Eine Replik von Josef Hochstrasser* auf den Text «Wo ist Gott?» von letzter Woche.
Elend im Mittelmeer. Verzweiflung in Nepal. Nacktes Grauen in Auschwitz. Genozid an den Armeniern. Eine Todesspur ohne Ende zieht sich durch die Menschheitsgeschichte. Atheisten höhnen: Wo bleibt da Gott? Gläubige Monotheisten stellen dieselbe Frage. Ohne Spott, aber auch ohne eine Antwort zu bekommen.
Ein Paar bekommt ein schwerbehindertes Kind. Es wird nur wenige Jahre leben dürfen. Dann wird es sterben. Der Mann hadert mit Gott. Die Frau versucht anzunehmen, was sie nicht ändern kann und meint gelassen: Eine Laune der Natur!
Mit Gott hat das Schicksal dieser Familie rein gar nichts zu tun. Hätte er es verhindern können, aber dennoch zugelassen, wäre er ein Sadist. Oder ist er ein hilfloser Gott, ohne Macht und Möglichkeiten? Wäre er dann noch Gott? Fragen, die im 3. Jahrhundert v. Chr. schon den griechischen Philosophen Epikur umtrieben und mit Gottfried W. Leibniz vor dreihundert Jahren im Begriff der Theodizee populär wurden.
Biblische Geschichten erzählen vom Eingreifen Gottes in diese Welt. Den Israeliten etwa zeigt er in Form einer Wolkensäule den Weg durch die Wüste ins Gelobte Land. Warum aber liess er die Ägypter qualvoll im Meer ertrinken? War das gerecht von Gott? Ist er parteiisch? Gott kommt buchstäblich in Teufels Küche, wollte er fair in die Geschicke der Menschen eingreifen. Alle Erzählungen über ein Wirken Gottes in der Welt sind Deutungen, keine objektiven Berichterstattungen. Deshalb sind sie noch lange nicht belanglos. Im Gegenteil. Als Mythen schaffen sie Hoffnung und gesellschaftsformende Kraft.
Sich vom Glauben zu verabschieden, nur weil Gott sich nicht für alle Menschen einwandfrei nachvollziehbar ins Weltgeschehen einmischt, tut Gott Unrecht und ist bedauerlich. Die zweite Liedstrophe der sozialistischen Internationale weist den Weg: «Es rettet uns kein höh’res Wesen, kein Gott, kein Kaiser noch Tribun. Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun.»
Das Erdbeben in Nepal hat tektonische Ursachen. Hier hat der Mensch nur sehr begrenzte Möglichkeiten, das Naturgesetz zu beeinflussen. Bei der aktuellen Tragik auf dem Mittelmeer aber ist er gefordert. Da hilft kein Schreien nach Gott. Das Flüchtlingselend ist nicht – Vorsicht ist auch bei dieser Vermutung geboten – gottgewollt. Die Migrationspolitik hat einzig und allein der Mensch zu verantworten. Christen stehen auch in diesem Fall vor der Frage, was sie im Namen Gottes tun sollen. Als Antwort bleiben ihnen nur Optionen. Die einen machen in Nächstenliebe und wollen möglichst alle Flüchtlinge retten und in Europa aufnehmen.
Andere greifen viel tiefer und sagen, die Weltgemeinschaft sei ethisch aufgerufen, die kriminellen Regimes einzelner afrikanischer Länder auszuschalten, damit die Menschen in ihrer Heimat ein Leben aufbauen können und erst gar nicht nach Europa zu fliehen brauchen. Welche christliche Handlungsmaxime ist nun im Sinne Gottes? Er wird weiter schweigen.
Gefordert ist in existenziell schwer zu ertragenden Momenten nicht der Hilfeschrei nach oben. Im Sinne Sigmund Freuds wäre dies ohnehin infantil. Heilend wirken kann nur menschliche Nähe und Solidarität.
*Josef Hochstrasser (68) war römisch-katholischer Priester. Nach seiner Heirat und dem folgenden Berufsverbot wurde er reformierter Pfarrer. Er ist Autor mehrerer Bücher, darunter die Biografie über den ehemaligen Fussballnationaltrainer Ottmar Hitzfeld.
@Rolf Müller, 23. Mai 2015 um 09:50
Im ernst, die Fragestellung von Pizpot ist ernstgemeint: es geht darum, dass vom ‘Niedrigeren’ Lebewesen her bei einer Gottesvorstellung auf ein ‘Hoeheres’ geschlossen wird, dessen Wille (‘Dein Wille geschehe’) sich zu fuegen sich ‘anschickt’. In unseren Denkdimensionen bestimmen wir ueber Sein/Nichtsein von ‘niedereren’ Wesen (Tiere, Pflanzen, etc (frueher sogar Menschenrassen)), weshalb wir davon ausgehen, dass dieser Erhalt an ‘Ordnung’ auch einer Uebertragung auf ein ‘hoeheres Wesen’ stand zu halten zu sein habe. Das steht hingegen nirgends – weshalb die Frage, ob Gott jaetet oder nicht, absolut obsolet ist.
Die Gotteszusprechung geschieht vom vermeintlich ‘niedereren Lebewesen’ auf das vermeintlich ‘Hoehere’. Ob das ‘hoehere’ Lebewesen die Angelegenheit denn ueberhaupt ebenfalls so wahrnimmt, ist eine andere Sache – sie bezeichnen Ihr Unkrautjaeten Jäten ja explizit nicht als Gottesspiel. Auch hier will ich kurz auf eine Idee aus ‘Per Anhalter durch die Galaxis’ zu sprechen kommen: mit Ihrem Strampeln in Mäuserädern studieren die Maeuse, wie Menschen andere Wesen studieren – darueberhinaus haben die Mäuse die Erde gebaut und den Menschen kreiert….
(Im Internet findet man viele Eintraege ueber den zwischen den Zeilen liegenden Gehalt dieses Buches (der saloppe Schreibstil kann man moegen oder nicht, der Gehalt und die Geistesoffenheit ist beeindruckend).
😎
@Rolf Müller
Ihr Antikapitalismus scheint mir leider recht regressiv zu sein, da sie die gesellschaftlichen Verhältnisse mit ihren abstrakten Zwängen ausblenden und konkrete Akteure (das Finanzkapital, die korrupten Boniempfänger, die amoralischen Politiker – oder gar die “Reichen” als nicht näher definierte Klasse) als PERSÖNLICH Verantwortliche für Ausbeutung, Hunger und Elend benennen.
Eine solche Kapitalismuskritik verkennt die Totalität des kapitalistischen Systems und personalisiert das Kapitalverhältnis, anstatt es als gesellschafftliches Phänomen zu analysieren.
@ Ueli
Ja, das ist schon auch so.
“Das Sein bestimmt das Bewusstsein.”
Aber auch umgekehrt gilt: “Das Bewusstsein bestimmt das Sein.”
Wieder einmal die Frage, nach dem, was zuerst war, das Huhn, oder das Ei.
Vielleicht können wir das Rätsel lösen, indem wir in Kreisläufen denken.
Kreisläufe wiederum sind Pendelbewegungen zwischen polar entgegengesetzten Extremen.
Pendelbewegung und Kreisläufe mit zeitlicher Dimension “gestreckt” ergeben Wellen.
bei den “Grünen” setzt sich die Einsicht durch, dass zwei Vollzeit arbeitende Partner trotz Ganztagskita zu wenig Zeit füreinander und für eine Familie haben. Nun denken sie über neue Modelle nach, die private Lebensgestaltung der Bürger zu planen und zu lenken.
h ttp://www.faz.net/aktuell/politik/inland/die-alles-haben-woller-muessen-irgendwo-abstriche-machen-13609077-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2
h ttp://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-04/die-gruenen-zeit-vereinbarkeit-familie-beruf/komplettansicht
h ttp://www.taz.de/!158923/
at Herrn Rolf Müller
(nur Stämme werden überleben)
Habe mir etwas abgewöhnt und längst abgestreift, wie ich finde zum Glück!:
eine dogmatisch beeinflußte, partiell leider ANGENOMMENE Sichtweise , wie sie auch hier immer wieder fanatisch AUF ALLES angewendet wird und
d o m i n i e r t.
Und sich elitär als REINKULTUR verkleidet.
Nö…da bleibe ich doch anarchisch strukturierter Wildwuchs. Habe zeitweise mal gekontert: ich unterscheide nicht zwischen Kraut und Un-Kraut. Als Gärtnerin versuche ich “zu verstehen”, muß ENTSCHEIDUNGEN treffen….
lerne aber auch, wie renaturierte Biotopen (und Ur-Wälder) wieder ihre “Ordnungen” (und “Arten”) hervorbringen….
jetzt erst recht! 🙂 (—> neuer Aufgaußblog , altes Thema)
h ttp://www.storl.de/
🙂
🙂
🙂
und an sowas nehme ich auch nicht teil und kenne höchstens chinesischen grünen Tee!
h ttp://www.idea.de/frei-kirchen/detail/weltkongress-der-pfingstler-geistesgaben-weitergeben-90826.html
und ja, Ueli
die D-Mark war ok…allemal “besser”!
und diese, eine “rechte” Politikerin ziehe ich in dieser Frage vor:
Mit vielen wohlklingenden Argumenten wird immer dringender die Abschaffung des Bargeldes vorangetrieben. Terrorbekämpfung und Schwarzarbeit stehen ganz vorne. Aber nur weil einige die Freiheit der Anonymität der Bargeldzahlung für Straftaten benutzen, kann man doch nicht für alle die Freiheit abschaffen. Oder wollen wir vorsorglich alle Bürger inhaftieren, damit niemand mehr straffällig werden kann? Doch es regt sich Widerstand. Mehr als 15.000 Menschen haben sich schon an der Petition gegen die Bargeldabschaffung auf Civil Petition……”
19.5. 2015 Bargeld erhalten – youtube – Beatrix von Storch, EU-Parlament
Wir Menschen sind das Problem, Udo Jürgen hat das in einem Lied wunderbar gesungen. Bitte einmal genau hin hören.
Adam u. Eva waren im Paradis. Aber die Menschen wollen mehr. Aber was???? Wir haben alles und sind nicht zu Frieden.
Wir wollen Geld ohne zu arbeiten, wir wollen alles haben aber nichts dafür tun. Wir hatten Krieg aber keiner will dadurch lernen.
Jedes Land hat Kriege, aber es wird nur alles auf uns Deutsche mit den Fingern gezeit. Warum weil alle nur unser Geld wollen.
Wenn jeder mit seinen Mitmenschen so umgehen würde wie jeder es verlangt würde es keine Kriege geben.
Mir feundlichen Grüßen ein Kind Gottes und ich bin Stolz eins zu sein. Ich wünsche Euch Frieden, Zufriedenheit und
ganz viel Gesundheit es ist so wichtig Gesund zu sein.
@Anna
Ich sehe es auch so : der Mensch ist sich selbst das Problem.
Die Lebensaufgabe besteht darin, dieses Problem zu lösen. Das kann Jeder nur für sich alleine – ich entscheide mich für oder gegen Etwas.
Der Krieg ist die schlechteste Lösung. Es gibt nur Verlierer! Die Deutschen haben genauso unter dem Krieg gelitten wie alle Anderen .
Die Schweizer waren gute Krieger in der Vergangenheit , sie liessen ihre Hellebarden gezielt auf die Schädel ihrer Feinde runtersausen, die Schädel zersplitterten wie die Nüsse!
Kriegsgebrüll hüben und drüben ! Wie diesen Wahnsinn stoppen?
Immer die naiv verzweifelte Frage nach Gott!
Der Konflikt löst sich sehr leicht, wenn man einsieht, dasses einen Gott nicht gibt, weder im Guten noch im Schlechten.
Dann gibt es auch keinen Widerspruch mehr und gut ist es.
Die Welt funktioniert so recht und schlecht ganz ohne einen Gott aber auf jeden Fall viel besser ohne Religion.