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Religiöse Fanatiker destabilisieren die Welt

Hugo Stamm am Samstag den 11. April 2015
Chad Central African Republic

Sie leiden besonders unter dem Schrecken von Boko Haram in Nigeria: Kinder in einem Flüchtlingslager. (Keystone/Jerome Delay)

Der Überfall auf die Universität in Garissa, Kenia, ist der traurige Höhepunkt einer langen Reihe von brutalen Massakern durch Islamisten. Fanatische Muslime löschten das Leben von 147 Studenten aus, zur Mehrheit Christen. Einmal mehr wurden Unschuldige im Namen einer Religion oder eines Gottes brutal ermordet. Besonders tragisch ist dabei, dass es junge Menschen traf. Dass die Terroristen solche «weichen Ziele» auswählen, hat System: Die Anschläge sollen möglichst sinnlos wirken, ratlos machen und den «Ungläubigen» besonders wehtun. Die Welt soll aufschreien, irritiert, ohnmächtig sein.

Glaubenskriege und religiöse Konflikte durchziehen die Geschichte der Menschheit seit rund 1500 und mehr Jahren. Zogen im Mittelalter vorwiegend christliche Glaubensgemeinschaften eine Blutspur hinter sich her, versetzen in jüngerer Zeit muslimische Fanatiker die Welt in Angst und Schrecken. Was sie im Namen von Allah veranstalten, nimmt allmählich weltpolitische Dimensionen an. Gegen die beispiellose Brutalität der Gotteskrieger wirken Regierungen und Armeen in den betroffenen Ländern hilflos.

Den Islam als Glaubensgemeinschaft für die Eskalation verantwortlich zu machen, greift zu kurz, auch wenn der Koran nicht nur zum Frieden aufruft. Die Anschläge sind das Werk extremistischer Minderheiten. Diese verfolgen in erster Linie politische Ziele, doch sie brauchen den Glauben, um ihre Massaker zu legitimieren und Kämpfer in aller Welt zu rekrutieren.

Auffällig ist, dass die Ursprünge vieler Glaubenskriege bei den monotheistischen Religionen zu suchen sind, also im Nahen und Mittleren Osten, wo Judentum, Christentum und Islam ihre Wurzeln haben.

Das ist kein Zufall, denn die monotheistischen Religionen bergen ein besonders grosses Konfliktpotenzial: Es gibt nur einen Gott, eine wahre Botschaft (Thora, Bibel und Koran), ein Leben im Diesseits und nur für die Erlösten eine paradiesische Zukunft. Es geht um das Höchste, das Letzte, das Absolute.

Ein solch radikales Konzept verlangt fast übermenschliche Anforderungen und kann das psychische Gleichgewicht empfindlich stören. Zu einem radikalen Weltbild neigende Personen können in eine extreme Parallelwelt abrutschen. Werden sie in fanatischen Gruppen indoktriniert, brennen alle Sicherungen durch. Dann sind sie bereit, ihren religiösen Zielen alles unterzuordnen und den Ungläubigen die Köpfe abzuschlagen.

In allen Heilslehren und Glaubensgemeinschaften steckt also ein sektenhafter Kern. Es ist deshalb Aufgabe der Geistlichen und religiösen Führer, die Gläubigen für die Gefahren der Radikalisierung zu sensibilisieren. Nur so können Glaubensgemeinschaften zivilisiert werden, wie wir dies bei den christlichen Grosskirchen in den letzten 100 Jahren erlebt haben.

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268 Kommentare zu “Religiöse Fanatiker destabilisieren die Welt”

  1. Dringender Aufruf sagt:

    @Ueli

    Bitte melden Sie sich, Herr Martell befindet sich in einer schlimmen Krise. Der Arme wurde trotz seines immensen Einkommens und Vermögens aus Rotary-, Lions- und sonstigen Clubs der Reichen ausgeschlossen und sucht nun auf diesem Wege Gesprächspartner derselben Einkommensklasse. Da er sich der Unwahrscheinlichkeit bewusst ist, solche im Stammblog zu finden, würde es ihn trösten, wenn wenigstens Sie sich wieder melden würden. In seiner tiefen Verzweiflung halluziniert er nämlich, dass es sich bei Ihnen um einen Verehrer von ihm handelt. Bitte rauben Sie ihm nicht diese letzte Illusion und richten Sie ihn mit ein paar netten Worten wieder auf.

    @Pasionaria

    Setzen Sie die dem armen Herr Martell nicht weiter zu! Nehmen Sie endlich Rücksicht auf einen vereinsamten Mann, der sich Sonntag für Sonntag in eine ihm zu tiefst unsympathische Kirche begeben muss, um wenigstens etwas menschliche Gesellschaft zu geniessen.

  2. andersen sagt:

    Nun, gerade hat aber der Martell der Freitagsgebet verpasst.
    Obwohl die Muslime eigentlich die Vorreiter von Selbstopfer wäre.

  3. Kein dringender Aufruf sagt:

    Was ihr nicht alles wisst über andere Blogteilnehmer, ich staune.

  4. Pasionaria sagt:

    Kein dringender Aufruf
    17. April 2015 um 21:08

    Von den ‘andern’ Blogteilnehmern wissen wir, was diese selbst vermitteln, worauf sie sich beziehen und welche Gesinnung sie vertreten. So einfach ist es.
    Warum Ihr Staunen?

  5. Kein dringender Aufruf sagt:

    Wenn dieser Herr Martell solche Sachen erzählt, ist er selber schuld.

  6. Nives sagt:

    @olive: Solange die liberalen Muslime aber die Göttlichkeit des Koran nicht infrage stellen und nur die Rosinen aus dem Kuchen holen, teilen sie den gleichen Boden mit den Radikalen und liefern ihnen sogar Argumente für ihren Kampf, denn sie verzichten gerne auf die Rosinen, solange ihnen der ganze Kuchen gehört. Man kann den Koran deshalb weder reformieren noch Mohameds Werk durch eine Neuinterpretation beschönigen. Aber man kann Mohamed und seinen Koran überwinden!

    Traurig (aber symptomatisch), dass Abdel Samad seine Energie vornehmlich darauf verschwendet, liberale Muslime zu bekämpfen und für seinen Standpunkt zu missionieren. Wenn man sich schon vor der Machtergreifung einer Minderheit* fürchtet, dann sollte man sich daran erinnern, dass diese aggressive Minderheiten immer davon profitiert haben, wenn sich die sie ablehnenden Gruppen gegenseitig zerfleischten (man erinnere sich an den Iran nach dem Sturz des Schahs und all die vielen zerstrittenen linken säkularen Grüppchen, die es nicht fertig brachten irgendwelche Kompromisse einzugehen und sich mit liberalen Kräften zu verbünden). Ob der Islam reformierbar ist (es gibt einige gute theoretische Argumente dagegen, aber Religion ist eben nicht nur Theorie), scheint mir aktuell nicht die dringendste Frage und vor allem sehe ich keinen Sinn darin Menschen zu bekämpfen, die sich dem Vorhaben widmen, den Islam so zu reformieren, dass er kompatibel mit den Menschenrechten ist.

    * 15% dürften im übrigen kaum genügen, wenn es sich um eine ethnische und religiöse Minderheit handelt, die in keiner Weise mit den massgebenden Eliten vernetzt ist.

  7. Michael sagt:

    Das Grundproblem der meisten Religionen ist in meinen Augen der Anspruch, die einzige ´richtige´Religion zu sein. Warum sonst gab es dann beim Christentum die Heidenbekehrungen ? Hätte man die Wikinger nicht bei ihrem Glauben lassen können ? Oder im Koran – da wird von den Ungläubigen gesprochen. Das wird dann von Anhängern ausgenutzt, Andersgläubige vernichten zu können.
    Der Hintergrund ist doch, das der Mensch den anderen Menschen nicht so sein lassen kann wie er ist. Er wird sofort neidisch, wenn der andere etwas mehr hat – einen besseren Job, eine nettere Frau oder ein tolleres Auto.Und wie kommt man dem besser bei, als mit einem religiösen Verstoss in Ländern, wo das noch möglich ist. Da kann man auch mit keinem drüber diskutieren, wie es ja Gott gegeben ist…

  8. olive sagt:

    @ Nives
    18. April 2015 um 09:03

    “Traurig (aber symptomatisch), dass Abdel Samad seine Energie vornehmlich darauf verschwendet, liberale Muslime zu bekämpfen und für seinen Standpunkt zu missionieren.”

    In den Interviews mit ihm hatte ich keineswegs den Eindruck, dass er seine Energie “vornehmlich” dafür aufwendet.

    Ich empfehle dir, ihn auf Facebook damit zu konfrontieren, wäre interessant, wie er darauf reagiert.
    Im Übrigen ist es einfach seine Ansicht, du kannst anderer Meinung sein.

  9. Rabbi Jussuf sagt:

    Nives
    “* 15% dürften im übrigen kaum genügen, wenn es sich um eine ethnische und religiöse Minderheit handelt, die in keiner Weise mit den massgebenden Eliten vernetzt ist.”
    Die Zahl 15 ist von mir erfunden und sollte nur die Verhältnisse etwas verdeutlichen.
    Hingegen zeigst du im obigen Satz, dass du immer noch westlich denkst. Ich würde dir beipflichten, wenn wir von einer Rechts- oder Linkspartei sprechen würden.
    Dem ist aber nicht so. Wir müssen von einer Partei sprechen, die grundlegend anders denkt, als jede westliche Partei – auch die Liberalen unter ihnen.
    Man sollte das als Gesellschaftsphänomen betrachten und nicht von einzelnen Individuen ausgehen, denn die spielen hier nur eine untergeordnete Rolle. Das ist zu sehen am Gefügeder sozialen Ordnung. Terroristen sind dabei kleine Rädchen, aber auch die Ehrenmorde spielen eine gesellschaftliche Rolle, die den einzelnen überhaupt nicht bewusst ist. So kann allein schon der Hinweis auf die Tatsache, dass es Ehrenmorde gibt, genügen um etliche Familien in der Spur zu halten. In diesem Fall besonders Frauen, die dann psychologisch gesehen diesen Zwang erzieherisch auf ihre Kinder weitergeben. (Ates beschreibt diesen Part der islamischen Gesellschaft sehr gut).
    Um diese Drohmechanismen wirkungsvoll aufrecht zu erhalten, braucht es nur ein, zwei Terroristen, oder 2-3 Ehrenmorde pro Jahr. Dir Droher selber sitzen in den Moscheen, können sich mit Leichtigkeit ein liberales Image zulegen (Sie machen ja nichts Verbotenes, sie weisen ja nur auf die Gefahren hin!)
    Das ist nur ein Beispiel, wie sehr wenige sehr viele unter Kontrolle halten können.
    Dann gibt es die Vertreter nach aussen, wie etwa der Zentralrat der Muslime, der mit einem liberalen Mäntelchen sich anheischt für alle Muslime in DE zu sprechen, aber eigentlich nur Forderungen an die Regierung stellt, die genau besehen, extrem übertrieben sind. So kommt es, dass die islamische Paralellgesellschaft weit über ihre Grösse hinaus Einfluss hat. So weit, dass vielen Forderungen schon nachgegeben wird, bevor sie überhaupt ausgesprochen wurden. Die Imamausbildung hier zum Beispiel ist ein einziger Hohn, der sich aber wieder mit den versteckten Drohungen dahinter gut erklären lässt. Sonst würde ja die türkischen Religionsschützer noch mehr Einfluss haben, oder die arabischen Institutionen, die es hier auch schon lange gibt und von denen niemand so genau weiss, was die eigentlich treiben. Die Drohmechanismen sind also bereits auch für die nichtmuslimische Bevölkerung installiert.
    Um diesem Gesellschaftsgefüge etwas nachzuspüren, erinnere ich an einige Relikte in unserer eigenen Gesellschaft: da wäre zum Beispiel die Kameradschaft im Militär. Wer das schon einmal erlebt hat, weiss, was ich meine und weiss auch, dass genau da das Individuum, der einzelne Mensch/Bürger keine Bedeutung hat.

    Samad macht das einzig Richtige. Die schweigende Mehrheit, oder die Liberalen unter den Muslimen sind nicht mit der schweigenden Mehrheit und den Liberalen Westlern zu vergleichen; sie entstammen total unterschiedlichen Gesellschaftssstemen.
    Beispiel: Die Feministinnen unter islamischem Einfluss beziehen sich immer noch auf den Koran, der absolut patriarchal ist und neutralisieren damit ihre Ideen gleich wieder und das bereits ohne die Drohkultur im Hintergrund zu berücksichtigen. Man beachte, wie lange es in westlichen Gesellschaften bis zur Gleichberechtigung gebraucht hat und immer noch braucht und das mit dem Humanismus im Hintergrund! Wie ungleich schwerer bis unmöglich wird das in islamischen Gesellschaften sein! Trotz einiger ganz guten Ansätze in der Gesetzgebung einiger islamischer Staaten. Sie bleiben Makulatur und Etikettenschwindel, so ähnlich wie die Kairoer Erklärung der “Menschenrechte”.

    So viel zu den “15%”.

  10. Nives sagt:

    @Rabbi Jussuf

    Das ist nur ein Beispiel, wie sehr wenige sehr viele unter Kontrolle halten können.

    Das sind Mechanismen, die innerhalb einer Gemeinschaft funktionieren (ähnliche Drohmechanismen gibt es ja auch in Gesellschaften, die von Verbrechersyndikaten durchdrungen sind), aber sie sind m.E. nicht ausreichend um als (unbeliebte) 15%-Minderheit eine Mehrheitsbevölkerung, die ganz anders tickt, unter Kontrolle zu bekommen (in den entsprechenden Kommentaren ging es ja um die Islamisierung Europas und nicht um die “Reislamisierung” säkularisierter Staaten wie der Türkei). Was natürlich nicht heissen soll, dass wir uns beruhigt zurücklehnen können, aber weniger Panikmache (Islamisierung Europas) und dafür Konzentration auf die wirklichen Brennpunkte (Quartiere mit Parallelgesellschaften, in denen solche Mechanismen bereits am Wirken sind) wäre zielführender.

    Hingegen zeigst du im obigen Satz, dass du immer noch westlich denkst.

    Selbstverständlich denke ich westlich. Denkst du etwas nicht westlich? Sondern östlich, südlich? Wieso kommt mir dann deine Art der Argumentation bekannt vor (gibt Dutzende Islamexperte in westlichen Medien, die ähnlich argumentieren wie du).

    Samad macht das einzig Richtige.

    Ich habe Bücher von Samad gelesen und kann ihm in vielen Punkten zustimmen, aber in diesem Punkt macht er genau das, was für Leute symptomatisch ist, die annehmen, der von ihnen eingeschlagene Weg (im konkreten Fall die Abkehr vom Islam) wäre der einzig richtige. Und das scheint mir in der aktuellen Situation nicht klug. Wenn man einer Gefahr gegenüber steht, sollte man nicht auf mögliche Verbündete einschlagen, nur weil sie nicht bereit sind, die eigene Position vollständig zu übernehmen.

    da wäre zum Beispiel die Kameradschaft im Militär. Wer das schon einmal erlebt hat, weiss, was ich meine und weiss auch, dass genau da das Individuum, der einzelne Mensch/Bürger keine Bedeutung hat.

    Du hast Militärdienst geleistet? Das erstaunt mich. Damit habe ich tatsächlich keine Erfahrung. Dafür kenne ich mich aus in linkem säkularem Sektierertum und an dieses erinnert mich halt die Position von Hamad doch ein bisschen (wobei ihm zu Gute zu halten ist, dass er das Ganze ja nicht konsequent durchzieht, wenn er konkret auf Reformer trifft). Mittlerweile ist es so, dass sich sogar ausgesprochene Islamgegner eins aufs Dach geben, wenn einer nur ein bisschen vom Dogma “der Islam ist nicht reformierbar” abweicht: http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article139317731/Der-fromme-Wunsch-nach-einem-modernen-Islam.html

  11. olive sagt:

    @Nives

    du sagst:

    Mittlerweile ist es so, dass sich sogar ausgesprochene Islamgegner eins aufs Dach geben, wenn einer nur ein bisschen vom Dogma “der Islam ist nicht reformierbar” abweicht:

    Hast du die letzten Worte auch gelesen:

    Eine zwanzigmal ältere Religion zu entrümpeln, dürfte noch aussichtsloser sein. Aber ich mag mich irren. Und Ayaan Hirsi Ali recht behalten. Ich möchte es uns wünschen.

    Es ist eine Meinung, die aber nicht apodiktisch daherkommt.

    Die erwähnten Autorinnen, die ich in letzter Zeit gelesen habe, kritisieren den Islam vor allem aus feministischer Sicht und sprechen sich für eine Reformierung des Islam aus, nicht für dessen Abschaffung.
    Für seine Zurückbindung auf eine spirituelle Angelegenheit.

    Die politischen, kriegerischen Anteile, die patriachalisch bedingt sind, möchten sie nicht mehr haben, da sonst keine Gleichberechtigung der Geschlechter gewährleistet ist.
    Die Menschenrechte stehen vor der Religion und der Religionsfreiheit.
    Den Einwänden, die Benachteiligung der Frau, die Behandlung als Person zweiter Klasse, habe nichts mit dem Islam zu tun
    erwidert Ateş:

    Sicherlich ist nicht jede Benachteiligung von Frauen religiös oder durch die Gültigkeit der Scharia in dem jeweiligen Land begründet. Die Kultur spielt dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Aber bedingt die Religion nicht die Kultur und die Kultur die Religion? Die Religionen haben im Laufe der Jahrhunderte entscheidend zur Ausbildung kultureller Gepflogenheiten beigetragen. So bildet auch die Scharia ein Fundament für die Kultur, weil die Scharia eben nicht nur ein rechtliches, sondern auch ein moralisches, sittliches Konstrukt ist.

  12. Nives sagt:

    @Olive

    Natürlich habe ich den letzten Satz gelesen, genauso wie diese:

    Und dennoch, ebenso wie die meisten Dissidenten und Häretiker, bleibt sie dem Islam verbunden. Der Glaube an Allah und Mohammed hat ihre Kindheit bestimmt, und er bestimmt ihr Leben. Wie bei jenen Abweichlern, die sich vom Kommunismus losgesagt haben, um nach einem “Sozialismus mit menschlichem Antlitz” zu suchen.

    In diesen Sätzen macht Broder

    1. dasselbe, was Rabbi Jussuf gerade eben mit mir gemacht hat, er unterstellt ihr in einem Denken (bei mir ging es um “westliches” Denken, bei ihr um “islamisches”) festzustecken, während er sich selbst als darüber/draussen stehend betrachtet. Bei Broder geht es immerhin soweit auf, dass er “islamisches” Denken tatsächlich als Aussenstehender sieht (nur steckt er selbst halt auch in einem Denkgebäude fest), während ich Rabbi Jussuf nicht so ganz abnehme, dass er über dem “westlichen” Denken steht. Ich habe täglich mit Menschen aus anderen Kulturkreisen zu tun, habe Migrantinnen auf privater Basis Deutschunterricht gegeben, als Übersetzerin auf Ämter und Spitäler begleitet usw., aufgrund dieser Vergleichsmöglichkeiten empfinde ich die Art, wie er argumentiert, sehr “westlich”.
    2. die Unterstellung (und hier wird es problematisch,da diese m.E. wider besseres Wissen erfolgt), dass Hirsi wie manche Exkommunisten immer noch am sozialistischen Traum festhält. Hirsi hat sich jedoch definitiv vom Islam abgewandt, sie persönlich hat keinen Wunsch nach einem reformierten Islam, sie lebt sehr gut ohne, das Buch heisst dementsprechend auch “Reformiert euch!” und nicht “Reformieren wir uns”. Es geht nicht um die nostalgische Sehnsucht einer Person, der es nicht gelingt, sich von der Religion/Ideologie loszulösen, in der sie sozialisiert wurde, sondern um eine klare Forderung (im Titel deutlich zum Ausdruck gebracht) an eine Gemeinschaft, der sie nicht mehr angehört.

    Broder versucht damit den Eindruck zu erwecken, als hätte er den besseren Überblick als Hirsi, immerhin gibt er im Schlusssatz zu, dass er sich irren könnte

    Die erwähnten Autorinnen, die ich in letzter Zeit gelesen habe, kritisieren den Islam vor allem aus feministischer Sicht und sprechen sich für eine Reformierung des Islam aus, nicht für dessen Abschaffung.

    Interessanterweise scheinen Autorinnen, die dem Islam kritisch gegenüberstehen es eher für möglich zu halten, dass dieser reformiert werden kann, als männliche Islamkritiker. Möglicherweise werde ich mir das neue Buch von Hirsi kaufen, um zu beurteilen, welche Strömungen innerhalb des Islams mit ihren Forderungen überhaupt kompatibel wären.

    Ich empfehle dir, ihn auf Facebook damit zu konfrontieren, wäre interessant, wie er darauf reagiert.

    Bin nicht auf Facebook und möchte das auch nicht ändern, obwohl mich auch interessieren würde, wie er darauf reagiert.

  13. olive sagt:

    @ Nives
    18. April 2015 um 15:40

    Broder meint damit evt., weil sie sich noch immer mit dem Islam beschäftigt.

    Aber ich beschäftige mich auch mit dem Glauben und den Religionen, obwohl mir der Glaube abhanden gekommen ist.

    Bei Küng wurde das auch moniert ( wobei es bei ihm eine andere Dimension hatte, wie ich finde ) dass er einerseits die RKK hart kritisierte, aber dennoch irgendwie von ihr und vor allem dem Papst ein grosses Heil für die Welt erhoffte, wenn sie sich nur in seinem Sinn verändern würde.

    Das sehe ich nicht bei Ali.

    Habe Samad angefragt, weiss allerdings nicht, ob er antwortet. Er schreibt, er sei sehr mit seinem neuen Buch beschäftigt.

  14. Rabbi Jussuf sagt:

    Nives
    nur kurz, da ich von einem Fest zum nächsten einen kleinen Zwischenstopp einlegen konnte.

    “1. dasselbe, was Rabbi Jussuf gerade eben mit mir gemacht hat, er unterstellt ihr in einem Denken (bei mir ging es um “westliches” Denken, bei ihr um “islamisches”) festzustecken, während er sich selbst als darüber/draussen stehend betrachtet. Bei Broder geht es immerhin soweit auf, dass er “islamisches” Denken tatsächlich als Aussenstehender sieht (nur steckt er selbst halt auch in einem Denkgebäude fest), während ich Rabbi Jussuf nicht so ganz abnehme, dass er über dem “westlichen” Denken steht. “

    Ich denke selbstverständlich westlich. Aber mir ist das im Gegensatz zu einigen anderen bewusst – einigermassen. Und wenn ich den Islam beurteile, dann denke ich auch westlich, versuche zumindest nach humanistischen Grundsätzen zu urteilen.

    Ich meinte aber etwas anderes, als ich dir das westliche Denken “vorwarf”:
    Um eine fremde Kultur zu verstehen, damit kann auch die Denkart der RKK gemeint sein, muss man sich einfühlen und eindenken können. DAS meinte ich, dass du das in Bezug auf die 15% und deren Auswirkungen nicht gemacht hättest.
    Das war wohl nur in Teilen richtig. Eigentlich hätte ich wissen können, dass du dazu sehr wohl fähig bist, oft wesentlich besser als ich das kann.

  15. olive sagt:

    @ Rabbi Jussuf
    18. April 2015 um 19:15

    “nur kurz, da ich von einem Fest zum nächsten einen kleinen Zwischenstopp einlegen konnte.”

    Beato te!

  16. andersen sagt:

    Gabi
    Die Salafisten benützen die Tricks gewaltig, dass die Menschen nicht an der Urne gehen sollen, aber für ein Wahlkampf brauchen sie nur wenige Unterschriften für ein Scharia-Partei.
    Das Problem wäre aber, wenn sie denn in das Parlament gewählt wird, müssen sie auf der Verfassung schwören.
    Und das können sie nicht, weil das ist für sie nicht Allahs Wort.
    Also machen Sie sich keine Sorgen, in Europa wird nie der Scharia eingeführt.

  17. andersen sagt:

    Gabi

    Die Salafisten hat nur Angst, wenn sie die Frage beantworten muss, eben:

    Meiner Frau hat ein eigene Meinung, was nun?

    🙂

  18. olive sagt:

    Ein Minarett wie hier in Marxloh, ( in DE gibt es über 3000 Moscheen ) das jetzt bei vielen in Deutschland neu errichteten repräsentativen Bauten zu finden ist, gehörte früher nicht zur Moschee.
    “Minarett”, so vermutet man, könnte von dem Wort “Manara” , Ort des Lichts, abgeleitet sein, vielleicht, weil solche erhöhten Orte Leuchttürme waren, die den Karawanen den Weg wieden oder Nachrichten übermittelten.

    “Himmelsreise” Necla Kelek

    Schön.

    Erst als der Islam expandierte und uaf seinen Eroberungszügen auch christliche Kirchen “islamisierte” , wie beispielsweise die Johanniskirche im syrischen Damaskusoder später die Hagia Sophia im damaligen Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, wurden die Minarette zu Symbolen osmanischer Herrschaft, zu “Siegeszeichen in einem vom Islam neu eroberten Gebiet” schrieb selbst die Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel.

    Weniger schön.

    Erdogans Spruch <I<Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufspringen, die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Speere, die Gläubigen unsere Soldaten

    kennt man mittlerweile.
    Dass er Imam von Beruf ist, weiss ich erst seit “Der Multikulti-Irrtum”

    Gibt es evt. doch Gründe, das Minarett abzulehnen?