Erschossen vom Ex-Vizepräsidenten der USA

200 Jahre nach seinem Tod auf der 10-Dollar-Note gelandet: Alexander Hamilton. Montage: Katharina Braithwaite

Republikaner und Demokraten bekämpfen sich in den USA vor der anstehenden Parlamentswahl unerbittlich. Dennoch war früher alles viel schlimmer – nämlich tödlich. Das belegt die Geschichte des unglücklichen Politikers Alexander Hamilton, des ersten US-Finanzministers nach der Unabhängigkeit von Grossbritannien.

Für diesen Alexander Hamilton ging an einem Sommertag die Sonne für ewig unter. Er verschied am 12. Juli 1804 um 14 Uhr im New Yorker Stadtteil Greenwich Village nach einem tödlichen Duell mit seinem Kontrahenten Aaron Burr. Hamilton wurde 47 oder 49 Jahr alt. So genau wusste das niemand.

Die Geschichte hinter dem Musical

Jetzt erlebt Hamilton ein Revival, nachdem der Historiker Ron Chernow eine lesenswerte Biografie über den Mann geschrieben hat. Darauf basiert das Musical «Hamilton», das seit Monaten am Broadway in New York und im Londoner West End vor ausverkauften Rängen spielt. Denn das Publikum liebt politische Helden, die kein Pardon kennen und für ihre Überzeugung sterben, während sie heutzutage höchstens einen Rufmord erleiden.


Trailer zu «Hamilton», dem Musical von Lin-Manuel Miranda. Quelle: Youtube

Burr und Hamilton trennten unterschiedliche politische Vorstellungen über die Zukunft des Landes. Hamilton war ein Zentralist, Burr setzte auf die Eigenständigkeit der Gliedstaaten, wobei er bei Bedarf die Seite wechselte. Das war einerlei für Hamilton: Wie häufig in solchen Fällen war die persönliche Feindschaft wichtiger als die politischen Diskrepanzen.

Laut Burr soll Hamilton bei einem Abendessen in erlauchtem Kreis von seiner «Verachtung für Burr» gesprochen haben. Er forderte eine «Klarstellung» von Hamilton. Dieser dachte nicht daran, seinem Gegner entgegenzukommen – und wurde zum Duell herausgefordert. Dabei ging es nur vordergründig um die Ehre. Burr war der Überzeugung, Hamilton habe ihm mit einer Rufmordkampagne die Wahl zum Gouverneur des Bundesstaates New York vermasselt.

Am frühen Morgen des 11. Juli 1804 ruderten die beiden Parteien von New York über den Hudson nach New Jersey, wo sie sich ausserhalb des Fleckens Weehawken zum Pistolenduell trafen.

Burr, Ex-Vizepräsident und Mörder

Der genaue Ablauf des Duells ist bis heute unklar: Je nach Quelle hatte Hamilton den ersten Schuss abgegeben, oder die beiden schossen gleichzeitig aufeinander. Sicher ist, dass Hamilton seinen Gegner nicht traf – absichtlich oder nicht. Burr dagegen zielte genauer und verletzte seinen Feind mit einem Bauchschuss, der die inneren Organe zerriss.

Gemälde des Duells zwischen Hamilton und Burr von Lord, John, LL.D. (1902). Foto: Beacon Lights of History. Vol. XI, «American Founders.» (London: James Clarke )

Hamiltons Getreue brachten den Sterbenden zurück nach Greenwich Village, wo er am kommenden Tag verschied, nachdem er von seiner Familie Abschied genommen hatte. Dabei konnte er bei dieser letzten Gelegenheit auf seine zentnerschweren Schulden verweisen, die er seinen Liebsten als Erbe zurückliess.

Duelle waren in jener Zeit in New York und New Jersey verboten. Burr wurde in beiden Bundesstaaten des Mordes angeklagt. Er verzog sich nach Washington; die Justizbehörden liessen es dabei bewenden; er war immerhin ein ehemaliger Vizepräsident der USA.

Wie der Sohn, so der Vater

Alexander Hamiltons Revival mag auch auf seine amerikanische Klischee-Karriere zurückzuführen sein: Er kam als uneheliches Kind auf der Karibik-Insel Nevis zur Welt und besuchte dank geschicktem Networking in New York die Columbia University, wo ihn der Unabhängigkeitskampf der Amerikaner gegen die Briten politisierte. Hamilton schloss sich dem politischen Kreis rund um George Washington an und gestaltete als erster Finanzminister das Geldwesen des jungen Staates mit. Heute gilt er als einer der Wegbereiter der marktwirtschaftlichen Ordnung in den USA.

Die Hamiltons waren eine heissköpfige Familie. Zwei Jahre bevor Alexander sein Leben verloren hatte, kam an der fast gleichen Stelle sein Sohn Philip bei einem Schusswechsel um. Der alte Hamilton hatte offenbar eine magische Sehnsucht nach Duellen. Vor der entscheidenden Auseinandersetzung mit Burr wurde er fast ein Dutzend Mal herausgefordert. Doch man konnte sich stets einigen, bevor es zu spät war – ausser in Weehawken am Hudson.

4 Kommentare zu «Erschossen vom Ex-Vizepräsidenten der USA»

  • Jörn Weidemann sagt:

    Warum erwähnen Sie nicht, daß Hamilton Aaron Burr der Blutschande mit seiner Stieftochter bezichtigte?
    Burr verlangte den öffentlichen Widerruf in allen zugänglichen Zeitungen,
    dies wurde von Hamilton verweigert.
    Damals war der Vorwurf der Blutschande erheblich schlimmer als heute.
    Ein Nichthandeln Burrs hätte seine ganze soziale Existenz vernichtet.

  • Oberli sagt:

    Barr war Vizepräsident bis 1805, also bis nach dem Mord (!).

  • H. P. Ammann sagt:

    Klasse!

  • K. Schlegel sagt:

    Duelle waren doch eigentlich ein probates Mittel, um Konflikte zweier Kontrahenten zu beenden…
    immer noch ‚besser‘ als Stellvertreter-Kriege zu führen, die Millionen unschuldige Opfer fordern
    vielleicht sollte man sie wieder erlauben…
    nur die Rüstungsindustrie wird keine Freude daran haben!

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