Wenn die Welt aus der Bahn gerät

In früheren Zeiten wurden Kometen stets mit drohendem Unheil in Verbindung gebracht: Der Komet Lovejoy im Januar 2015. Foto: Alan Dyer (Getty)
Warum brach der Dreissigjährige Krieg im Jahr 1618 aus? Weil da ein Komet am Himmel erschien, wie ihn kein Mensch jener Zeit je gesehen hatte.
Die Antwort stammt von Andreas Bähr, und der ist nicht etwa ein esoterischer Spinner, sondern Historiker an der Freien Universität Berlin. Er weiss also, was es mit dem «Prager Fenstersturz» vom Mai 1618 auf sich hat – ein Kriegsauslöser –, er kennt die Spannungen zwischen Protestanten und Katholiken, und er weiss auch, dass es in Böhmen bereits zu Scharmützeln gekommen war, bevor irgendjemand einen Kometen gesichtet hatte über dem Abendland.
Aber dass diese Plänkeleien einen Zusammenhang hatten mit dem furchtbaren Krieg, der in den Jahren danach Europa verwüstete: Das erkannten die Menschen erst viel später. Und im Rückblick machten sie dann exakt fest, wann der ganze Schrecken begonnen hatte: 1618. Denn da war doch dieser gruselige Schweifstern erschienen.
«Blutvergiessen, Pestilentz, unaussprechlich Unglück»
Die Jahreszahl gilt bis heute. Und so bietet der Komet C/1618 W1 – dies die trockene Bezeichnung der Astronomen – ein wunderbares Beispiel, wie die Magie selbst das rationalste Denken einfärben kann. Kometen waren wohl immer schon als Boten des Unglücks gefürchtet worden: Hatte nicht 44 vor Christus so ein Strahl die Ermordung Cäsars angekündigt? Und hatte nicht im Jahr 79 ein Komet den Vesuvausbruch beleuchtet, also den Untergang von Pompeij? Oder war es etwa Zufall, dass der grosse Halleysche Komet 1066 erstrahlte, als die Normannen loszogen, um England zu unterwerfen?

Der Komet 1618 über Augsburg, Titelblatt eines Astronomiebuches (Bild: Wikimedia Commons)
«Kein schrecklichen Comet man spürt, der nicht gross Unglück mit sich führt», resümierte also der «Chronicon Thuringiae», verfasst um 1645. Der Autor, Hofrat Volkmar Happe, erkannte im Rückblick eine enge Beziehung: «Den 3. November 1618 ist ein schrecklicher Compet am Himmel erschienen, der etzliche Monath und gar bis in das folgende Jahr gesehen war; denn darauf in aller Welt Krieg, Aufruhr, Blutvergiessen, Pestilentz und theure Zeit und unaussprechlich Unglück erfolget.»
Isaak Asimov, der berühmte Science-Fiction-Autor, hat dem Phänomen der «fear of comets» einen eigenen Essay gewidmet. Er mutmasste, dass der Mensch es als ganz übles Signal versteht, wenn es in den ewigen Himmelsgesetzen plötzlich einen Aussetzer gibt. Der Kosmos war für die Beobachter früherer Jahrhunderte schön geordnet, er folgte ehernen – und damit auch: göttlichen – Regeln. Wenn also dort oben etwas auf die schiefe Bahn geriet, dann musste es auch hier unten böse Folgen haben.
1914: Der Komet Delavan überstrahlt die Schlachtfelder
Natürlich konnte Asimov, der naturwissenschaftlich Gebildete, leichtfertig spötteln darüber: «Immer liess sich sagen, dass es jedes Mal zur Katastrophe kam, wenn ein Komet erschienen war. Natürlich gab es auch ständig Katastrophen, wenn kein Komet erschien, aber irgendwie fiel das den Menschen nicht auf.»
Es gibt noch viele Beispiele jener düsteren Logik, bis ins letzte Jahrhundert hinein. Die Rückkehr des Halleyschen Kometen löste 1910 einen regelrechten Weltuntergangszirkus aus, und als im Spätsommer 1914 der prachtvolle Komet Delavan erstrahlte, war für viele die wahre, die höhere Ursache des Ersten Weltkriegs bald sonnenklar.
Seither hat zwar einiges geändert: Auch in der Deutung der Kometen machte die Menschheit ab dem 20. Jahrhundert einen grossen Sprung. Die Astrophysiker stellten klar, dass das All voller Ausreisser ist. Und sie machten es zum Allgemeinwissen, dass da oben kilometergrosse Brocken aus Eis, Sand und Gestein herumfliegen, die in Sonnennähe einen Schweif bilden, aus purer Physik, ohne jede Magie.
Doch ein bisschen Schauder wecken die himmlischen Anarchisten immer noch, Hollywood hat es in einigen Filmen drastisch ausgemalt: Nicht auszuschliessen, das irgendeinmal ein kilometergrosser Brocken auf unsere Erde eindonnert.
Im Gegensatz zu unseren Vorfahren wissen wir genau, wie Kometen eine Katastrophe verursachen können: indem sie eine Katastrophe verursachen. Allerdings, so sagen die Experten, ist diese Gefahr minim.
Andreas Bähr, «Der grausame Komet. Himmelszeichen und Weltgeschehen im Dreissigjährigen Krieg», Rowohlt 2017.
25 Kommentare zu «Wenn die Welt aus der Bahn gerät»
@Roland Moser
Nanu?? In DL hat doch die schwarze Farbe seit Jahren die Verantwortung und in der Schweiz haben die Konservativen seit Beginn anno 1847 doch die Mehrheit, tragen also auch deren Verantwortung resp. sollten sie, machen`s aber nicht und schwafeln alles den Grünen resp. der SP an wenn`s schiff läuft..
Da Kometen oft relativ lang zu sehen sind, ist eine Korrelation mit vielen historischen Ereignissen möglich. Wenn man beispielsweise Hale-Bopp betrachtet, der von Mitte 1996 bis Anfang 1997 sichtbar war, dann kann man ihn mit der Wahl Grimssons zum Präsidenten Islands korrelieren, oder mit dem Militärputsch in Burundi, der Hinrichtung Nadschibullahs in Afghanistan oder der Wiederwahl Clintons in den USA, mit dem Ende des Gualtemaltekischen Bürgerkries, oder der Aufösung von Take That.
Zugegeben: der 30-jährige Krieg war viel drastischer, als diese Ereignisse, allerdings gab es andere drastische Ereignisse ganz ohne Komet. Klar: Ein unerklärliches Objekt kann ein Klima der Verunsicherung und Angst auslösen, was Gewalt begünstigt. Das ist aber alles. Es macht aus Freunden keine Feinde.
Ja, der Himmel und seine Einflüsse! Natürlich nicht nur Kometen, da sind auch noch die Blitze. Seit Ratzinger zurücktrat, der Blitz im Vatikan einschlug, da wurde gleich viel mehr an Verfehlungen innerhalb der Kirche publik! Und die Christenverfolgung nahm merklich zu danach. Tja, was täten die Übel dieser Welt ohne Himmelserscheinungen? Warten bis sie kämen, wenn sie nicht gekommen wären? Interessant, da gefällt mir Assimov schon eher. Aber gut möglich, dass irgendwo irgend ein Zusammenhang besteht, denn der Gegenbeweis hat auch niemand so ganz hundert pro gebracht, weil eben Vorkommnisse zusammenfielen. Und das hat, wie Verschwörung, hat sich der Himmel gegen die Erde verschworen?, den Mensch eben schon immer fasziniert und das leben erklärbarer gemacht, Verantwortung genommen.
Der Autor vergisst als „leuchtendes“ Beispiel Christi Geburt: Damals erschien ebenfalls ein leuchtender Komet. Nach damaliger Logik also ebenfalls Zeichen grossen Unglückes: Viele Kriegsopfer, Tote, und Abschlachtungen welche daraus folgten (Religionskriege, Eroberrungen und/oder Inquisitionsprozesse) Kriege welche bis heute (!) vielerorts noch immer andauern..
Das wird behauptet, aber alle Völker die solcherlei aufzeichneten haben jedoch nichts vermerkt! Also vergessen wir den Kometen. Dafür fanden Astronomen heraus, dass anscheinend eine Planetenkonstellation aufgefallen haben könnte, dies sei damals auch eine helle Erscheinung gewesen. Und nicht vergessen, nicht jede helle Erscheinung war ein Kometenschweif, manchmal war es ernst, nicht nur für Saurier, man denke an die Kelten und, dass der Himmel ihnen auf den Kopf fallen würde. Meteoriten sind also auch noch im Spiel. Wurden leider nicht erwähnt, sind abgestürzte Kometen. Und gab es da vorher einen Kometen der dies angekündigt hat?
Derzeit entwickelt sich der nichtasiatische Teil der Menschheit mit riesen Schritten in eine Art Neumittelalter zurück. Naturwissenschaften, Technologie und Industrie wurde und wird (!) nach China verschenkt. Hiesige, nicht systemzuverlässige Ingenieure, Forscher und Naturwissenschaftler auf die Strasse gestellt; der experimentelle naturwissenschaftliche Beweis geleugnet. Schliesslich sind Standardmodell samt den Interessen des Systemgeldadels sakrosankt. Aufklärung samt Humanismus, wie auch die Errungenschaften der Franz. Revolution, werden gerade zielstrebig rückabgewickelt. So ist es kein Wunder, dass Aberglauben, Esoterik, Astro-Hokuspokus und die wildesten Verschwörungstheorien Urständ feiern. Yeti, Sasquatch et alia sind nur der Anfang. Einhörner und Unglückskometen dürften folgen.
Exakt.
Und die Schuldigen sind die Rot-Grün-Regenbogenfarbigen.
Wer schreibt denn so einen Blödsinn: „Im Gegensatz zu unseren Vorfahren wissen wir genau, wie Kometen eine Katastrophe verursachen können: indem sie eine Katastrophe verursachen“.
Und auch die effektive Katastrophe ist relativ. Einer der gewaltigsten Kometeneinschläge in Europa erfolgte etwas nördlich von uns, im Nördlinger Ries. Das ist heute eine ganz beschauliche Gegend. Braucht halt jeweils ein paar Mio Jahre.
Der Mensch hat keinen Einfluss auf die Natur. Der Artikel suggeriert dass wir anhand unseres Egos „Gott spielen“. Gewissermassen ist es wohl eher die Feigheit des Homo Sapiens der Natur für die eigene Unvollkommenheit veranrtwortlich zu machen und die „Schuld“ zu geben damit jegliches Handeln (zbsp. Kriege) damit gerechtfertigt werden. Ich wage mal zu behaupten dass der Vesuv auch ohne Komet ausgesprochen ist, sich die Menschen auch ohne Komete massakrieren. – Die „Ausrede“ grad für letzteres wäre jedoch nicht mehr vorhanden. Ist das ketzerisch ?
„Der Mensch hat keinen Einfluss auf die Natur.“
Die rasch ansteigende Temperatur in den letzten Jahrzehnten sprechen aber dagegen.
Ja, vielleicht. Aber ein paar Vulkane und wir wuerden gerne wieder zu dieser Zeit leben!
Nicht dass wir uns weniger um die Verschmutzung der Welt kuemmern sollten!
Im Ansatz ein sehr interessanter Artikel, aber nicht tiefgründig genug. Wirklich spannend wäre ein genau recherchiertes Nachzeichnen davon, was denn das Erscheinen des Kometen (wo genau und wer genau hat ihn gesehen?) bei verschiedensten Akteuren ausgelöst hat. Und was die detaillierten Folgen der einzelnen Handlungen waren. Das hiessen in den Archiven graben, oder wissenschaftlichen Arbeiten studieren, die sich schon mit dem Thema beschäftigt haben, und DANN hier detaillierter darüber berichten. Der Artikel machte grossen Appetit, aber man verlässt den Tisch mit bloss einem Aperohappen und mit einem immensen Hungergefühl.
Da es sich hier um einen Blog einer Tageszeitung handelt, und keinen wissenschaftlichen Magazin, darf man kaum viel mehr erwarten. Mehr gibt’s dann im Netz, von der Suchmaschine Ihrer Wahl.
Trotzdem guter Hartl, nach 80 Jahren wäre es wieder mal dringend nötig um die grassierende Dekadenz zu beseitigen.
Krieg ist der Zustand der grösstmöglichen Dekadenz.
Und niemals die Lösung für egal was.
Aber seltsam ist doch, dass die heiligen 3 Könige aus dem Morgenland einem Kometen folgten, der ihnen die Geburt Jesu ankündigte. Das war sicherlich keine Katastrophe. Aber das ist eine Untugend des Menschen: Katastrophen behält man im Kopf, die guten Ereignisse nicht.
… oder aber dies war eine der am längsten anhaltenden Katastrophen, die erst noch mindestens eine weitere lange nach sich zog (also das Christentum und dann noch die Gründung des Islams als „Fortsetzung“ des Christentums mit dem Koran nach dem Neuen Testament).
Wie hätten Sie es denn lieber ? Katastrophen nach römischer Art, Katastrophen nach griechischer Art oder nach kommunistischer Art mit mehr als 100 Mio. Toten ? Ihre Weltsicht scheint mir, gelinde gesagt, sehr einseitig zu sein. Uebrigens: Bitte belegen Sie Ihre Aussage, wonach „der Islam die Fortsetzung des Christentums … nach dem Neuen Testament“ ist. Im Islam gilt nur das Alte Testament als heilige Schrift; nicht das Neue Testament.
Alle die Magie/Esoterik-Leugner vergessen, dass es eine Volkesseele und ein gemeinsames Bewusstsein aller Menschen und Seelen gibt; also jeder Mensch wie eine kleine Antenne ein wenig seiner Gedanken und Energien abstrahlt und alles im Universum miteinander verbunden ist.
Wenn tausende Menschen etwas sehen und das gleiche denken kann es sich materialisieren oder entstehen. Diese Gedankenkraft aus dem Unterbewussten löst die Dinge aus wenn genügend Menschen an etwas glauben und negative Energien, Ängste sind wesentlich stärker.
Jedenfalls wissen wir noch viel zu wenig über diese Dinge um sie leugnen zu können.
„Jedenfalls wissen wir noch viel zu wenig über diese Dinge um sie leugnen zu können.“
Das Gleiche kann man auch über Einhörner sagen.
Ein Gedankenspiel, weiter nichts. Da werden Fakten verknüpft, die nichts miteinander zu tun haben.
Kometen und andere Naturereignisse wurde von den Menschen im nachhinein oft als Vorbote oder sogar Auslöser für menschgemachte Katastrophen wahrgenommen. Von den unzähligen Himmelsereignissen, die zu anderen Zeiten sichtbar waren, ist meist nichts überliefert. Wir Menschen sind grossartig darin, Abhängigkeiten in zufällige Begebenheiten zu interpretieren, sei das im privaten Leben oder in der Geschichte.
Entschuldigung, so ein Blabla. Es gibt unzählige Kometen, die keine Kiege „ausgelöst“ oder „angekündigt“ haben oder noch werden. Und es gibt unzählige Kometen der Weltgechichte, die irgendwelche Events auf der dünnen Erdkruste begleuiten und genauso nicht begleiten. Da möchte weider einmal einer, weil ihm langweilig ist und er den falschen Beruf gefunden hat und nicht genügsam sein Leben damit ablebt .. und will uns alle ein bisschen erschrecken – ach wie kleinlich und egozentrisch.
Peinlich, Sie hätten den Artikel wirklich zuerst lesen sollen.