.

Voraussetzung für einen Jenseitskontakt ist die Existenz einer Seele, die nach dem Tod weiterlebt. Bisher konnte niemand eine solche oder ein Leben nach dem Tod nachweisen. Falls es eine Seele gibt, müsste sie immateriell sein. Somit könnten sich Tote den Angehörigen kaum leiblich manifestieren. Das tun sie aber, wie Hurschler behauptet. Seine verstorbene Schwester sei plötzlich in seinem Zimmer gestanden.

Zu klären wäre weiter die Frage, wie Verstorbene aus dem Jenseits zur Erde dislozieren.

Offen ist auch die Frage, weshalb auch verstorbene Menschen mit einem langen Sündenregister den Hinterbliebenen erscheinen können. Denn nach biblischem Verständnis leben diese in einem Zwischenreich und warten auf das Jüngste Gericht. Bekommen sie ebenfalls Ausgang, um der Erde und ihren Angehörigen einen Besuch abzustatten?

Ungeklärt ist zudem, wie die Seelen der Verstorbenen kommunizieren können. Offenbar können sie sprechen, wie die Vermittler von Jenseitskontakten erklären. Das Erzeugen von Lauten ist ein physikalischer Vorgang, Seelen sind aber immateriell.

Unlogisch ist auch, weshalb nur wenige Leute Kontakt zu den Verstorbenen herstellen können. Esoteriker behaupten, es brauche dazu eine mediale Begabung. Eigentlich müsste man meinen, dass katholische Geistliche, die ihr Leben Gott weihen und in engem Kontakt zu ihm stehen, prädestiniert für Jenseitskontakte wären. Doch da ist nichts. Pfarrer und Bischöfe hüten sich, solche okkulte Rituale zu pflegen.

Sollte das Phänomen der Jenseitskontakte funktionieren, liesse es sich problemlos beweisen. Die Verstorbenen, die verschollen sind, müssten konkrete Angaben zum Standort ihrer Leiche machen können.

Das sind natürlich absurde Fragen und Bemerkungen. Aber sie demonstrieren, wie absurd der Glaube an Jenseitskontakte ist.

Der «Spiegel» nannte die Esoterik einst eine sanfte Verblödung. Analog dazu könnte man schliessen, die katholische Kirche trage beim Treffpunkt «Jenseits» zur Volksverdummung bei.​

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307 Kommentare zu “Junge Katholiken missionieren mit Esoterik”

  1. olive sagt:

    @Pasionaria

    “Zu Deinen etwas verworrenen Fragen:”

    Nun ,diese Fragen waren auch nicht ganz ernst gemeint.

    Aber nach all den Äusserungen zu meiner Person , teilweise echt besorgte, bekam ich den Eindruck, dass es eben so gesehen wird.

    Wie schnell man eben in genau dieser Ecke landet, wenn man nicht korrekterweise gewisse Gedanken und Lektüren für sich ausschliesst und meidet wie der Teufel das Weihwasser, soll niemand sagen, es sei nicht so.

    Trotzdem schönen Sonntag
    mit sünneli

  2. Rodolfo sagt:

    @ Zustand der Welt
    Sowohl “die Rechten” haben sich verändert, wie auch “die Linken”.
    (Und “die Mitte” schaut wie eh und je mit treuherzigem Hundeblick und ängstlich auf die “Meinungs-Umfragen”)
    Innerhalb der SP (Sozialdemokrarische Partei der Schweiz) machen sich die “Cüppli-SozialistInnen” des “Rechten Flügels” wieder stärker bemerkbar:
    Zu ihnen gehört der glänzend als Ständerat gewählte Daniel Josic und die prominente Pascalle Bruderer, aber auch der wieder in den Schoss der Partei zurück gekehrte Hans (?) Fehr.
    Sie bezeichnen sich als “Sozial-Liberal” und empfinden das sozialistische Ziel “Überwindung des Kapitalismus” als peinlich und zu wenig seriös.
    Ist doch gut, wenn es diese “Brückenbauer” gibt, solange sie auch unter ihrer Brücke schlafen und nicht aufs andere Ufer überwechseln! Etwas ähnliches haben wir ja schon mit den Grün-Liberalen:
    Ihr Präsident, Martin Bäumle kommt mir jeweils vor wie ein verwirrter Hund:
    Mal biedert er sich bei den Bürgerlichen “Herrchen” an und wedelt bildlich gesprochen mit dem Schwanz, und plötzlich beginnt er, wie verrückt zu knurren und zu kläffen, wenn es um ökologische Themen geht.
    Und dann vergessen wir nicht die Original-Liberalen vom Freisinn!
    Mit Philipp Müller haben sie einen soliden “Büetzer” gefunden, der verständlich und praktisch mit den Leuten sprechen kann und auch über eine Portion Humor und Selbstironie verfügt.
    Eins geht nämlich in der modernen Schweiz von heute gar nicht mehr: Humorlos sein.
    Und so wird vom Migros-Werbespot über die Sport-Reportage bis zum SVP-Wahlwerbe-Filmchen alles lustig gestaltet.
    Das aus der Tiefe des Bauches kommende, schüttelnde Hohohohoo und das Kumpelhafte “Also Toni, jetzd ferzellsch eifach en totaale Seich!” von Jaquline Badran nimmt den Auseinandersetzungen sofort den Ernst eines Kampfes um “Sein, oder nicht sein”! Und das ist ja auch gut so.
    Und da diese natürliche Tendenz zum “Humorigen” den ganzen Globus erfasst (Lachen ist gesund, überall auf der Welt), werden auch immer mehr “Komiker” in die Politik gewählt.
    Wenn sie schon nichts zu sagen haben, dann tun sie das wenigstens auf eine lustige, unterhaltsame Art…

  3. Heimat sagt:

    das freut mich
    http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2015/03/kaliningrad-ostpreussen-sowjetunion-polen

    nicht alles weggesprengt (Kulturgüter) oder ausgelöscht.

    übrigens heute Morgen Interessantes auf focus oder Sueddeutsche…
    h ttp://www.huffingtonpost.de/2015/11/14/paris-terror-_n_8563046.html
    Plasberg im Nebel
    h ttp://www.sueddeutsche.de/medien/hart-aber-fair-zu-terroranschlaegen-plasberg-im-nebel-1.2737580

  4. Klara Brunner sagt:

    @ pasionaria

    eben gell…..Reaktion wie gehabt. Xfach. Sie sind halt nic’ so gmerkig, dafür können Sie nichts.

    @ olive

    Wer nicht im Mainstream schwimmt ist unkritischen Geistern halt suspekt. Und manche haben halt rechterer als andere (siehe Orwell).

  5. Klara Brunner sagt:

    @ pasionaria

    Ich erinnere Sie gern an so eine Einzelerzählung von mir die nun als Tatsache für viele Frauen in der Rede von François Hollande vorgekommen ist. Mir hat man damals Xenophobie und Rassismus übergestülpt. Soll ich nun einen Umkehrschluss ziehen? Meine Individualerlebnisse erzähle ich in aller Regel als solche um nicht zu pauschalisieren. Verstehen Sie das?

  6. Pasionaria sagt:

    Klara Brunner
    Leider verstehe ich gar nichts, nur Tour Eiffel.
    Welche Rede von François Hollande? Wann und in welchem Zusammenhang ist ‘damals’?
    Also beim Pauschalisieren haben wir Sie schon mehrmals erwischt – siehe Philippinos….., auch schon eine Weile her.
    Aber da ich nicht nachtragisch bin, ‘freue’ ich mich auf Ihre naechsten lehrreichen Einzelerzaehlungen, auch Postings genannt!

  7. Klara Brunner sagt:

    @ pasionaria

    Was sonst hätte nan erwarten können? macht nichts.