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Die Gefahr eines radikalen Glaubens

Hugo Stamm am Freitag den 8. Mai 2009

Es ist eine Binsenwahrheit und gehört zu den menschlichen Grunderfahrungen, die schon kleine Kinder machen: Extreme sind gefährlich. Und zwar in allen Lebensbereichen.

Wenn ich zu viel Schokolade esse, wird mir übel. Wenn ich mit dem Fahrrad zu schnell den Berg hinunter fahre, verliere ich die Kontrolle und stürze. Wenn ich mich egozentrisch verhalte, finde ich keine Freude. Wenn ich zu viel Alkohol trinke, verliere ich die Kontrolle und werde abhängig. Wenn ich zu viel arbeite, erleide ich ein Burnout-Syndrom. Selbst sinnvolle Betätigungen können im Extremfall schädlich sein.

Bewusste und unbewusste psychische Prozesse und Abläufe funktionieren am besten, wenn das Prinzip des Ausgleichs eingehalten wird. Psychische Stabilität und innere Ruhe finden wir, wenn wir ein Gleichgewicht der vielseitigen Interessen und Bedürfnisse erreichen. Es ist zwar sinnvoll und gehört zu den wichtigen Lebenserfahrungen, zwischendurch über die „Stränge“ zu hauen und radikale Erfahrungen zu machen. Wer aber nicht rechtzeitig wieder den Ausgleich schafft, droht abzustürzen.

Kurz: Jede Form der Überdosis ist langfristig schädlich.

Diese Grundregel lässt sich auch auf den Glauben übertragen. Überbetonung und einseitige Konzentration religiöser Rituale, Dogmen und Lebensregeln führen zu ungesunden Prägungen, Entfremdung von der Alltagsrealität oder gar zum Fanatismus. Die Geschichte der Religionsgemeinschaften zeigt es deutlich auf.

Auch die christlichen Grosskirchen mussten dies lernen. Kreuzzüge und Inquisition waren Auswüchse eines solchen Fanatismus. Die Absolution hat schliesslich den Tropfen geliefert, der das Fass zum Überlaufen brachte und zur Reformation führte. Luther hat quasi den Ausgleich geschaffen und die katholische Kirche langfristig gezwungen, sich zu mässigen. Der Prozess des Ausgleichs hat zu einer Versachlichung und Mässigung geführt. Ähnliche Entwicklungen können selbst bei älteren Sekten beobachtet werden.

Diese Mässigung und neue Erkenntnisse führten letztlich dazu, dass die Kirchen ihr Verhältnis zur Bibel überdenken und revidieren mussten. In einem langen Prozess rangen sich die Theologen und Geistlichen dazu durch, das „Wort Gottes“ in der Bibel neu zu interpretieren: Erachteten sie die biblischen Aussagen früher als authentische oder von Gott inspirierte Aussagen und Dogmen, betrachten sie diese heute als Gleichnisse, Metaphern und Bilder, welche in die heutige Zeit übertragen werden müssen.

Viele christliche Sondergemeinschaften und Freikirchen haben diese innere Balance noch nicht gefunden. Abstriche an der Bibel gibt es nicht, wissenschaftliche Erkenntnisse werden ausgeblendet. Sie sind immer noch radikal in ihrem religiösen Fühlen, Denken und Handeln verwurzelt. Sie haben noch nicht erkannt, dass extreme Positionen zu einer psychischen Verkrampfung und einseitigen Weltsicht führen. Deshalb können sie Menschen und Glaubensgemeinschaften nicht akzeptieren, die andere religiöse Prämissen setzen. Aus ihrer Einseitigkeit und Intoleranz holen sie die fragwürdige Legitimation, mit allen Mitteln zu missionieren.

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812 Kommentare zu “Die Gefahr eines radikalen Glaubens”

  1. Aussenseiterinnen sagt:

    (Korrekturfassung)

    @ Heidi Reife 🙂

    Für mich sind Christen nur noch unangenehme Zeitgenossen, die ich künftig ganz sicher nicht suche, sondern meide. …….(siehe die Hinterfotzigkeit des Schulterschlusses sogar evangelikaler und katholischer Interessen: man “trifft” sich in den “Werten” der Wirtschaft…Nachtigall!)…….. Meide, auch in der Forenwelt…..wenn man über Alpakas oder Stockrosen redet, wird der Glaube zu dem, wozu ihn die Berliner Abstimmung verwiesen hat: zur Privatsache.
    Und ganz sicher gehöre auch ich in einen ganz anderen “Ausschnitt des Selbstes” …(CGJ)

    mir fiel ein altes Buch ein (wohl verpackt – wer weiß, ob ich meine sieben Sachen jemals wiedersehe) und reiht sich damit in die Unbeugsamkeiten von Frauen wie Anne Donath….

    ” Die “Weise von Evolène” wurde die Bäuerin Marie Métrailler genannt. Ihre Kindheit war den harten Gesetzen des bäuerlichen Lebens und eines bigotten katholischen Glaubens unterworfen. Doch schon früh schafft sie sich durch die Lektüre literarischer Mystiker eine eigene Welt. Und beharrt auf ihrer Eigenständigkeit als Frau, indem sie gegen den Widerstand des ganzen Dorfes einen Laden eröffnet. Schon bald suchen berühmte und weniger berühmte Zeitgenossen bei ihr Rat in existentiellen Fragen.”
    Die Geschichte eines bäuerlichen Lebens und einer ungewöhnlichen Befreiung. Das Selbstporträt einer mutigen Autodidaktin, die ihre Freiheit lebt, ohne ihr Dorf zu verlassen – und Zuflucht findet in einer Spiritualität, die ihr die ganze Welt erschließt.” Klappentext “Reise der Seele”
    ziziert, eine “Evellyn”:
    ……”ein Bericht über eine längst vergangene Lebensweise und -einstellung, die sich in dem abgeschiedenen Bergdorf Evolene aber noch länger als irgendwo sonst gehalten hat. Vor allem die Einstellung Frauen gegenüber, die, von der Kirche geprägt, den Frauen ein überaus hartes Leben ohne Anerkennung zuwies. Die vom Klerus eingepflanzte Angst vor Hölle und Verdammnis prägte die Kinderseelen und wirkte ein ganzes leben lang weiter, obwohl es Marie Metrailler gelungen ist, sich innerlich darüber hinwegzusetzen. Der Preis war ein Leben als Außenseiterin, die erst sehr spät, am Ende ihres Lebens, so etwas wie Anerkennung unter den “Dörflern” gefunden hat.”

    Ich habe noch keinen “von denen” (Wasserpredigern und Gesehenwerdenwollern beim Beten und Spenden) getroffen, dem es leicht gefallen wäre, ohne Anerkennung zu leben….

    [die Einwände von Atalaiarianern halte ich für wertlos, da sie punktuell auf Standards hinauslaufen und überhaupt nichts aussagen über den Lebenskontext…der relativ ist…schon allein ob sich die Probleme wegen Kinderreichtums
    p o t e n z i e r e n …wäre relevant…aber dazu Schweigen im Walde… W E R T L O S. Für mich. Nur für mich!]

  2. Langsam beschleicht mich der Verdacht, dass sich hinter dem Etikett der Extremismusbekämpfung radikalisierte Antiintellektuelle verbergen. Vielleicht ist das das Rezept, welches sich “Denker” wie Leo Strauss für die Aufklärungsgesellschaft ausgedacht haben. Nicht alle Formen des “Extremismus” sind gefährlich. Wahrheitsliebe z.B. oder Aggressionsverzicht sind auch in ihren extremen Formen Ausdruck genuiner Menschenliebe. Kurz: der Kampf zwischen Gut und Böse ist noch lange nicht ausgefochten. Nur verlaufen die Koordinaten anders als uns vorgemacht wird.

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